Auf den Fotos, die ich poste, lächle ich verdammt selten, was meinem von Natur aus gelangweilten Gesichtsausdruck eine Bühne gibt, das „resting Bitch Face“ zeigt sich in voller Blüte und, was soll ich sagen, ist eben ein Teil von mir. Ich sitze mit einer Sonnenbrille auf dem Boden meiner Wohnung, obwohl ich die Brille sonst nur draußen bei Sonnenschein trage – außer in jenen Momenten, in denen mich die gute Laune wie ein Schlag trifft, ich die Musik noch ein bisschen lauter aufdrehe und in „Risky Business“-Manier durch die Wohnung hüpfe, als hätte ich drei große Gläser Weißweinschorle in mich gekippt.
„Mensch, auf deinen Bildern lächelst du ja nie, dabei bist du im wahren Leben doch so lustig“, sagte man mir einmal und ja, es stimmt, fernab von Instagram bin ich gerne ironisch und mache Witze (ob sie denn nun wirklich lustig sind, sei mal dahingestellt, denn ich glaube ja, dass ich zuweilen die Einzige bin, die lacht). Auf meinem Instagram Account aber, da zeige ich mich gerne mit ernstem Blick, ich inszeniere mich eben so, wie ich es schön finde und ja, ganz sicher auch mal etwas cooler, als ich es bin. Und obwohl es mir Spaß macht, fühlte ich mich bei der x-ten Anmerkung über meine ernste Miene ein wenig schlecht, ja, ich war sogar etwas peinlich berührt, weil es sich plötzlich falsch anfühlte, denn immerhin schreit es derzeit aus allen Ecken nach mehr Authentizität, Selbstinszenierung ist da doch völlig fehl am Platz.
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Eine Weile versuchte ich mich also in lockeren Schnappschüssen, doch statt mich besser zu fühlen, brachte mich so etwas banales wie meine Bildsprache ganz plötzlich ins Grübeln und merkwürdigerweise fühlte es sich, im Gegensatz zu meinen vorherigen Bildern, gekünstelt an. Vielleicht, weil ich diese echten Momente doch viel lieber nutze, um sie zu erleben, statt sie mit einer Kamera festzuhalten, vielleicht aber auch aus ganz anderen Gründen. Ein wenig trotzig kehrte ich also zum Ursprung zurück, jedoch nicht ohne mich zu fragen, ob es denn wirklich schlecht oder gar falsch ist, sich auf Social Media zu inszenieren und wenn ja, warum.
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Denn eigentlich haben doch so viele von uns ein Alter Ego, vielleicht als Entschuldigung dafür, auch mal anders sein zu können, vielleicht auch einfach nur aus Spaß oder künstlerischer Motivation. Lotta Lavanti etwa ist das beste Beispiel, denn auf ihrem Instagram Account, so sagt sie, präsentiert sie nicht sich selbst, sondern ein Alter Ego, das ihr die Möglichkeit lässt, eine Bildsprache und eine Darstellung zu zeigen, die letztlich vielleicht nicht immer viel mit ihrer tatsächlichen Person zu tun haben muss. Einfach so, weil es Spaß macht und weil es ihrer Ästhetik entspricht. Und eigentlich ist doch schon längst ist klar, dass die sozialen Medien nicht (immer) das wahre Leben widerspiegeln. Und auch als Essena O’Neill, eine frühere Influencerin, die Worte „Social Media is not real life“ im Jahr 2015 in eine Kamera sprach, um auf die gestellten Inhalte aufmerksam zu machen, und das Video daraufhin viral ging, war den meisten Menschen wohl bereits bewusst, dass der Großteil der perfekten Bilder lediglich einen inszenierten Ausschnitt zeigt, der geschönt wurde oder vollständig gestellt ist.
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Ob man denn nun eine Facette von sich zeigt, einen Ausschnitt oder gar ein Alter Ego, das im offline Leben so nicht oder zumindest nicht immer stattfindet, sind soziale Medien doch letztlich nur ein weiteres Mittel, um sich auszudrücken, sich kreativ auszuleben oder eine Ästhetik zu transportieren, die dort ihren Platz findet. Und sollte es auch nur der bloßen Selbstdarstellung dienen, so kann ich nichts Schlimmes daran finden, zumindest nicht am reinen Akt. Wenn ich genau darüber nachdenke, ist es für mich also schon längst keine Frage mehr, ob es schlimm ist, sich zu inszenieren, denn natürlich ist es das keineswegs. Die Frage liegt wohl vielmehr im Wie, denn ob ich nun, etwa wie Reese Blutstein, auf Fotos nicht lächle – oder mich, ganz im Gegenteil, in verrückten oder gekünstelten Posen zeige, sind es hier ganz sicher keine gravierenden Einschnitte, die etwas Schlechtes oder gar Falsches mit sich bringen.
Fragwürdig wird es wohl eher an solchen Stellen, an denen Personen vorgeben, ein anderes Leben zu führen, als sie es tatsächlich tun. Damit meine ich gar nicht diejenigen, die sich selbstbewusster geben, sondern jene, die sich in Lügenkonstrukten verstricken, Körperformen bearbeiten, Essen bestellen, das sie selbst nicht essen oder Kleidung präsentieren, die sie nie tragen – denn ja, auch das kommt vor, so dämlich es auch klingen mag.
Kurzum: An einer Selbstinszenierung, die aus rein ästhetischen Motiven stattfindet, also im kleinen Rahmen, finde ich ganz und gar nichts schlimm oder falsch. Selbst dann nicht, wenn sich eine Person in Posen wirft, nicht lächelt oder übertriebene Freude ausstrahlt, denn irgendwie geht es letztlich ja doch darum, Spaß zu haben an alledem und sich, in welcher Form auch immer, auszuleben – selbst dann, wenn es in anderen Köpfen nichts als Fragezeichen, Unverständnis oder gar Ärgernis hinterlässt.
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