Natürlich muss ein Mann ran. Natürlich. In so einer Situation – Corona, drohende Wirtschaftskrise, Umfragetief – da kann es nur ein Mann. Also heißt es Tschüß, Linda Teuteberg. Natürlich.
Erzwungener Abschied
Nur ein gutes Jahr war Teuteberg Generalsekretärin der FDP. Stolz präsentierte Parteichef Lindner sie im April 2019 als ideale Kandidatin: jung, weiblich, ostdeutsch. Doch in den letzten Wochen mehrten sich Gerüchte, Lindner sei unzufrieden mit ihr. Zu angriffsunlustig, zu unsichtbar. Teuteberg dementierte. Sie mache ihre Arbeit und übernehme Verantwortung für das, wofür sie gewählt worden sei, „nämlich mit 93 Prozent als Generalsekretärin. Das übe ich aus, nach bestem Wissen und Gewissen.“ Tja, jetzt wohl nicht mehr. Zum erzwungenen Abschied gab’s von Lindner nur ein paar dürre Worte: „Ich danke Linda Teuteberg für ihre Arbeit und freue mich darüber, sie weiterhin als starken Teil unseres Teams zu wissen.“ Das hat in Sachen Schmallippigkeit gegenüber geschasstem Spitzenpersonal schon fast SPD-Niveau.
Lindners Erklärung, warum Teuteberg gehen musste: „Die Lage im Land hat sich geändert – deshalb muss sich auch die Team-Aufstellung der FDP ändern.“ Anders gesagt: Corona ist schuld, ich kann nichts dafür. Er habe, so Lindner, Volker Wissing als neuen Generalsekretär, Harald Christ als Bundesschatzmeister und Bettina Stark-Watzinger als Mitglied des Präsidiums vorgeschlagen. Im September sollen sie auf dem FDP-Parteitag offiziell gewählt werden. Kurz nach dem Rausschmiss – kann man es anders sagen? – seiner Noch-Generalsekretärin präsentierte Lindner sich dann bei einer Pressekonferenz flankiert von den neuen starken Männern an seiner Seite, Volker Wissing und Harald Christ. Heilige Dreimännlichkeit.
Führung = männlich
Woher kommt einem das alles nur bekannt vor? Da war doch was… Ah, genau: Der Rausschmiss von SAP-Chefin Jennifer Morgan im April. Erst kurz zuvor war Morgan zur Chefin des Softwarekonzerns ernannt worden, in einer Doppelspitze mit Christian Klein. Doch dann kam Corona und das Unternehmen ließ verlauten, die aktuelle Situation verlange „schnelles, entschlossenes Handeln und eine klare, hierbei unterstützende Führungsstruktur“. Eine klare, unterstützende Führungsstruktur, das muss nicht extra gesagt werden, ist männlich. Was sonst.
Dabei zeigen Frauen doch gerade jetzt, wie beeindruckend ihr Krisenmanagement ist. Es fällt auf, dass viele der Länder, die die Coronakrise gut bis sehr gut meistern (wobei „gut“ in diesem Kontext selbstverständlich relativ ist), von Frauen geführt werden – und ausnahmslos alle Länder, die es nicht tun, von Männern. Wie sagt Christine Lagarde, Präsidentin der Europäischen Zentralbank, so schön? „In times of crisis, you call in the woman.“ Vielleicht sollte Madame Lagarde Monsieur Lindner mal einen Besuch abstatten.
Corona ist nicht schuld
Um das klarzustellen: Es geht bei dem ganzen Teuteberg-Lindner-FDP-Debakel nicht darum, dass Lindner seine Generalsekretärin abgesägt hat, weil er unzufrieden mit ihrer Arbeit war. Das ist sein gutes Recht und tatsächlich hat Teuteberg es nicht geschafft, sich in ihrer Rolle zu profilieren und effektiv Themen zu setzen. Aber: Die FDP bemüht sich seit Jahren darum, mehr Wählerinnen anzusprechen und auch in den Parteistrukturen Frauen zu fördern. In Köln tritt die FDP zur Kommunalwahl 2020 mit einer paritätisch besetzten Liste an; innerhalb der Partei kämpft eine Gruppe Frauen darum, dass endlich mehr feministische Themen auf der politischen Agenda stehen.
Und Lindner? Dem ist das egal. Er sieht kein Problem darin, seine ostdeutsche Generalsekretärin durch einen westdeutschen Generalsekretär zu ersetzen. Das hat nichts, aber auch gar nichts mit Corona zu tun. Sondern allein mit Männern wie Christian Lindner, die Männern alles zutrauen – und Frauen nichts.