Alle Jahre wieder… werden in Los Angeles die Academy Awards a.k.a. die Oscars vergeben. Und alle Jahre wieder wird über die nominierten Filme, Schauspieler*innen und Regisseur*innen gestritten und diskutiert. Wie war es dieses Jahr?
Low: #OscarsSoWhite
Bereits vor fünf Jahren schaffte die Academy es, in den Darsteller*innen-Kategorien nur weiße Menschen zu nominieren – kein Wunder, 92 Prozent der Academy-Mitglieder, die über die Nominierungen entscheiden, waren weiß (und 75 Prozent männlich). Die Aktivistin April Reign startete daraufhin die Kampagne #OscarsSoWhite und tatsächlich wurden in den letzten Jahren einige Anstrengungen unternommen, die Academy diverser und weiblicher zu gestalten. Aber: Das allein reicht ganz offenbar nicht. In diesem Jahr war die Britin Cynthia Erivo die einzige person of colour, die in den Darsteller*innen-Kategorien nominiert war – und das für ihre nuancierte Darstellung der afroamerikanischen Zivilrechtsaktivistin und Abolitionistin Harriet Tubman in Harriet. Hollywood scheint immer noch zu glauben, dass nur solche Rollen von people of colour preiswürdig sind, mit denen die schwere und unrühmliche Vergangenheit aufgearbeitet wird. Kein Wunder also, Jennifer Lopez, die als Stripperin im Film Hustlers brillierte, nicht nominiert wurde, genauso wenig wie Akwafina für ihre Rolle in The Farewell. Beide Rollen waren der Academy offenbar nicht problembeladen genug, zu modern. Auch Lupita Nyong’o gewann 2014 den Oscar als beste Nebendarstellerin für ihre Rolle der Sklavin in 12 Years a slave – für ihre verstörende gute Darstellung einer brutalen Doppelgängerin in Jordan Peeles Horror-Thriller Us wurde sie für die diesjährigen Oscars hingegen nicht nominiert.
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High: Janelle Monae
Nicht nur zeigte Schauspielerin und Sängerin Janelle Monae, wie man auf dem roten Teppich stilsicher ein silbrig-schimmerndes Kleid mit Kapuze (!) trägt, sie eröffnete die Verleihung auch mit einer energiegeladenen Performance, inklusive Billy Porter (und seinem fabelhaften Cape) sowie Einbeziehung des Publikums. Aber natürlich wäre Janelle Monae nicht Janelle Monae, wenn sie nicht auch kritische Worte parat hätte – und so sang sie zu Beginn ihres Auftritts: „Oscars is so white“. Leider wahr.
High: Natalie Portmans Cape
Keine einzige Regisseurin war in diesem Jahr für einen Oscar nominiert, trotz würdiger Kandidatinnen. Natalie Portman ärgerte das so sehr, dass sie auf ihrer Oscar-Robe in goldener Schrift die Namen Greta Gerwig, Lulu Wang, Lorene Scafaria und Marielle Heller trug. „Ich wollte die Frauen würdigen, die hier trotz unglaublicher Arbeit nicht gewürdigt werden“, erklärte Portman ihr Outfit. Von Gerwig stammt der Film Little Women, von Wang The Farewell, Scafaria zeichnet sich für Hustlers verantwortlich und Heller für Der wunderbare Mr. Rogers.
Bereits auf der Golden-Globe-Verleihung 2018 kritisierte Portman, dass in der Kategorie „Regie“ keine einzige Frau nominiert wurde. Auf der Bühne kündigte sie die Nominierten so an: „And here all the all-male nominees“.
High: Parasite ist bester Film
Ein südkoreanischer Film gewinnt in der Kategorie „Bester Film“! Als Favoriten galten hier eigentlich 1917 (von Sam Mendes), Joker (von Todd Phillips) oder The Irishman (von Martin Scorsese). Stattdessen setzt sich Bong Joon Hos Parasite durch – und gewinnt damit als erster nicht-englischsprachiger Film die begehrteste aller Auszeichnungen. Bong Joon Ho sicherte sich außerdem den Oscar für die beste Regie und den für den besten internationalen Film. Ein Gewinner der Herzen.
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Low: Little Women geht (fast) leer aus
Ob man Little Women nun persönlich mag oder nicht, fest steht: Greta Gerwig hat den vielgeliebten Klassiker mit ordentlich Selbstbewusstsein und einer klaren Vision neu verfilmt, hat dabei die eigentliche Chronologie der Ereignisse über Bord geworfen und so Dynamik und Originalität in die Geschichte der March-Schwestern gebracht. Doch Gerwig wurde nicht einmal für die beste Regie nominiert, genauso wenig wie Little Women es in die Kategorie „Bester Film“ schaffte. Die Hoffnungen waren groß, dass der Film zumindest den Oscar für das beste adaptierte Drehbuch bekommt – aber hier gewann die Satire Jojo Rabbit (von Taika Waititi). Am Ende gewann Little Women einzig die Trophäe für das beste Kostümdesign.
High: Keanu Reeves und Diane Keaton flirten auf offener Bühne
Keane Reeves, boyfriend des Internets, enttäuschte auch bei den Oscars nicht und flirtete auf der Bühne mit Diane Keaton, als die beiden den Oscars für das beste adaptierte Drehbuch präsentierten. Die beiden erinnerten sich an einen Film, den sie vor vielen Jahren gemeinsam drehten – Nancy Meyers Was das Herz begehrt – und gerieten dabei ins Schwärmen über den jeweils anderen („Du warst unglaublich!“). Keaton sprach von den „guten Zeiten“, die sie gehabt hätten und Reeves stieg die Röte ins Gesicht. Hach. Zeit für eine Fortsetzung von Was das Herz begehrt – diesmal mit Happy End für Reeves und Keaton alias Julian und Erica?
High: Taika Waititis Dankesrede
Regisseur Taika Waititi widmet seinen Oscar für Jojo Rabbit (Bestes adaptiertes Drehbuch) „all den indigenen Kindern weltweit, die Kunst machen und tanzen und Geschichten schreiben wollen, wir sind die ursprünglichen Geschichtenerzähler*innen und wir können es genauso hierher schaffen.“ Waititis Vater ist ist Māori vom Stamm Te Whānau-ā-Apanui und seine Pākehā-Mutter hat russisch-jüdische Wurzeln.
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Low: Reden statt Handeln
Die Academy kriegt es zwar nicht hin, Regisseurinnen zu nominieren oder women of colour in den Schauspieler*innen-Kategorien, aber sie kann Brie Larson, Sigourney Weaver und Gal Gadot auf der Bühne inspirierende Botschaften wie „Alle Frauen sind Superheldinnen“ verkünden lassen. Wer genau braucht das?