Viel zu lange blieben wir der Kopenhagener Modewoche fern, drückten unsere Nasen an heimischen Bildschirmen platt, während die dänische Mode über Instagram unsere Herzen höher schlugen ließ. Was feierten wir die Däninnen für ihren Stil und blickten ein klein wenig neiderfüllt von unserer heimischen Fashion Week hin zu dem kleinen und gemütlichen Spektakel nach Kopenhagen: Dort, wo Mode ganz selbstverständlich mit Haut und Haaren zelebriert und gewertschätzt wird, wo es entspannter kaum zugehen könnte und Freundlichkeit ganz selbstverständlich mit Herzblut und Leidenschaft vermengt wird.
Wir gehörten selbst jahrelang zu den größten CPH Fashion Week Fans, damals, als Wood Wood noch das größte Dinge hier in der Stadt war, Henrik Vibskov zum Bierchen einludt und Wackerhaus die schönsten Farbkompositionen kredenzte. Irgendwann aber war der Hype vorbei, nicht mal Stine Goya zeigte noch und der Zauber flog weiter nach Mailand. Dort nämlich ging es nicht um skandinavische Coolness, sondern um schillernde Farben: Das Gucci-Revival machte dem cleanen Minimalismus den Garaus – zumindest bei uns – und ließ unsere Herzen fortan für Prunk, für vermeintlich Absurdes und die unmöglichsten Kombinationswunder höherschlagen.
Es muss ein klein wenig mit dem unabdingbaren Willen der dänischen Modebranche zusammenhängen, ebenso wie mit diesem großartigen Community-Gedanken, dass die dänische Fashion Week wieder relevanter denn je ist und für mich gehören vor allem zwei Brands als treibende Kraft dazu: Allen voran Ganni, das Label mit der wohl schönsten Erfolgsstory, einer wahnsinnig starken Neuausrichtung, das es dennoch versteht, auch die treuesten Kundinnen von damals mitzunehmen – und Stine Goya, die sich mit ihrer Jubiläumsshow vor wenigen Saisons wieder ins Spiel brachte und als Zugpferd für eine ganze Branche angesehen werden kann.
Vielleicht ist es genau diese Verkettung, dieser Gemeinschaftsgedanke und der unabdingbare Wille, etwas mit Herz und wenigen, finanziellen Mitteln (weil alle mithelfen) zu gestalten, weshalb die Kopenhagener Modewoche (wieder) zu einer der schönsten Veranstaltungen des Jahres gewachsen ist, die wir in diesem Jahr unter keinen Umständen vermissen durften.
Und wir wurden nicht enttäuscht:
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Lederhemd: H&M Studio (alt)
Hose: Acne Studio (alt)
Schuhe: Aeyde
Ohrringe: WALD for Edited
MUNTHE
Die erste Show unseres Tages findet, mit etwas Verspätung, ganz in der Nähe des Öresunds statt. Die Spring Summer 2020 Kollektion zeigt Munthe unter der musikalischen Begleitung der Band Velvet Volume im The Plant, einer weiten Halle mit Glasdach, die sich unter den unerwarteten Sonnenstrahlen allmählich aufheizt. Um das dänische Label mag es derzeit noch ein wenig stiller sein, als um so manch andere Brand, ein genauerer Blick lohnt sich deshalb vielleicht gar umso mehr.
Die Kreationen der Designerin Naja Munthe zeigen sich in gewohnt weiten Schnitten und lockeren Silhouetten, die allesamt miteinander kombiniert werden – Layering vom feinsten. So werden flatternde Maxikleider über Hosen und unter Pullover getragen, während die offenen Knopfleisten eine Art Schleppe bilden. Maskuline Hemden werden schräg um Hüften und Schulter geknotet (ohnehin etwas, das man sich ganz unbedingt abschauen kann) und darüber werden weite Blazer und Mäntel gezogen. An den Füßen trägt man Slides und Sneaker, auf der Nase eine übergroße Brille mit dickem, schwarzem Rahmen. Farblich geht es bei Munthe primär zart zu, sanfte Pastell- und Cremenuancen geben den Ton an. Lediglich dunkelblaues Denim sowie einzelne Lederelemente in Braun und Schwarz setzen Kontraste. Inmitten der Kollektion zeigen sich immer wieder klassische Muster wie Karo und Nadelstreifen in unterschiedlichen Farben, dazwischen farbige Prints, mal floral, mal geografisch. Auch wenn die Spring Summer 2020 Kreationen zunächst verspielt wirken mögen, sind sie zunehmend von einer reiferen Stimmung umgeben, die sich von den früheren Rüschen und knalligen Bonbonfarben absetzt. (Julia)
Kleid: Shrimps
Sandalen: Dr Martens
Mantel: A.W.A.K.E.
Tasche: Staud
Kurzer Besuch bei Vestiaire Collective
Eigentlich wollten wir nur fix ein Hallo in die Runde rufen und gleich wieder weiter zischen, bloß war es in der Styling Lounge von Vestiaire Collective so schön und so gemütlich zugleich, dass wir uns einfach ein minibisschen mehr Zeit ließen, um dort zu bleiben – und na klar: Um mich doch noch in eine Tasche zu verlieben, die ich vom Fleck weg mitnehmen durfte – als Leihgabe, versteht sich. Die ockerfarbene Chanel Boy Bag durfte allerdings unter keinen Umständen länger einfach so herumstehen und mauserte sich zum perfekten Partner für die kommenden zwei Tage der Copenhagener Fashion Week. Danke, liebes Vestiaire Team! (Sarah)
Ein ähnliches Modell findet ihr hier oder hier.
Kuratiert von Alexandra Carl, Stylistin und Fashion Director des RIKA Magazines, bestand die Auswahl der Styling Lounge aus außergewöhnlichen Stücken von Vestiaire Collective sowie dänischen Marken wie GANNI, Stine Goya, Soulland und Brøgger. Mit der Initiative wollte Vestiaire Collective das Bewusstsein für einen bedachten, nachhaltigen Umgang mit Mode und das Prinzip von Circular Fashion – wobei die Lebensdauer eines Kleidungsstücks durch Wiederverkauf und Wiedernutzung verlängert wird – stärken.
Little Liffner
Schon länger haben wir das Taschenlabel Little Liffner auf dem Radar, in Kopenhagen gab es nun endlich die Möglichkeit, sich die Kreationen live anzuschauen. Kurz vor der Samsøe & Samsøe Show machen wir also einen Abstecher zur Präsentation der schwedischen Brand und bestaunen die Stücke, die durch geografische Elemente ein wenig an kleine Kunstobjekte erinnern. Die Taschen erhalten dank leicht matter Farben einen unaufgeregten Look und scheinen so trotz Pastelltönen und leuchtendem Gelb zu sämtlichen Anlässen zu passen. Ganz hoch im Kurs: Die pistazienfarbenen und braunen Taschen, mal im Krokolederlook, mal ganz glatt. Zwischen ledernen Exemplaren präsentiert Little Liffner nun auch geknotete Netztaschen aus unterschiedlichen Materialien, ob denn nun für den Strand (der nächste Sommer kommt bestimmt) oder gleich zum künftigen Supermarkteinkauf. Hinter dem Label steht Paulina Liffner von Sydow, die ihren Taschen einen ganz eigenen Charakter verleiht und sie so vielmehr zu einem Key Piece, als einem bloßen Accessoire macht. (Julia)
Samsoe & Samsoe
2011 stieß ich bei meinem allerersten Kopenhagenbesuch auch zum allerersten Mal auf Samsoe & Samsoe und war vom ersten Moment an von der Unkompliziertheit und der Gelassenheit, die dieses skandinavische Brand ausstrahlte, begeistert. Im Sumpf der schier unendlichen Modeketten, wirkte Samsoe & Samsoe damals wie eine willkommene und gleichzeitig erfrischende Alternative, die in Kopenhagen längst größte Bekanntheit genoss, hierzulande aber noch ganz schön unentdeckt schien.
Acht Jahre später hat sich daran ganz schön was geändert, denn Samsoe & Samson ist längst auch hierzulande zu einer großen Nummer geworden, die für skandinavische Sportlichkeit steht und gleichzeitig unter Beweis stellt, dass wir oftmals mit bloß wenigen Handgriffen etwas ganz schön besonderes aus unseren Looks herausholen können – so wie bei bei Mid-Century Modern, der neuesten Spring/Summer Linie für 2020, die uns vergangene Woche während der Fashion Week in der National Gallery kredenzt wurde.
Was wir uns hier nämlich unbedingt merken müssen? Schlapphüte versorgen uns auch im kommenden Jahr mit der nötigen Portion Schatten, Seidentücher gehören gefälligst ins Haar, karierte Hemden machen sich am allerbesten um die Hüfte herum und Brustbeutel werden nicht länger seitlich ausgeführt, sondern baumeln wie einst zu Schulzeiten direkt vor der Brust.
Was wir uns außerdem merken sollten? Die herbstliche Farbpalette darf selbstredend auch im nächsten Frühjahr kombiniert werden und erhellt durch zartes Rosa, giftiges Grün und andere, helle Töne einen feinen Sommerboost. Wichtigstes Utensil? Die derben Boots, die in nahezu jeder Kombination funktionieren. Ausprobieren empfohlen! (Sarah)
Kleid: Gestuz
Schuhe: Aeyde
Tasche: Chanel via Vestiaire Collective
Ohrringe: Folkdays