Drei Monate zu viert – oder auch: Was sich für Sarah wirklich mit dem zweiten Kind verändert hat

27.01.2020 Kolumne, Tiny Jane, Leben, box1

Ich weiß noch ganz genau, dass ich bereits während meiner Schwangerschaft permanent gefragt wurde, wie ich mir das denn alles so vorstellen würde, diese kommende Veränderung mit dem zweiten Kind und all den Veränderungen und überhaupt. Wann ich wieder arbeiten möchte, zum Beispiel, und wie genau mein Partner und ich uns diesmal aufteilen wollen. Mein Gegenüber ließ ich dabei wahrscheinlich immer höchst unzufrieden zurück, denn: Ich konnte all diese Fragen nicht richtig beantworten, weder mir, noch meinem Team, weil ich mir dieses Mal vor allem selbst den Druck nehmen musste und mir keine Versprechungen machen wollte. Versprechungen, die am Ende vielleicht gar nicht eingehalten werden konnten, weil kein Mensch wusste, was für ein Baby da diesmal aus mir heraus kommen würde. Weil es vorab keinen Beschreibungstext für eine Bestellung gab, die mir versicherte, ob das Baby viel schlafen, permanent weinen oder ob überhaupt alles gut und ohne große Komplikationen verlaufen würde. Es gab in meinem Kopf also vor allem zwei Szenarien, die ich immer wieder wiederholte: Entweder, es wird diesmal ein ganz entspanntes Kind oder, da machen wir uns nichts vor: Es wird eine ganz besonders anstrengende Nummer 2.

Nach meiner ersten Schwangerschaft mit Wilma war klar, dass wir zwar eifrig Pläne schmieden können, und dass das auch gut und wichtig ist, dass es aber eben auch immer grandios anders kommen kann, schließlich wissen wir einfach nicht genau, wie sie so sind, die Babies, die wir kriegen. Klingt ziemlich logisch, und trotzdem meißelte ich vor Wilmas Geburt alles in Stein, legte meine Tage bereits vorher fest und fand mich irgendwann zwischen Arbeit, Baby und einem ausgebrannten Kopf wieder. Wird schon funktionieren, dachte ich damals, ohne einzubeziehen, dass allein die Geburt mit Komplikationen verbunden sein könnte und gehörige Wehwehchen mit sich bringen kann. Dass es Kinder gibt, die eben weniger schlafen, die vielleicht ununterbrochen unzufrieden sind und ständig schreien, dass wir von Schicksalsschlägen getroffen werden können, die uns den Boden unter den Füßen wegreißen oder, dass der Schlafmangel uns den Garaus macht und wir nur noch von einem Tag zum nächsten schlittern – in der Hoffnung, die nächste Nacht möge doch besser ausfallen, als die vorherige und die davor. Kurzum: Ich wollte mich dieses Mal nicht allzu sehr aus dem Fenster lehnen und Prognosen durch den Raum schleudern, die am Ende fernab der Realität sein könnten. Schon gar nicht, nachdem alle Menschen um mich herum ständig damit beschäftigt waren, mir zu sagen, dass ein Kind kein Kind sei und ich mir sowieso gar nicht ausmalen könnte, was da auf mich zu kommen würde. 

Aber dann kam Otto.

 

 
 
 
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Oder auch: Superotto, wie ihn meine liebste Hebamme nennt. Und das ist er auch. So entspannt, so unfassbar geduldig, so fröhlich, so gemütlich und so wahnsinnig unbeeindruckt von lauten Geräuschen oder anderen vermeintlichen Störfaktoren, die seine Schwester damals selbst aus dem tiefsten Schlaf gezerrt hätten. Und so sitze ich hier bereits stundenweise und ziemlich tiefenentspannt nach 12 Wochen in meinem Büro und gluckse vor Glück. Weil sich alles so gemütlich fügt, wie ich es mir nicht sehnlicher hätte vorstellen können. Wirklich wahr. Selbst, wenn der heutige Tag nicht so verläuft, wie ich es mir noch an diesem morgen gewünscht hatte, Otto gerade eben nicht nach meinem Plan funktioniert und seelig in seinem Kinderwagen schlafen will, sondern unruhig ist, meckert und meine Aufmerksamkeit verlangt, bin ich ein Glückskind. Aber genau aus diesem unruhigen Grund pausiere ich diese Zeilen auch – und tippe weiter, wenn der Raum wieder dafür da ist. Einen Moment also, bitte.

So, Pardon. Eigentlich sollte dieser Artikel längst online sein. Seit Stunden sogar. Aber dieses Vorhaben wurde irgendwann unrealistisch. Die Große liegt jetzt nämlich auch mit einer Mittelohrentzündung daheim im Bett. Ich musste also beim zweiten Kind zwangsläufig lernen, mich zu entspannen, um nicht dem Wahnsinn entgegenzulaufen. Schließlich sind es genau diese Entscheidungen, die ich diesmal anders treffe, als noch vor vier Jahren: Während das „Müssen“ bei Wilma permanent in meinem Kopf pochte, bin ich jetzt geduldiger – mit meinem Baby und mit mir. Wenn die Dinge laufen, freue ich mich wie ein Mops im Haferstroh. Wenn nicht, dann ist das eben so. Natürlich ärgere ich mich auch heute noch, aber ich kann an den Stolpersteinen im Leben nicht länger etwas ändern. Basta. Für diese Ruhe und diese Erkenntnis bin ich bei Nummer 2 unfassbar dankbar. Auch dafür, dass sich alles so gemütlich bekannt anfühlt, so wunderbar vertraut und ein Stückchen vorhersehbarer. Ich mag das. Sehr sogar. 

 

 
 
 
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Der stürmische Anfang mit der großen Schwester ist glücklicherweise nur noch eine Erinnerung an wilde Tage, die ich tatsächlich so nicht erwartet habe, aber sie hat uns alle irgendwie näher zueinander gebracht: Anders als erwartet, aber dafür hat dieses Gewitter uns sensibel und stark zugleich gemacht. Zuhören, aufeinander aufpassen, emphatisch bleiben und aufeinander zugehen – all das wird pingeliger behandelt als je zuvor – und das ist unfassbar wichtig. Gerade dann, wenn man mal wieder zu wenig geschlafen hat, angeschlagen ist oder der Hormonhaushalt schon wieder vollkommen durcheinander scheint. 

Und so kann ich nach 12 Wochen mit Otto als Zweifachmama von mir behaupten, dass ich mich tatsächlich doch noch zu einer Babymama entwickelt habe, die momentan am liebsten nur kuscheln will und gar nicht möchte, dass hier jemand größer wird. 

Überhaupt ist vieles so ganz anders als bei Wilma. Denn damals konnte ich es nicht nur kaum erwarten, dass aus dem Baby ein kleines Kind wird, mit dem ich plaudern und Quatsch machen, die Welt entdecken und losziehen kann, auch die Sache mit dem Stillen war gänzlich anders. Der Wunsch, nach solch einer langen Zeit des Verzichts wieder selbstbestimmt loszulegen war so groß, dass ich es kaum erwarten konnte, endlich die Flasche zu geben. Zwar gibt es für mich auch heute noch spannendere Dinge als zu stillen, aber wie enorm praktisch die Muttermilch sein kann, kam mir damals einfach erst gar nicht in den Sinn. Vielleicht klappt es deswegen diesmal auch so viel besser, ohne Rückenschmerzen und permanente Ist-das-Kind-auch-wirklich-satt-Gedanken. Ich weiß es nicht. Aber es läuft so rund, dass es gerade keinen Grund gibt, es nicht zu tun. Oh, doch, Momentchen mal: Es sorgt dafür, dass ich gegenwärtig mehr mit Otto unternehme, als der Papa, was ich mir zwar ausdrücklich selbst auferlegt habe, was mir aber gleichzeitig missfällt. Sehr sogar. 

Dennoch fühle ich mich an manchen Tagen wie Superwoman, die Baby, großes Kind, Job, Beziehung, Haushalt und Co so fantastisch unter einen Hut bekommt, dass ich gar nicht aufhören kann, mir abends verbal auf die Schulter zu klopfen, um anschließend in voller Montur zum Yoga zu gehen und beschwingt durchs Leben zu springen. Natürlich gibt es aber auch diese Tage, an denen ich pure Ungerechtigkeit ob der gegenwärtigen, fehlenden 50/50 Einteilung empfinde (die mit dem Stillen eben auch einhergeht), an denen mein Gemüt passiv aggressiv ist, ich alles ziemlich scheiße finde und ahnungslos und vor allem planlos an den nahenden Morgen denke. Es gibt sie also gleichermaßen, die Stunden, in denen ich Himmelhoch jauchzend genieße, und die, in denen Tränen herunterkullern, ich pure Ungerechtigkeit empfinde, der Körper vor Müdigkeit schmerzt und ein Streit mit einem der Familienmitglieder das Fass zum Überlaufen bringt.

Dennoch habe ich längst gemerkt, dass es sich lohnt, sich dem Positiven zuzuwenden und keine Zeit mit den Miesepeterstunden zu vertrödeln. Dass es hilft, dankbar zu sein, so unendlich dankbar, für alles, was wir haben und erleben dürfen. Denn dann kommt automatisch die positive Einstellung zurück. 

Ich wollte mir mehr Zeit und mehr Raum für alles nehmen und ich glaube, das scheint bisher auch ganz gut zu funktionieren, macht aus mir eine entspanntere Mama und sorgt auch bei Otto für ein ausgeglicheneres Gemüt. Alles kann, nichts muss. Das klingt wahnsinnig einfach und super leicht umsetzbar, muss in regelmäßigen Abständen allerdings wieder und wieder gepredigt werden, damit es eingehalten wird. Das kann auch schon mal ein kleiner Reminder von Nike Jane sein, die mich am Telefon fix an meinen Vorsatz erinnert und mir den Wind aus den Segeln nimmt. Genauso wie Julia, die mir dabei hilft, den Kinderwagen nach wenigen Minuten Bürozeit auch wieder aus dem Office zu bugsieren und mir ein „Aber nur, wenn es geht, Sarah“ mit auf den Weg gibt und mich mit Wohlfühlworten entlässt. 

 

 
 
 
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Als passionierter Planungs- und Stressmensch ist das eine riesige Leistung, wie ich finde, die mir, auch wenn es so klingt, ganz und gar nicht leicht fiel und fällt. Wohlwissend, dass die ersten drei Monate erst der Anfang sind, geht es jetzt also weiter. Und zwar ähnlich planlos, dafür aber mit gerechter 50/50 Aufteilung. Selbst wenn also jetzt das richtige Chaos ausbricht, kann ich hoffentlich von den ersten drei Monaten zehren, mich daran erinnern, welch fantastischen Start wir hingelegt haben und versuchen, auf ähnliche Pfade zurückzukehren.

Aus unerfindlichen Gründen dachte ich bereits bei Wilma, dass ich eine wahnsinnig entspannte Mama sei, heute aber weiß ich, dass ich viel relaxter bin als noch vor vier Jahren. Das mag mit dem Alter einhergehen oder einfach mit den gemachten Erfahrungen des Lebens. Ich kann für Zen Momente und Menschen, die einem den Stecker ziehen, jedenfalls nur die Werbetrommel rühren – und ich kann nur empfehlen, sie um sich zu scharren und ihnen zuzuhören. Ich habe gegenwärtig zwar noch kein großes Dorf um mich herum, das mir bei allem hilft, aber ich hab einen Partner, und wunderbare Freund*innen, die immer da sind. Teamwork olé, sozusagen. Und auch dafür bin ich irre dankbar. Es ist zwar alles nicht perfekt (wer will das schon?), aber ganz schön lebendig, laut, chaotisch, emotional und dazwischen wunderbar entspannt. Ebenso, wie ich es mir ganz heimlich still und leise eben doch gewünscht, aber niemandem verraten habe.

5 Kommentare

  1. Rebecca

    Oh! Während ich die Zeilen las, erwischte ich mich mit dem wirklich unschönen Gedanken, warum es so nicht bei uns sein kann, mit Nummer zwei, der doch seit 11 Wochen auch hier alles so wunderbar chaotisch auf dem Kopf stellt. Doch beim weiteren Lesen hat sich leise so eine Freude angeschlichen, dass doch irgendwie alles gut ist und besser wird und ich unfassbar verliebt in meine Kinder bin! Liebsten Dank dafür und alles Liebe!

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  2. Josephine

    Danke für deine erfrischend ehrlichen Worte. Immer und immer wieder.
    Das tut so gut und man kann (und will!) gar nicht anders, als sich von Herzen mit dir zu freuen.
    Genieß die Zeit, liebe Sarah.
    Alles, alles Liebe,
    J.

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  3. Bettina

    Das ist so ein toller Text, tausend Dank! Habe mich in deinen Worten wiederfinden können. Ich traue es mich kaum zu sagen, aber hier ist Nr. 2 auch deutlich entspannter und es klappt viel besser als gedacht. Wahrscheinlich weil ich auch entspannter bin und mich nicht so unter Druck setze. Alles Gute für Euch!

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