Wann und wie entscheidet man eigentlich, sich selbst in der Zweisamkeit zu definieren? In einer Zeit, in der monogame und exklusive Beziehungskonzepte stärker denn je hinterfragt werden, habe auch ich mich schön häufiger gefragt, wann und wie Menschen entscheiden, auf welchem Level ihre Bindung, ihre Beziehung stattfindet. Was ich von meinem / meiner Partner*in brauche, definiere ich selbst, am Ende kommt es ja aber vor allem darauf an, diese Bedürfnisse und Wünsche kommunizieren zu können und für die zweite Person im Bunde sichtbar und hörbar zu machen. Wir haben die Community gefragt, wann sie entschieden hat, exklusiv mit einer Person zu sein, und was sie generell von diesem Konzept hält. Ist Monogamie wirklich so 2005?
Abi
Bevor ich mit meiner Freundin zusammengekommen bin, waren wir einige Monate intim. Es gab dann einen Moment, in dem sie mich mit tieferen Gefühlen ihrerseits konfrontiert hat. Diese konnte ich in dem Moment nicht erwidern, was ich ihr auch ehrlich mitgeteilt habe. Unsere „Beziehung“ hatte eine bestimmte Tiefe, die für mich notwendig ist, damals noch nicht erreicht. Wir haben dann beschlossen, uns erst mal besser kennenzulernen. Inzwischen sind wir drei Jahre zusammen. Ich habe daraus gelernt, dass Kommunikation Goals ist. Wenn man das konsequent lebt, geht alles!
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TheklaWir haben uns online kennengelernt. Keine Woche nach dem ersten Date war klar, dass wir eine Beziehung wollen. Kurz danach habe ich dann gefragt, als Formalie quasi. |
RunaIch habe es angesprochen, als ich gemerkt habe, dass ich anderen Leute nur rate, etwas Besseres zu finden. Kapitalismus lässt grüßen. |
Nam
Wir waren ursprünglich exklusiv, ohne darüber zu sprechen. Später haben wir die Beziehung geöffnet. Ich glaube, dass es sehr gut funktionieren kann, auch wenn es für uns schwierig war. Grundsätzlich wünschen wir einander alle möglichen Erfahrungen, aber Vertrauen zu haben und die Grenzen zu erkennen, ist ein stetiger Prozess. Die meiste Energie sollte immer in die Kernbeziehung fließen. Eifersucht wird überschätzt.
Emilia
Ich habe meinen Freund über Tinder kennengelernt. Wir haben relativ schnell gemerkt, dass es zwischen uns passt. Nach einem der ersten Date hat er mir dann gesagt, dass er Tinder gelöscht hat − daraufhin habe ich es auch gemacht. Das war dann quasi unser Zeichen für Exklusivität.
Bea
Ich finde es schade, dass wir Monogamie oder Exklusivität oft als Default-Modus ansehen und nicht als bewusste Entscheidung nach einem gemeinsamen Kommunikationsprozess, der zu Beginn der Beziehung oder schon davor stattfindet. Ich fühle mich in einer nicht-exklusiven Beziehung sicherer, da ich weiß, dass eine Verliebtheit nichts infrage stellt, bloß weil sie möglich ist.
Braucht man Exklusivität eigentlich? Warum? Warum nicht? |
Thilo
Ich glaube, dass man eine Form von Exklusivität braucht. Wir haben uns eine Zeit lang Freiraum erlaubt, Sex mit anderen dabei aber ausgeschlossen. Irgendwann haben wir diesen Freiraum dann auf Eis gelegt. Ich habe dann ein Mal die Regeln gebrochen und dann mussten wir neu verhandeln. Dazu gehörte auch, darüber zu sprechen, wie wir uns dabei fühlen und was das in uns ausgelöst hat. Wir haben diese Freiheit eingeschränkt, nachdem sie gesagt hat, dass sie nicht so weit sei, dass es für sie so nicht funktioniert. Mir ist es wichtig, dass es in der Beziehung ein Gleichgewicht gibt. Wenn sie sich die Freiheit nicht nehmen kann und will, kann ich es im Gegenzug auch nicht machen.
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Emma
Ich habe von meiner Partnerin zwei Jahre keine Exklusivität verlangt. Uns war ganz klar bewusst, dass wir in einer Beziehung sind und Ehrlichkeit sowie Kommunikation an erster Stelle stehen, um das Ding so am Laufen zu halten, wie wir es brauchen und wollen. Ich will ehrlich sein: Diese Zeit war strapaziös und nervenaufreibend − vor allem am Anfang. Wir haben lange gebraucht, um zu lernen, wie wir, die zuvor aus eifersüchtigen und exklusiven monogamen Beziehungen kamen, uns auf die andere als unser Eigentum verlassen haben. Da gab es viel Streit und Missgunst und Zickereien, weil wir der anderen Person unsere Ängste nicht offen kommuniziert haben und uns schwertaten, die eigenen Bedürfnisse zu hinterfragen. Heute stehen wir vor einem Scheideweg: Wir planen Kinder zu bekommen, wollen hierfür aber beide Sicherheiten, ohne unsere Freiheiten aufzugeben. Dies stellt uns vor neue Herausforderungen, weil wir natürlich einen neuen Faktor berechnen müssen, den wir vorher nicht einkalkuliert haben. Für mich braucht ein Kind Stabilität und Routine, Sicherheit und Geborgenheit. Gibt es die, wenn unsere Beziehung auf Flexibilität beruht?
IrenaIch merke zurzeit, dass Monogamie, Exklusivität und die Stringenz von normativen Beziehungskonstrukten, wie wir sie kennen, für viele Menschen geradezu veraltet erscheint. Mich irritiert das total. Ich bin so verdammt glücklich und dankbar, dass diese eine Person mein Teampartner ist. Dass wir uns Treue und Loyalität versprechen und uns daran halten. Ehrlichkeit, andere Verliebtheit oder ein stetiger Austausch sind davon ja nicht ausgeschlossen. Ich habe lange gebraucht, um mir einzugestehen, dass ich mit dieser Person den Rest meines Lebens verbringen möchte. Mir ist es so schwergefallen, weil ich so hohe Ansprüche an mich selbst, aber auch unsere Beziehung habe, dass ich den Schritt auf ihn zu lange nicht gewagt habe. Als ich es tat, waren wir beide aber so weit, dass wir auf jeden Fall auf einer Welle gesurft sind und es bis heute, acht Jahre später, noch immer tun. |
Fiona
Ganz ehrlich? Ich bewundere alle Menschen, die diese Unterhaltung, diese Entscheidung nüchtern treffen können. Ich meine das ganz ernst. Man datet, ist sich nah, findet sich gut. Dann verliebt man sich und findet die andere Person besonders toll und will vielleicht mehr. Wenn es beiden so geht, sind die nächsten Wochen, abhängig von Nähe und Verhalten, doch ohnehin klar geregelt. Ob man noch weiter Sex mit anderen will oder nicht, sollte man besprechen, aber wann fragt man dann „Willst du mein*e Freund*in sein“, wenn es sich sowieso schon alles danach anfühlt? Ich habe sie damals betrunken gefragt, weil ich einerseits gegen die unangenehme Frage ankämpfte, andererseits aber doch eine Entscheidung wollte. Diese finale Bestätigung braucht man ja doch irgendwie, um … ja, warum eigentlich genau? Um endlich eine Antwort für die anderen zu haben? Ich selber brauche das Label eigentlich nicht, bin aber auch nicht so unabhängig, dass ich mich von der Außenerwartung freimachen kann. Da saßen wir also betrunken auf dem Heimweg von einer Geburtstagsfeier und ich hätte nicht gefragt, wäre ich mir ihrer Antwort nicht sicher gewesen. Vielleicht war es auch das, was diese Verhandlung im Nachhinein zu etwas so Unangenehmen machte.
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Eva
Wir haben uns im Theater kennengelernt. Er arbeitet dort und ich habe damals an Projekten für Schüler*innen teilgenommen. Wir haben uns schließlich angefreundet. Er hat mir damals Gitarrespielen beigebracht, da ich selbst singe und es auch lernen wollte. Bald haben wir täglich stundenlang geschrieben, telefoniert, uns alles erzählt und dann war für uns irgendwann auch klar, dass wir zusammen gehören, und auch nichts anderes wollen − und zwar, ohne darüber sprechen zu müssen. Wir haben nie so etwas wie „So, jetzt sind wir exklusiv“ gesagt. Wir hatten einfach schnell keinen Kopf mehr für andere. Irgendwann fragte er dann doch, ob wir eigentlich ein Paar seien, woraufhin ich fragte, was er denn denken würde. Daraufhin meinte er „Ja“ und dann waren wir auch “offiziell” ein Paar. Über die Bedeutung und Notwendigkeit von Monogamie haben wir erst nach einigen Jahren gesprochen und auch wenn ich andere Frauen küssen darf (ich bin nicht straight), reizt mich daran eher der Gedanke selbst. Ich würde ihn nie zwingen, etwas nicht zu tun, wenn er es sich wirklich wünschen würde, aber bisher hat er nie etwas erfragt. Mittlerweile sind wir seit 4 Jahren ein glückliches Paar und können immer miteinander über alles reden, was gut funktioniert.
Nicola
Ich weiß das erste Mal in meinem Leben nicht so richtig wie ich etwas sagen oder besprechen soll. Wir sind total verliebt, waren uns vor zwei Wochen aber noch einig, dass Monogamie irgendwie gerade eigentlich nichts für uns ist. Wir haben mit Freundinnen Scharade gespielt und saßen nebeneinander. An dem Tag wollte ich ihn meinen Freund*innen das erste Mal richtig vorstellen. Während des Spiels zeigte eine Freundin auf uns beide und sagte: „Ihr beide seid ein …“, woraufhin wir beide einstimmig „Paar“ sagten, obwohl wir das nicht einmal sind. Tatsächlich ging es aber eigentlich darum, dass wir beide Brillenträger*innen sind − wir haben die Paarfrage dann offengelassen und weitergespielt. Danach stand es auf jeden Fall im Raum und ich habe ihn dann später auch darauf angesprochen. Das lag aber auch an mir als Mensch, denn Kommunikation ist mir wichtig. Nach dieser Situation hat er jedenfalls gesagt, dass es für ihn inzwischen eine Perspektive sei. Bis heute haben wir aber noch nichts so richtig abgemacht oder beschlossen.
Vera
Warum nicht: Ich möchte von meinem*meiner Partner*in nicht verlangen, was ich von niemandem sonst verlange: alle meine Bedürfnisse zu erfüllen. Sich so gut zu kennen, dass man weiß, was man aneinander schätzt, wofür man sich liebt, aber auch, was man in anderen Menschen sehen kann, was einem der*die Partner*in nicht geben kann und soll und mit diesen Erkenntnissen letztlich ehrlich und sensibel umzugehen, ist für mich die schönste Erfahrung, die ich mit einem*einer Partner*in je machen durfte. Eine offene Beziehung ist für mich nicht die einfache, sondern die komplexeste Lösung. Sie kostet viel Zeit, Energie und Mut zur Kommunikation − und bringt Empathie, Miteinander und gemeinsame sowie alleinige Erfahrungswerte.