Wir haben 25 Menschen ihre Gedanken zum Single-Sein entlockt

Eine Freundin verriet mir letztens, dass sie immer dann, wenn sie jemand nach ihrem Beziehungsstatus fragt, in eine Art Rechtfertigungsspirale rutscht. Klar ist sie glücklich, so richtig sogar, nur die Angst oder zumindest das Gefühl, als Single an der Norm vorbei zu segeln, wird gesellschaftlich gerne ausgeschlachtet. „Wann denn endlich mal jemand mit nach Hause gebracht wird“, wird auf Familienfesten dann gefragt, oder die Schlagzeilen sind voll davon, dass Miley Cyrus nach der Trennung von Liam Hemsworth aber nun wirklich ein absolutes Wrack sei. Hierbei betreffen Vorurteile und Mitleidsbekundungen Frauen anders als Männer. Hier trifft der freiheitsliebende Franz auf die verbitterte Viktoria, der unabhängige Ulf auf die traurige Tina, die eigentlich schon längst unter der Haube sein sollte. Heteronormative Stereotype und mitleidige Bemerkungen gehören also für viele Menschen, außerhalb von exklusiven Beziehungen, gewissermaßen zum Alltag. Wir haben 25 waschechte Statements von Singles gesammelt und kuratiert. Wir haben gefragt, was es für sie eigentlich bedeutet, Single zu sein.

„Ich kann mir nicht vorstellen, wie sich Menschen in Beziehungen frei entfalten. Wenn man zusammenlebt zum Beispiel, in den eigenen vier Wänden ungeniert bei offener Tür auf dem Klo sitzen. So banal es auch klingt, aber wie haltet ihr das aus?“

„Für mich bedeutet Single sein auf der einen Seite die konstante Auseinandersetzung mit mir selbst, die ich genieße, auf der anderen Seite die Angst, auch im Alter alleine zu sein. Was Mitte zwanzig noch eine aufregende Zeit mit wechselnden Sexualpartnern bedeutet hat, ist heute die Sorge vor ewiger Kinderlosigkeit, einem einsamen Lebensabend, sozialer Isolation. Ich bin nicht Single aus Prinzip und verstehe es doch als notwendigen, charakterformenden Prozess. Gleichzeitig kommen das menschliche Bedürfnis und wohl auch der Mythos der ewigen Zweisamkeit nicht von ungefähr. So sehr ich mich darin empowern kann, meine Lebenssituation zu lieben, am Ende bin ich doch alleine damit. Alleine mit meinen Ängsten, Wünschen, Hoffnungen. Sicherlich ist das schmerzhaft, noch dazu, wenn einem suggeriert wird, dass man auf eine gewisse Art versagt hat. Ich schwanke also. Ich finde mein Leben gut, wie es ist, schäme mich aber inzwischen nicht mehr dafür, mir eine Partnerschaft zu wünschen.“

„Ich hätte so gerne Kinder mit einem festen Partner. Es ätzend, dass dies ein Wunsch ist, den ich mir selbst schlichtweg nicht erfüllen kann.“

 

 

„Single sein bedeutet für mich, ständig gefragt zu werden warum man Single ist. Warum bedarf es überhaupt einer Unterhaltung über Gründe dafür, nicht vergeben zu sein? Das suggeriert ja immer, dass man niemals in der Lage wäre, sich frei genau dafür entschieden zu haben, sondern diesem Lebensumstand zum Opfer gefallen ist.“

 

„Ich genieße es zurzeit sehr, meine sexuelle Unabhängigkeit auszuleben. Rückblickend fühlt sich Sex in meiner Beziehung eingefahren und langweilig an. Ich entdecke meine Libido neu, genauso wie Neigungen und Interessen, für die ich mich vorher nahezu geschämt habe.“

„Das Single sein bedeutet Zeit und Raum unbeeinflusst von einer anderen Energie, mit vollem Fokus auf meine Wünsche zu achten und mich zu heilen. Das Feminine in mir zu entdecken und jegliche mit dieser Energie verbundene Schamgefühl zu überwinden.“

„Ich bin gerne alleine und liebe meine Freiheit. Persönlichkeitsentwicklung und das Stärken meiner kreativen Identität sind mir am wichtigsten. Keine Grenzen, keine Rechtfertigungen für mein Handeln. Vielleicht bin ich auch einfach zu egoistisch, um meine Zeit zu teilen.“

„Single sein bedeutet für mich, meine komplette Energie für mich selbst aufzubringen.“

„Single sein bedeutet für mich, Issues erst einmal mit mir selbst auszuhandeln und nicht auf andere zu projizieren.“

„Single sein ist für mich nicht so toll wie erwartet, weil ich jetzt mit Freund*Innen statt Typen Stress habe.“

„Ich bin Single, weil ich dann merke, wie sehr ich mit mir selber zurechtkomme. Eine Basisfähigkeit, um überhaupt in einer Partnerschaft sein zu können.“

„Am schönsten ist es, ganz für sich alleine Entscheidungen zu treffen. Gleichzeitig ist es traurig, weil so eine bestimmte körperlich und psychisch intime Ebene fehlt.“

 

Single sein bedeutet für mich:

„Single sein ist ein ganz besonderes Gefühl und eine gesunde Grundlage für alles andere, was noch so kommen mag. Single sein ist für mich keine Last. Liebe ist ein so viel größeres Wunder, als dass ich es nur in meinem potenziellen Partner finden könnte. Wie traurig wäre das? Am schönsten ist es, dass ich niemals bereut habe, mich von meiner langjährigen unausgeglichenen Beziehung zu lösen, auch wenn das damals gar nicht mal so einfach war. Stück für Stück befreie ich mich von meinen früheren Glaubenssätzen und Vorstellungen von Liebe, fühle mich so frei und bei mir selbst Zuhause. Ich muss gestehen, dass ich manchmal die Nähe, Zuneigung und vor allem das Vertrautsein, das ich in meiner früheren Partnerschaft hatte, vermisse. Aber nicht so sehr, wie ich das „mir selbst genügen“ liebe.“

„Schon mein ganzes Leben Single zu sein, bedeutet für mich – mit mittlerweile 29 Jahren – immer einsamer zu sein. Desired, but never loved.“

 

 
 
 
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„Ganz akut ist für mich Single sein eine finanzielle Belastung. Meine Partnerin ist nach fünf Jahren Beziehung ausgezogen, ich muss mir eine neue Bleibe suchen und merke, dass sich vor allem unsere Lebensstandards aneinander angepasst haben. Auf einmal merke ich, dass ich mich finanziell von einer anderen Person abhängig gemacht habe. Ich freue mich total darauf, alles wieder ins Lot zu bringen und auf eigenen Beinen zu stehen.“

„Ich finde es fast am schlimmsten, als Single konstant der Spielball von Pärchen zu sein. Quasi stets verfügbar, wenn es wichtig ist, auch jemand anderen Teil am Leben haben zu lassen. Klar sind es meine Freunde, über die ich hier spreche. Diese Dynamik lässt sich jedoch nur schwer verbergen. Ich merke ja ganz klar, wann ich erwünscht bin und wann nicht.“

„Ich möchte dahin kommen mich als Single wohlzufühlen. Bisher ist es aber leider so, dass ich mich oft alleine fühle und nach einem Partner sehne.“

„Ich vermisse fast nichts bis auf die körperliche Nähe und den Sex mit einer vertrauten Person. Mit jemandem zu schlafen, mit dem ich keine sehr tiefe emotionale Verbundenheit spüre, ist für mich nicht dasselbe.“

„Ich fühle mich fast immer gut als Single, außer ich treffe mich mit mehreren Paaren auf einmal. Nach meiner Trennung fand ich den Umgang mit mir als verlassene Person schlimm und ich war von ausgetauschten Liebkosungen, ungeniertem Geknutsche oft getriggert. Heute muss ich mich viel öfter wundern. Da trifft man sich in einer Gruppe, 6, 8, 10 Menschen plus ich. Warum treffen, wenn alle aufeinander hocken und sich Honig um den Mund schmieren? Wie verhandelt man das als Paar? Mir läge das inzwischen fern. Treffen, wenn ich wirklich unter Leuten sein will. Zu zweit sein in wirklicher Zweisamkeit.“

„Single sein bedeutet mit sich sein, frei sein und allein sein. In vielen Momenten ein Gefühl der kompletten Schönheit und der Harmonie, in manchen Momenten das Gefühl einer tiefen Einsamkeit – einer gedachten, anerzogenen Unvollständigkeit, wenn die eigene Zufriedenheit mit sich anderen nicht gefällt und Single sein einem von der Gesellschaft als Synonym für Versagen, Unzulänglichkeit und Unreife angedichtet wird.“

 „Ich bin ein Großteil meines Lebens Single und verdammt ja, ich bin glücklich, ich arbeite an mir und mit mir zusammen, ich versuche meine beste Freundin zu sein und mich gut um mich zu kümmern.“

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Seid ihr Single oder in einer Beziehung? Wie nehmt ihr den Umgang mit Menschen außerhalb von exklusiven Beziehungen war? Was hat sich seit der letzten Beziehung für euch verändert? Wie bewusst ist die Entscheidung aktuell? 

7 Kommentare

  1. Anna

    Ich bin Single, aber nicht alleine. Ich habe Freund*innen, Herkunftsfamile, Liebhaber, Bekannte. Diese Beziehungen sind wichtiger geworden bzw. neu hinzu gekommen, seit ich nicht mehr in einer monogamen Zweierbeziehung bin. Ich finde es aktuell schön so und vermisse es fast nie, die EINE Bezugsperson zu haben, die vor allen anderen kommt, aer nur deshalb weil ich *nicht* alleine bin. Ich fühle mich sogar insgesamt weniger alleine als in der zuletzt dysfunktionalen Zweierbeziehung.

    Allerdings frage ich mich auch, ob ich mich nur deshalb hinreichend unterstützt fühle, weil ich wirtschaftlich solide aufgestellt und gesund bin. Was, wenn ich mehr Unterstützung bräuchte, würde mein Netzwerk mir die geben? Ich wünsche mir, dass wir mehr Möglichkeiten von verbindlicher sozialer Unterstützung jenseits von Herkunftsfamilie und Partnerschaft ausprobieren, sichtbar machen und normalisieren. Zusammen leben ist so ein Punkt.

    Danke fürs Zusammentragen der vielen Stimmen – fand ich sehr schön!

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  2. Sarah

    Ich bin schon lange in einer Partnerschaft (die ich – zumindest ist es so geplant – für den Rest meines Lebens eingegangen bin) und sehr glücklich damit. Ich mochte es auch, Single zu sein, aber habe immer einen engsten Vertrauten vermisst. Den besten Freund und Partner, mit dem ich durch dick und dünn gehe und gleichzeitig eine körperliche Beziehung habe. Ich finde den Punkt mit der Verfügbarkeit von Single-Freunden interessant, der oben angesprochen wurde. Und ich kann den Ärger gut verstehen. Das Thema finde ich nicht einfach, ich merke oft, dass da mehrere Interessen aufeinanderprallen. Ich bin sehr froh, wenn mir meine Freunde klar sagen, dass sie sich nur mit mir treffen wollen, dann muss ich nicht rumhirnen oder nachfragen, ob mein Mann dabei sein darf. Die Prioritäten verschieben sich zwangsläufig, wenn ein Partner im Spiel ist. Für die meisten Menschen hat Familie einen ganz natürlichen Vorrang, so auch bei mir. Und mein Partner ist meine engste Familie.
    Im Großen und Ganzen funktioniert es ganz gut, Partnerschaft und andere Freundschaften zu balancieren, auch wenn ich mir von einigen Single-Freunden mehr Zuverlässigkeit/Planungs-Sicherheit wünsche. Aber man kann nicht alles haben.;)

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  3. Bella

    Für mich sind diese Beziehungen zu anderen, die ganz eng sind, wo man sich blind auf die andere verlassen kann und das Leben in all seinen Nichtigkeiten und Tiefen teilen kann, wahnsinnig wichtig. Aber sowas lässt sich nicht nur durch romantische Beziehungen gewinnen. Ich bin Single, aber meine beste Freundin und ich sehen uns fast jeden Tag, fahren zusammen in den Urlaub, kennen uns in-und-auswendig und sind uns sehr nah. Fast wie eine Beziehung, nur eben platonisch. Enge Bezugspersonen brauchen wir alle, ich denke nicht, dass mehrere wenigere tiefe Freundschaften das ersetzen können. Aber ob das jetzt von einem Partner, der besten Freundin, Bruder oder Schwester oder Elternteil ausgeübt wird, ist denke ich nicht so wichtig. Ich vermisse aus meiner Beziehung vor allem die Freundschaft und Zärtlichkeiten, gleichzeitig habe ich mich in Singlezeiten deutlich schneller entwickelt und lernte mich selber besser kennen.

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  4. Ilona

    Der Kommentar über die offene Toilettentür hat mich recht zum Lachen gebracht. Davon abgesehen muss ich aber sagen, ich habe in allen meinen letzten Beziehungen ab einem gewissen Punkt mit offener Tür gesch*, oder man war gleichzeitig duschen/Zähne putzen und auf Toilette. Wenn man zusammen wohnt kommt man auch nicht drumrum.
    Aber ja- das nicht zu können ist belastend 😀

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  5. Roland Herrmann

    Na, Zusammenleben bedeutet ja immer auch eine Menge Zumutung!

    Es heißt ja : „sich gut leiden können…“

    und meint : „sich gut erleiden können!“

    Das Erleiden ist ja nun einmal sehr wichtig für das persönliche, moralische Reifen…

    … nur steht vor dem, den Anderen erleiden können, nuneinmal, sich selbst erleiden können.

    Beidem, sollte in einem Leben, Raum eingeräumt werden.

    Alles hat seine Zeit…

    Kommt die Zeit, kommt die Veränderung.

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  6. Cornelia Klaebe

    Ich finde es total wichtig, dass Single-Sein nicht immer als Mangel dargestellt wird. Natürlich „fehlt“ manchmal eine Schulter zum Anlehnen oder jemand, der ganz automatisch sein Wochenende mit mir verbringt. Aber auf der anderen Seite habe ich doch unendlich viel Freiraum! Ich versuche, meine Zeit sinnbringend zu verwenden, egal, ob für mich oder für andere. Das heißt, ich suche mir ein Ehrenamt, mit dem ich anderen gut tue (etwa Hausaufgabenhilfe oder Bahnhofsmission), das tut mir auch selbst gut und ich merke, dass ich Teil dieser Gesellschaft bin und etwas zu geben habe. Oder ich tue Sachen, die ich einfach selbst gern möchte – Freiheiten genießen. Das könnte ich in dieser Form nicht in einer Partnerschaft.

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