Anstoßen, anfeuern, ausziehen, Licht dimmen, Pause. Ich war schockiert, für wie viele Menschen die Pause als absolutes Damoklesschwert über der hormonfreien Verhütung mit Präservativ schwebt. Was bei Affären und Liebschaften eher wie eine zwingende Notwendigkeit erscheint, klingt für viele, vor allem im Beziehungskontext, wie der Liebestöter vor dem Herrn, der, noch bevor alles losgeht, Stimmung, Lust und Libido zerstört. Mit einer kleinen Umbauphase. Nicht einmal 30 Sekunden.
Wie viele andere auch nahm ich jahrelang die Pille, schwenkte um auf den Ring, machte Pausen zwischendurch und stand am Ende mit einem Zyklus da, der sowohl mich, als auch meine Frauenärztin um den Verstand brachte. Nicht bereit für Spirale & Co., nicht mehr fähig mich mit dem Thema auseinanderzusetzen, nicht mehr in der Lage den Vorzügen, Nachteilen und Pearl-Indizes von Kupferkette bis Temperatur Methode zu lauschen. Absolute Resignation, Besinnung zu den Tatsachen und zurück zu den Wurzeln. Dahin, wo vor Jahren alles begann, dahin, wo ich keinen Eingriff, keine Medikation und keine körperlichen Nebenwirkungen mehr ertragen muss.
Wie das auszuhalten wäre, wie ich das mache und wie schrecklich die Vorstellung sei; das habe ich alles schon gehört. Denn das Komische ist, dass die Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Kondom als Verhütungsmittel stark von der abzuweichen scheint, die im Jahr 2019 Spirale, Kette und Kalender erfahren. Immer wieder gesteht mir dann eine Freundin, dass sie das Präservativ, als Max Mustermann letztens zu Besuch kam, einfach weggelassen hat. Einer der Gründe? Egal ob abgerutscht, einfach egal oder gar nicht erst probiert, weil es ohnehin nicht passte und niemand vorsorglich XL kaufte. Gefährlicher, grundloser Wahnsinn ist das und vor allem geprägt durch viele Geschichten in denen ER das nicht wollte und DIE das immer nicht so mögen. Vielleicht auch eine Dimension, die abseits von exklusiven Beziehungskonzepten eine harsche Realität bedeutet, in welcher ich mir kein Urteil erlauben will. Viel zu oft häufen sich in meinen Ohren aber Ablehnung, oder verlorene Diskussionen, die dann im Koitus Interruptus und dem Bangen danach enden.
Die Pause, bevor es losgeht, das kleine Bisschen zwischen uns. Dinge, die ich akzeptiere, wenn ich bezogen auf meinen Zyklus und eine ungewollte Schwangerschaft das eine Mal in meinem Leben die Verantwortung aus der Hand geben kann. Wenn etwas schief geht, wenn keines da ist, wenn es reißt oder platzt oder wo auch immer verschwindet, sitzen wir beide im Boot, können à deux darüber beratschlagen, was zu tun ist, Konsequenzen ziehen oder uns zusammen für die PiDaNa entscheiden. Der allerseltenste Fall, zum Glück. Worauf ich hinaus will, ist dieses unbeschreiblich gute Gefühl, dass ich nicht diejenige von uns bin, die den Eingriff über sich ergehen lässt, nicht die, die etwas einnimmt.
Denn was für so viele, und das sage ich mit jeglichem Wohlwollen und ganz ohne Werturteil, genau das Richtige ist, ist für mich inzwischen ein untragbarer Zustand, jetzt, wo doch zyklustechnisch auf einmal wieder alles im Lot ist und ich das erste Mal seit Jahren die Uhr stellen kann und genau weiß, wann es losgeht. Tatsächlich bin ich an dem Punkt zu wissen, dass sich da zwei Menschen lieben, die heilfroh sind, dass sie das Risiko einer ungewollten Schwangerschaft umgehen können, ohne dass sich ein Körper aktiv verändern muss. Das ist doch der Wahnsinn, ganz im Ernst.
Kondome sind keine Liebestöter, wenn man sich nicht in Pausen und Plastik hineinsteigert. Lieber in die Zugänglichkeit, Entpathologisierung, die beinahe Unabhängigkeit, während ich mit einem Pearl-Index von 0,6 (bei perfekter Anwendung, versteht sich) ganz ohne Fremdeinwirkung auskomme. Es ist doch das Großartigste, zu wissen, dass es trotz ewiger Verzweiflung eine relativ greifbare Alternative gab und ich endlich eine Verhütungsmethode gefunden habe, die für mich total gut funktioniert. Das das am Ende am wichtigsten ist, ist hoffentlich allen klar.