Nachgefragt: Executive Editor Alexandra Bondi de Antoni über gute Inhalte, das Älterwerden und ihre Ängste

In unserer „Nachgefragt“-Interviewreihe widmen wir uns Personen, die wir besonders spannend und inspirierend finden. Dieses Mal hat sich Alexandra Bondi de Antoni, Executive Editor bei Vogue.de, unseren neugierigen Fragen gestellt.

Seit etwa einem Jahr ist Alexandra nun bei Condé Nast, wo sie Vogue.de an neue Inhalte und Projekte, wie etwa den Podcast Vogue Stories, heranführt, und gemeinsam mit ihrem Team für mehr Diversität sorgt. Bevor es sie nach München zog, war sie Chefredakteurin der deutschen i-D, lebte und arbeitete in Berlin. Mit uns hat Alexandra über gute Inhalte, das Älterwerden und ihre Ängste gesprochen.


Was macht für dich ein gutes Online-Magazin aus?

Das Internet ist groß und es gibt so viele Meinungen und Ideen, die ungefiltert auf die User einprasseln. Die Aufgabe von Online-Magazinen ist es, zu kuratieren und zu filtern. Wir zeigen unseren LeserInnen, was uns und unsere Community bewegt, und erklären, warum. Das können Mode- und Beautythemen sein, aber genauso politische und gesellschaftliche Themen. Das eine schließt das andere nicht aus. Mir ist es wichtig, am Ende des Tages auf die Seite zu schauen und zu merken, dass ein Trendartikel neben einem Essay über Fruchtbarkeit stehen kann, ohne dass es sich falsch anfühlt.

Wie gehst du mit dem Druck um, stets hohe Klickzahlen zu erreichen und dennoch auf Click Baiting zu verzichten?

Klickzahlen sind nun mal die Währung des Internets und so lange das so ist, müssen wir unser bestes Tun, diese Ziele zu erreichen. Wir erreichen Millionen Menschen, da zu denken, dass man nur mit den tollsten, tiefsten Geschichten die Ziele erreicht, ist utopisch. Das sind nicht die Geschichten, die du liest, wenn du in der U-Bahn am Weg von der Arbeit nach Hause mit noch vollem Kopf durch deinen Feed scrollst. Diese Geschichten liest du eher, wenn du Zeit hast, dich darauf einzulassen. Das ist aber auch gar nicht so schlimm. Wenn wir ehrlich sind, konsumieren doch alle die schnellen, leichten Themen und die tiefen, langen Texte. Wenn man die ganzen schnellen Inhalte, die trotzdem gut geschrieben sind, mit so viel Meinung und Haltung und Wertigkeit aufwiegt, machen wir einen guten Job.

 
 
 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

Ein Beitrag geteilt von VOGUE Germany (@voguegermany) am

Und wann sind Inhalte in deinen Augen gut?

Wenn sie Sinn machen für das Publikum. Sei es, sie zum Denken anzuregen, sei es aber auch “nur” zur Unterhaltung. Die Mischung muss stimmen.

Was muss sich deiner Meinung nach in der Medienlandschaft ändern?

Es muss mehr Raum für diverse Stimmen geschaffen werden, die schon immer da waren, aber nicht gesehen wurden. Den Jüngeren, den von der Mainstreamgesellschaft als “anders” betitelten, den AndersdenkerInnen muss zugehört werden und Systeme und Denkweisen, die ewige Zeiten funktioniert haben, müssen neu gedacht werden.

Gab es einen Moment, in dem du an deiner Arbeit gezweifelt hast?

Ich hinterfrage ständig alles, vor allem jedoch Lebensentscheidungen, von denen Arbeit ein Teil sein kann, aber nicht zwingend sein muss. Arbeit ist so etwas temporäres, dass ich irgendwann aufgehört habe, an meinen Entscheidungen wirklich zu verzweifeln. Unsicherheiten kommen öfters auf, aber wenn etwas nicht klappt, dann arbeite ich solange daran, bis es passt. Wir arbeiten alle so schnell, Fehler passieren, es geht eher darum, wie man damit umgeht. Also sich einzugestehen, dass etwas nicht ideal gelaufen ist, etwas daraus zu lernen und dann aber wieder nach vorne zu schauen.

Und in welchem Moment warst du das erste Mal so richtig stolz auf deine Arbeit?


Ich weiß nicht, ob ich schon einmal richtig stolz auch meine Arbeit war. Wenn ich ein Projekt abgeschlossen habe, sehe ich immer schon das nächste Ziel vor Augen. Natürlich motiviert es, wenn man positives Feedback bekommt und sieht, dass die Arbeit andere Menschen bewegt (positiv, aber auch negativ). Ich nehme das aber eher als Motivation weiterzumachen und weiterzudenken. Worauf ich aber stolz bin, ist die Hingabe, die Motivation und der ständige Einsatz meines Teams, das sich aufopfert, mir den Rücken freihält und mich kritisch auf Dinge hinweist.

Welche Bücher konntest du nicht aus der Hand legen?

Wie fängt für dich ein guter Morgen an?

In der Arbeitswoche mit einer Runde Yoga und dann Frühstück ohne Handy und in voller Stille. Am Wochenende mit Aufwachen ohne Wecker und dann einem langen, langsamen Frühstück.

Und was hilft dir beim Einschlafen?

Körperliche Nähe. Und wenn das gerade nicht möglich ist (Hallo Fernbeziehung), dann Tee und Wärmflasche.

Was liegt/steht auf deinem Nachttisch?

Ohropax (ohne die kann ich nicht schlafen, auch wenn es ganz still ist)

Wie fühlst du dich dabei, älter zu werden?

Ich finde es toll. Ich bin 29 Jahre alt und sage jetzt schon manchmal, dass ich 30 bin. So spart man sich einige Diskussionen. Mir macht es gerade viel Spaß, zusammen mit meinem Freund mein Gesicht genau zu inspizieren und Falten zu entdecken. Die zeigen, dass man gelebt hat, also warum nicht mehr davon? Ich habe ein Faible für ältere Frauen und habe einige meiner besten Gespräche mit Frauen, die schon viel mehr erlebt haben als ich. Hier habe ich darüber geschrieben.

Was bedeutet für dich Schönheit?


Echt und authentisch zu sein.

Welches Lied läuft bei dir auf Repeat? 


Ich habe eine Playlist von um die 900 Lieder, die immer weiter wächst und in die ich alle Songs packe, die ich finde. Die Songs laufen immer auf Repeat. Letzte Woche habe ich “Nice to Have” von 070 Shake, “High Note” von Magic Island und “Corner” von Equiknoxx hinzugefügt.

Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Spotify zu laden.

Inhalt laden

Was tust du, wenn du dich absolut nicht motivieren kannst? 


Ich lasse es zu und arbeite dann, wenn ich wieder Motivation habe, doppelt so hart und schnell.

Die beste Doku?


Da gibt es zu viele, um eine zu wählen.

Wovor hast du Angst?

Davor, dass die Menschen, die ich liebe und die mir nah sind, irgendwann nicht mehr in meinem Leben sind und ich nichts an dieses Situation ändern kann.

Wann warst du zuletzt traurig? 


Ich bin irgendwie ständig ein bisschen traurig, aber das ist auch ok so. So wie ich auch immer ein bisschen glücklich bin.

Was würdest du immer wieder tun?


Den Menschen, die ich toll finde und liebe, das immer und immer wieder sagen.

Was hättest du lieber anders gemacht?

Ich finde, es macht keinen Sinn, sich über so etwas Gedanken zu machen, weil das kann ich eh nicht mehr ändern.

 

Was steht zurzeit auf deiner Wunschliste?

Dass Menschen aufhören, ihr Ego über das Wohl von anderen zu stellen.

Welches sind deine liebsten Modemarken?

Marques Almeida, Eckhaus Latta, Telfar, Shrimps. Und das Projekt People Berlin finde ich auch ganz toll.

 

 
 
 
Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an
 
 
 

 

Ein Beitrag geteilt von People Berlin (@people_berlin) am

Was tust du für deinen Körper? 


Aufgrund meiner Geschichte mit psychischen Krankheiten hatte ich, so weit ich mich zurückerinnern kann, ein schwieriges Verhältnis zu meinem Körper. Durch diverse Therapien kann ich mittlerweile in den Spiegel schauen und mich einfach so annehmen, wie ich bin. Manchmal mehr, manchmal weniger, aber das ist auch ok so. Dieses Annehmen und immer wieder daran Arbeiten und Hinterfragen, warum man sich gerade gut oder eklig fühlt, ist, glaube ich, das meiste, was ich für meinen Körper mache.

Wer oder was ist deine größte modische Inspirationsquelle? 


Meine Oma Gerti <3

Wie verbringst du deinen Samstagabend am liebsten? 


Entweder im Bett mit viel Essen und einem guten Film oder irgendwo mit Freunden in einer Bar oder Club, kommt ganz auf meine Stimmung an.

 

 

Wie verbringst du einen freien Tag am liebsten? 


Ohne jeglichen Plan, egal wie er am Ende aussieht.

Was hat dir in letzter Zeit richtig gute Laune bereitet?


Zu sehen, welches Teamgefühl sich in meinem Team in dem Jahr, seit ich da bin, entwickelt hat. Wir sind ein Haufen von Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können, die ihren Mund aufmachen und eine Meinung haben. Die zu ihren Fehlern stehen, aber sich davon nicht unterkriegen lassen, sondern immer weitermachen, und ohne die das, was wir machen, gar nicht möglich wäre.

Auf welches Rezept greifst du immer wieder zurück, wenn du zu Hause bist?


Ich kann nicht besonders gut kochen bzw. interessiert es mich einfach nicht, weshalb immer, wenn ich versuche, etwas anders zu machen, es am Ende wieder gleich schmeckt.

Lieblings-Snack?


Grüne Oliven mit Knoblauch gefüllt.

Was ist dein Beitrag zu einer besseren Gesellschaft?


Das ist eine große Frage, die man schwierig in ein paar Zeilen beantworten kann. Privat finde ich es sehr wichtig, sich zu informieren, Diskussionen zu führen, nicht wegzuschauen, den Mund aufzumachen, wenn man Ungerechtigkeit sieht, und einen Beitrag zum Thema Umweltschutz zu leisten. Gleichzeitig sich aber auch nicht allzu sehr zu stressen. Ich finde, dass Social Media einem manchmal das Gefühl gibt, über alles informiert sein zu müssen, zu allem eine fundierte Meinung haben zu müssen und auch sich gleichzeitig für jede Ungerechtigkeit auf der Welt einsetzen zu müssen. Das geht nicht und so wie ich mich bei gewissen Themen mehr auskenne, weiß mein Gegenüber vielleicht etwas anderes besser. Das, was wir aber alle machen müssen, ist zuhören und lernen und auch bereit sein, unsere Meinungen zu ändern.

Wenn ich diese Frage für meinen Job auffasse, dann ist das etwas anders: Bei Vogue haben wir die Chance, über alle unsere verschiedenen Kanäle ganz viele Menschen zu erreichen. Wir müssen diese Chance nutzen, um Zeichen zu setzen und Menschen einen Raum zu geben, die sonst in den Medien keinen finden. Ich weiß nicht, ob das die Gesellschaft besser macht, aber es fördert zumindest den Dialog und öffnet vielleicht die eine oder andere Tür.

In welchem Outfit fühlst du dich am wohlsten?


Das kommt ganz darauf an, wie meine Stimmung ist.

Wann bist du so richtig entspannt? 


Nach dem Orgasmus.

Was würdest du tun, wenn du Königin von Deutschland wärst?

Ich glaube nicht daran, dass eine Person alles entscheiden soll, sondern, dass man im Team zusammen etwas schafft, was Sinn hat. Deshalb würde ich wahrscheinlich gleich mal die Monarchie abschaffen und dann schauen wir weiter.

2 Kommentare

  1. Katrin

    Alexandra bringt alles toll auf den Punkt und ich finde mich in vielen Aussagen und Ansätzen wieder. Besonders schön finde ich, dass Themen wie Dinge zuzulassen und Akzeptanz sich selbst und dem Leben gegenüber in allen Antworten ein bisschen durchscheinen und nicht im Widerspruch zu Aktivismus, Stärke und Enthusiasmus stehen – ganz im Gegenteil. Danke für tolle Gedanken und herrlich-ehrliche Inspiration!

    Antworten
  2. Pingback: Cherry Picks #40 - amazed

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Mehr von

Related