Ihr lieben Leser*innen,
vielleicht habt ihr es schon bemerkt: Der einzige Mensch, den je als meine bessere Hälfte bezeichnen würde (weil ich schließlich auch so schon ein Ganzes bin), hat sich vorerst in die wohlverdiente Elternzeit verabschiedet. Richtig reinschieben mussten wir sie in diese Auszeit, und raus aus dem Büro, so fest klebte sie samt Babybauch an ihrem Schreibtisch dran, bis zuletzt. Und ich bewundere sie dafür – hatten wir uns nach unseren ersten Schwangerschaften doch eigentlich geschworen, es beim nächsten Mal etwas anders und vor allem ruhiger angehen zu lassen. Zack – hier kommen wir also schon gleich zum Thema. Denn natürlich tendiert Mensch in einem solchen Fall zunächst dazu, viel Lob auszusprechen, ich ja auch, für so viel Fleiß und Durchhaltevermögen, Respekt regnet es logischerweise und anerkennende Blicke. Zu recht, sowieso, weil wow – aber all das birgt eben auch Gefahren, wie ich neulich dank der Erklärung einer lieben Freundin dazu lernen durfte. Sie schlägt vor, dass wir in Zukunft womöglich etwas genauer darüber nachdenken sollten, wie wir unser Lob formulieren oder nach außen tragen. Um etwa jene zukünftigen Mütter nicht zu verletzen, die mehr Ruhe benötigen. Die nicht weitermachen können, als wachse dort kein zweites Gehirn im Unterleib. Aber auch, um jenen Schwangeren, deren Leben sich nur wenig neuer Einschränkungen erfreut, dennoch immerzu die Freiheit zu bewahren, alles stehen und liegen zu lassen, sollte es irgendwann trotzdem nicht mehr gehen – ohne vermeintlich zu scheitern. Unterstützen ohne zu bewerten – vielleicht ist das die Antwort. Denn auch umgekehrt wird allzu häufig be-, bzw. verurteilt: „Sie joggt am Ende noch in den Kreissaal, kann gar nicht los lassen, Arbeit ist ihr wohl wichtiger.“ – alles schon erlebt, auch persönlich, in meiner eigenen Schwangerschaft, damals vor über fünf Jahren. Seither hat sich viel getan. Und trotzdem wenig verändert.
Wie oft habe ich mir etwa selbst versprochen, tiefer durchzuatmen, längere Auszeiten zu nehmen, unabhängiger von der Meinung anderer zu werden, sämtlichem Druck standzuhalten, das Stresslevel runter zu schrauben oder endlich weniger Ängste vor der Zukunft zuzulassen. Und wie oft bin ich genau daran gescheitert. Musste mir eingestehen: Schon wieder nix dazu gelernt. Obwohl ich es doch längst hätte besser wissen müssen. Aber so einfach ist es nicht. Nicht nur die eigenen Mechanismen müssen am Ende ja durchbrochen, auch auch gelernte, anerzogene Denkmuster, die einer verrückten Welt, der wirtschaftlichen Entwicklung, strukturellen Erneuerungen in der Berufswelt und steigenden Arbeitsanforderungen geschuldet sind, sollten hinterfragt werden, wenn sich irgendetwas ändern soll. Zum Besseren, Gelasseneren. Uns selbst zuliebe. Wir müssen nämlich nicht alles schaffen. Und alles gleichzeitig? Das ist ohnehin ein Märchen, das nur selten in Erfüllung geht. Wieso fällt es uns trotzdem so schwer, zu entspannen? Loszulassen? Nach Hilfe zu fragen? An uns selbst zu denken? Ist es Social Media? Unsere Erziehung? Oder einfach nur das Leben?
Genau das gilt es, im neuen Monat zu erforschen. Und darum, uns daran zu erinnern, dass wir nicht allein sind. Mit unseren Sorgen, mit Angst, Panik und Zweifeln, mit großen Stürmen und kleinen Stolpersteinen. Gefühle dürfen kein Tabu sein. Aber wir manchmal schwach. Das Gute ist nämlich: Zusammen sind wir viel stärker als gedacht.
Passt gut auf euch auf.
Eure Janes.