Vergangene Woche durfte ich nach Kopenhagen reisen, wo ich mich in jegliches Interieur verliebte und nachts von gutem Kaffee träumte.
Donnerstag
Es ist Donnerstagmorgen, mein Handydisplay zeigt 06:35 Uhr, obwohl es in Wirklichkeit erst 06:30 ist. Die falsche Anzeige liegt natürlich wieder einmal an meiner Angst davor, zu spät zu wichtigen Terminen zu kommen, weshalb ich sie irgendwann einmal umgestellt habe. Blöderweise kann ich daran natürlich nie wieder etwas ändern, weil ich mich dann wohl wirklich jedes Mal verspäten würde. Heute jedenfalls bin ich kurz vor dem Weckerklingeln aufgewacht, was einerseits an meiner Aufregung, andererseits an eindringlichen Magenkrämpfen liegt. Wahrscheinlich hätte ich zum Arzt gehen sollen, statt den Weg nach Kopenhagen anzutreten, aber wie immer siegte die Unvernunft und so atme ich einige Stunden später die erste frische Brise in Dänemarks Hauptstadt und fühle mich – Euphorie sei Dank – gleich auch schon ein bisschen besser.
Obwohl ich am Abend zuvor noch Banana Yoshimotos Kitchen in meinen Beutel gestopft habe, bringe ich es heute kaum fertig, das Buch auch nur einmal ernsthaft aufzuschlagen. Stattdessen erklingt in meinen Ohren nun endlich Just Friends von Patti Smith, was ich ohnehin schon viel zu lange lesen wollte – als Hörbuchversion erzählt es mich neuerdings sogar in den Schlaf, auch in Kopenhagen.
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Jetzt habe ich aber erst mal noch den halben Tag vor mir, bevor es zum Abendessen mit Louis Poulsen geht – der dänische Lampenhersteller ist nämlich der eigentliche Grund, weshalb ich mich überhaupt in Kopenhagen befinde. Die kommenden Stunden verbringe ich allerdings noch mit einer Freundin und wir klappern all die Orte ab, die sich schon lange in unserem imaginären Reiseführer befinden.
Interior-Schätze bei Beau Marché
Seit mindestens zwei Jahren lechze ich nun schon nach dem Interior-Geschäft Beau Marché, das eine Mischung aus Vintage und Neuheiten anbietet und ja, ich bin ein bisschen aufgeregt, als ich die Ladentür öffne. Tatsächlich ist es noch viel schöner, als ich gedacht hätte, und ein wenig fühle ich mich sogar wie im Einrichtungshimmel. Gedanklich verschiffe ich bereits die grünen Stühle, die pinken Obstschalen und all die Tische, von denen ich nicht genug bekommen kann, in meine Wohnung. Weitere Highlights sind die zahlreichen Gläser, Tassen und Krüge sowie die großen Plakate mit hübschen Illustrationen. Wer sich gar nicht von Beau Marché trennen mag, der kann sich vor dem Geschäft auch noch einen Kaffee (oder wahlweise einen Aperol Spritz) schmecken lassen.
Ny Østergade 32, 1101 Kopenhagen, Mo-Fr 10-18 Uhr / Sa 10-17 Uhr
Kaffee, Tee & Dosentomaten bei Depanneur
Unser kurzer Weg für den ersten Kaffee-Stopp führt uns auf die andere Straßenseite, wo wir zunächst die hübsche Einrichtung des Cafés Depanneur bewundern, bevor wir uns tatsächlich etwas bestellen. Für mich reicht es dank Mecker-Magen heute nur für einen Tee, was aber nicht weiter schlimm ist, denn so bleibt mir zumindest genügend Zeit, das Ambiente aufzusaugen. Depanneur beschreibt sogenannte Convenience Stores im kanadischen Quebec und weiteren französisch-sprachigen Ecken Kanadas. Hier gibt es von Kaffee über Bier und Wein bis hin zu Snacks und Dosentomaten, alles, was man „mal eben so braucht“. Und tatsächlich befindet sich an der Wand ein Regal mit flachen Büchsen, die stark nach eingelegtem Fisch aussehen. In einem Kühlregal stehen jede Menge unterschiedliche Getränke, deren Etiketten alleine mich ein wenig an ein Filmsetting erinnern und ich verspreche mir schon jetzt, beim nächsten Kopenhagenbesuch auch den zweiten Depanneur-Laden aufzusuchen.
Ny Østergade 25, 1101 Kopenhagen / Mo-Do 08-18 Uhr, Fr 08-20 Uhr, Sa 10-18 Uhr
Wir haben uns vorgenommen, alles zu Fuß zu erkunden, was wir auch tatsächlich schaffen, bevor meine Magenkrämpfe mich schon wieder ausschalten. Wehmütig trete ich den Rückweg zum Hotel an, wo ich die Horizontale aufsuche und den Fernseher einschalte, der mit ziemlich lautem Getöse anspringt. Blöderweise ist die Fernbedienung kaputt und so lasse ich mich von einem Radrennen berieseln, das mich tatsächlich ein wenig eindösen lässt. Das Dinner ist für mich und meinen Magen jedenfalls passé und ich klammere mich ein wenig motzig an mein trockenes, weißes Brötchen, jedoch nicht, ohne mich tierisch auf den nächsten Tag zu freuen.
Freitag
Ich wache mit Knitterfalten im Gesicht auf, die das weiche Kopfkissen hinterlassen hat, und fühle mich ungefähr 100 Mal besser als noch gestern Abend, juhu. Schnell werfe ich mich in meine derzeit liebste Hose, ein Hemd aus veganem Leder, schlüpfe in die bequemsten Schuhe, die ich vielleicht jemals besessen habe, und düse zum Treffpunkt vor dem Hotel.
Jede Menge Licht im Louis Poulsen Showroom
Von dort aus laufen wir gemeinsam über eine Brücke (die zwischendurch in zwei geteilt wird, damit ein großes Schiff passieren kann, was ich fasziniert beobachte, während auf der anderen Seite ungefähr 83 Fahrradfahrer warten), vorbei an hübschen Büroräumen und kommen schließlich im noch schöneren Showroom von Louis Poulsen an. Ich stelle fest, dass ich mindestens zehn PH 5 Lampen in verschiedenen Größen für meine eigene Wohnung brauche und ganz vielleicht auch irgendwie noch die schöne braune Sofagarnitur klauen muss. Wir bekommen reichlich Informationen, etwa, dass die Stehlampe „The Water Pump“ ganze 50 Jahre lang nicht in Produktion war, ganz bald aber als limitierte Edition für drei Monate auf den Markt kommt. Es gibt Kaffee aus einer Hightechmaschine und leckeren Tee, für den ich heute besonders dankbar bin.
Wir schnüffeln ordentlich im Showroom herum, durchstöbern alle Ecken und dürfen am Ende auch noch die fleißigen Mitarbeiter in ihren Büroräumen stören und ganz voyeuristisch die Einrichtung beäugen (Fazit: Hier würde ich auch arbeiten).
Kuglegårdsvej 19 – 23, 1434 Kopenhagen
Dass die Dänen stolz auf ihre Designs sind, merkt man an sämtlichen Orten, selbst, wenn man es nicht unbedingt erwartet. Jegliche Geschäfte, Häuser und Restaurants sind mit Leuchten von Louis Poulsen ausgestattet, zwei besonders imposante Gebäude schauen wir uns heute an.
Langelinie Pavillonen
Zugegeben, der Veranstaltungsort Langelinie Pavillonen erinnert mich von außen an die Rheingoldhalle in Mainz, hat in Sachen Innenarchitektur aber einiges mehr zu bieten. Schon der Anblick der Eingangshalle führt dazu, dass wir wie die Blöden fotografieren und kaum ein Schrittchen vorankommen. Aber Mensch, die oberen Räume sind fast noch ein bisschen schöner, mit den riesigen Fenstern, den Holzwänden und -decken und einer Terrasse, von der man sogar einen Blick auf die Bronzefigur der kleinen Meerjungfrau werfen kann (und zwar ohne, sich an der permanenten Menschentraube vorbeiquetschen zu müssen). Früher war Langelinie Pavillonen ein Restaurant, das mit jeder Menge Louis Poulsen Leuchten geschmückt war. Mit der Zeit wurde der Großteil geklaut und nur teilweise ersetzt – ein echtes Exemplar der ursprünglichen Artischocke hängt allerdings noch immer im Gebäude.
Wer das nötige Kleingeld und ordentlich Geduld hat, kann die Räumlichkeiten übrigens auch für Hochzeiten, Geburtstage und andere Feierlichkeiten buchen. Gedanklich stelle ich fest, dass ich vielleicht einen großen Teil meiner Seele verkaufen muss, um mir das irgendwann leisten zu können.
Langelinie 10, 2100 Kopenhagen / Mo-Fr 08-16 Uhr
Interior-Träume im Radiohuset
Bereits im August stand ich mit offenem Mund auf dem Balkon des Konzertsaals im Radiohuset und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Vergangenen Monat präsentierte das Label Saks Potts seine Spring Summer 2020 Kollektion in den festlichen Räumlichkeiten – inklusive Orchester. Heute sind wir, neben einem Organisten, die einzigen Leute, die sich im großen Saal aufhalten und an die mit Lampen bestückte Decke starren. Während das Gebäude, das von Vilhelm Lauritzen designt wurde, früher noch für das Zuhause des dänischen Radiosenders DR war, beherbergt es mittlerweile die Universität Royal Danish Academy of Music. Im Stillen überlege ich, ob meine Blockflöten-Kenntnisse aus der Grundschule reichen, um mich in einen Studiengang einzuschleichen, damit ich zumindest für die nächsten drei Jahre hierbleiben kann. In den Fluren des Gebäudes verknalle ich mich außerdem in sämtliche Einrichtungsgegenstände und plane bereits meinen nächsten Besuch auf einem Trödelmarkt – in der (wohl vergeblichen) Hoffnung, einen ähnlichen Spiegel mit abgerundetem Rahmen oder Sitzbänke ausfindig zu machen.
Radiohuset, 1970 Kopenhagen
Zu Mittag bei Manfreds
Weil schöne Architektur und noch schöneres Interior bekanntlich verdammt großen Hunger machen, zieht es uns zur Mittagszeit in das gemütliche Restaurant Manfreds. Beim Anblick des Essens verfluche ich meinen Magen abermals, werde bei den grünen Bohnen und den gebratenen Pilzen aber doch schwach – glücklicherweise, denn es war wirklich wahnsinnig lecker. Das Gemüse bezieht das Lokal übrigens über eine eigene kleine Farm, auf der täglich frisch geerntet wird. Im urigen Ambiente kann man sich dann über Speis und Trank hermachen und sich ein oder zwei Weinchen genehmigen.
Jægersborggade 40, 2200 Kopenhagen / Mo-So 12-15:30 & 17-22 Uhr
Licht-Theorien mit Øivind Slaatto
Ein kleines Schmankerl wartet bei Slaatto Design, wo uns der dänische Designer Øivind Slaatto durch sein Atelier führt und uns noch dazu einen Vortrag über Licht hält, in dem ich lerne, dass ein Raum etwa fünf bis sieben unterschiedliche Lichtquellen benötigt, um eine angenehme Atmosphäre auszustrahlen. Das müssen allerdings gar nicht immer Lampen sein, denn selbst eine Kerze, eine Reflexion einer anderen Lichtquelle oder ein Ofen können bereits ausreichen. Den Tipp speichere ich mir gedanklich sofort ab und beschließe, ihn in meinen eigenen vier Wänden so schnell wie möglich umzusetzen. Øivind Slaatto hat übrigens die Patera Pendelleuchte für Louis Poulsen designt und zeigt uns mit einem kurzen Box-Test, wie robust das Endprodukt ist – bis auf einen lauten Knall ist tatsächlich nichts passiert. Bei einem Rundgang sehen wir schließlich noch die verschiedenen Prototypen, die an der Decke seines Studios hängen, bevor wir uns schweren Herzens verabschieden müssen.
Preloved-Fundstücke bei Jerome Vintage
Der nächste Programmpunkt meines restlichen freien Tages ist ein Besuch bei Jerome Vintage, einem Secondhand Shop, den ich euch bereits hier vorgestellt habe. Das Schöne: Wer wirklich einmal durch die hübschen Stücke, die sonst auf dem Instagram Account präsentiert werden, stöbern möchte, der kann es in Kopenhagen live und in Farbe tun. Farbe gibt es hier nämlich auch, selbst wenn es auf den Fotos nicht danach aussieht.
Was euch erwartet: Vintage Designerstücke von Dior bis Yves Saint Laurent.
Gl. Kongevej 105, 1850 Kopenhagen / Di-Fr 11-18 Uhr & Sa 11-15 Uhr
Dänische Labels bei I blame Lulu
Eher zufällig stolpern wir über den Secondhand Shop I blame Lulu. Während wir uns im Laden umsehen, zieht gerade eine blonde Dänin einen funkelnden Haarreif auf (den sie später auch kauft) und repräsentiert ziemlich genau, das, was den Laden ausmacht: Mode macht Spaß, und zwar mächtig viel. Sich auszuprobieren ist erwünscht und wie könnte das wohl besser funktionieren, als mit funkelnden Haarclips und ledernen Cowboyjacken mit schwingenden Fransen?
Was euch erwartet: feinste Secondhandmode von dänischen Brands à la Ganni & Baum und Pferdgarten bis hin zu Designerstücken von YSL und Gucci. Darüber hinaus findet ihr hier noch neuen Krimskrams wie bunte Haarspangen und Nagellack.
Rosenvængets Allé 8, 2100 Kopenhagen / Mo-Fr 11-17:30 & Sa 10-15 Uhr
Auf eine heiße Schokolade in die Prolog Kaffeebar
Zum Abschluss des Tages führt uns unser Weg in die Kaffeebar Prolog, wo ich mich immerhin an eine heiße Schokolade traue (für einen Kaffee bin ich noch nicht mutig genug), die unheimlich lecker schmeckt. Die Bestellung erfolgt am Tresen, wo man sich auch gleich vom Kuchen verzaubern lassen kann, die Getränke werden anschließend aber an den Platz gebracht.
Høkerboderne 16, 1712 Kopenhagen / Mo-Fr 07-18 Uhr & Sa-So 09-18 Uhr
Essen & Trinken im Meatpacking District
Ja, das Meatpacking District in Vesterbro mag verdammt hip sein, aber es ist eben auch tatsächlich ganz schön cool. Im ehemaligen Fleischerviertel tummeln sich mittlerweile wunderbare Restaurants, Cafés und Bars und sind ganz unbedingt einen Besuch wert. Noch dazu liegt die Ecke in unmittelbarer Nähe des Kopenhagener Hauptbahnhofs und ist damit ganz einfach zu erreichen. Im August verbrachten wir bereits einen Abend im Restaurant Mother, an dem damals mindestens fünf Teller zu Bruch gingen, was das stürmische Ambiente wunderbar beschreibt. Das Essen war grandios, der Wein lecker und das Interior so gemütlich, dass ich am liebsten noch einmal hingegangen wäre, wenn denn bloß Zeit gewesen wäre.
Was ich noch sagen wollte
Kopenhagen ist schön und unkompliziert, weil man eigentlich alles per EC- und Kreditkarte bezahlen kann, das Metrosystem leicht zu verstehen ist und man an viele Orte einfach zu Fuß kommt. Kopenhagen ist aber auch ganz schön teuer, wenn man denn mal Hunger hat und beschließt, sich in einem Restaurant sättigen zu lassen. Wer in einer Ferienwohnung oder einem Airbnb unterkommt, hat natürlich immer die Möglichkeit, in einem Supermarkt einkaufen zu gehen und sich etwas Leckeres zuzubereiten.
Die Menschen sind wirklich verdammt freundlich, was ich immer toll finde, weil es so schon genügend Unfreundlichkeiten gibt, mit denen man sich herumschlagen muss. Englisch ist absolut kein Problem und manchmal entwickeln sich sogar echte Gespräche, wenn man denn offen ist. Schon alleine deshalb hoffe ich, das nächste Mal länger bleiben zu können.
Vi ses, København, da bin ich mir ganz sicher!
Disclaimer: Diese Pressereise wurde durch Louis Poulsen & KMB Creative Network ermöglicht.