Indiskret oder unangenehm ehrlich? In den vergangenen Monaten zeichnete sich, neben bekannten Formaten wie „Millenial Money“ oder „Lohnt sich das?“, ein regelrechter Youtube Trend zur Offenheit in Geldfragen ab. Ich versuche es andersherum und lege alle Ausgaben auf den Tisch.
Witzig. Das ist nicht das erste Mal, dass ich Nike ein Thema vorschlage und danach selbst schockiert darüber bin, was für Informationen ich eigentlich über mich preisgeben will. Ganz losgelöst von This Is Jane Wayne, habe ich schon Anfang September angefangen, meine Ausgaben zu notieren. Ganz traditionell mit Stift und Papier. Was mir dabei aufgefallen ist, werdet ihr im Laufe der nächsten sieben Minuten noch erfahren, aber eine Erkenntnis will ich schon jetzt verraten: Während wir proklamieren so offen zu sein und Transparenz fördern wollen, ist Geld, auch in meinem Freundinnenkreis, zwar kein Tabu, aber nur wirklich ungern Thema der offenen Konversation.
Zu sagen, wie viel man im Monat verdient, ist die eine Sache. Offenzulegen, wofür man sein Geld verpulvert, wie viele Kröten man für ein neues Sofa hingelegt hat oder was der letzte Urlaub gekostet hat – da sieht es schon schwieriger aus. Nicht zum ersten Mal spreche ich hier über die Höhen und Tiefen des Geldthemas im Freund*innenkreis. Könnte ja für diese Woche vollkommen egal sein, dachte ich, aber nur bis zu dem Moment, in dem ich merkte, dass viele der Aktivitäten, die mein soziales Leben beeinflussen, unabdingbar mit Geld verknüpft sind. Der Kaffee um die Ecke, Ferien auf dem Bauernhof, Kaiserschmarrn zum Nachtisch. |
Da schwimmt man mit, weil man kann, da schwimmt man mit, weil man muss und merkt vielleicht erst ein Stückchen zu spät, dass man, zumindest ein bisschen, über seinen Verhältnissen gelebt hat. Mehr dazu aber im Fazit. Es folgt mein Money Diary. So ehrlich es nur geht.
Montag
Die erste Erkenntnis folgt prompt. Ich kann leider nicht einkaufen. Beziehungsweise zu gut. Ich stehe auf Vorräte, neue Rezepte und lange Streifzüge durch Supermärkte mit ganz viel Zeit. Ich kaufe meistens so viel ein, dass ich am Ende genau weiß, dass ich mich hier und da ein bisschen hätte zusammenreißen können. Am Ende kann ich von vielen Großeinkäufen aber auch gut über eine Woche leben, ohne riesige Mengen nachzukaufen.
Nach der Arbeit habe ich dann (trotz BVG Abo) ein Lime Bike nach Hause genommen. Eine immer wieder unvernünftige Entscheidung, aber man fliegt über die Straßen der Stadt, ist schneller als jede*r andere und muss sich nicht in der stickigen Bahn herumdrücken. Das Büro, in dem ich ab und zu sitze, ist im Prenzlauerberg, was mit meinem Damenrad eine wirklich unsägliche Strecke ist. Wenn ich also tapfer mit der Bahn hochfahre, gönne ich mir in der Feierabendsonne gerne mal einen Fahrspaß mit dem roten Flitzer. Der Anfang der Woche ist außerdem ein guter Moment, um für die Woche meine monatlichen Fixkosten herunterzubrechen:
Warmmiete + WLAN & Strom: 590,00€Versicherungen: 337,00€Fitnessstudio: 20,00€Abonnements: 22,00€Handyvertrag: 15,00€Jahresabo BVG (schon bezahlt) : 58,00€________________________________________1.042,00 € |
Ist das viel? Ist das wenig? Gute Frage. Auch wenn es irgendwie Überwindung kostet, diese Zahlen hier auszuschreiben, habe ich das Gefühl, dass es meinen finanziellen Entscheidungen am Ende nur helfen wird, gespiegelt zu werden, während ich nach einem Austausch über selbige schon lange suche. Das Gefühl, meine Ausgaben reduzieren zu wollen, ist auch schon häufig da gewesen. Nur genau wissen, wo und wie anzufangen ist, fiel mir schwer. Eine Liste scheint naheliegend und ist genau so erschütternd. Gebe ich jeden Monat so viel Geld für mein Leben aus?
Großeinkauf für 1,5 Wochen: 40,00€ Brezel auf dem Weg zur Arbeit: 1,50€ Lime Bike auf dem Heimweg: 4,50€ |
Dienstag
Am nächsten Tag habe ich zuerst Geld für Kaffee ausgegeben. Ich finde es beeindruckend, wie sehr meine sozialen Interaktionen von Konsum abhängig sind. Ein Spaziergang schließt da einen Kaffee auf die Hand mit ein, eine lange ersehnte Verabredung vielleicht ein Essen plus zwei Getränke. Natürlich kann ich regulieren, wo wir mehr oder weniger Geld ausgeben wollen, denke aber trotzdem häufig über inneren und äußerlichen Druck nach, wenn ich Freund*innen wiedersehen will und wir eher selten mit einem Tee in der Hand auf meiner Couch enden.
Auch Einladungen zu mir nach Hause, grundsätzlich etwas, das ich sehr genieße, kommen meiner Abrechnung meist teuer zu stehen. Auch wenn alle sehr dankbar etwas zum Essen mitbringen, bleibe ich bei den Einkäufen selten unter 30,00€ für ein vegetarisches Essen für 3-4 Personen. Natürlich alles Extras, weil derartige Besonderheiten nicht schon immer für den Großeinkauf eingeplant sind.
Kaffee zur Mittagspause 3,50€ Einkaufen fürs Abendessen mit Freunden 25,00€ |
Mittwoch
An Konsumgegenständen an sich habe ich diese Woche fast nichts, was nicht notwendig gewesen wäre, angeschafft. Ich habe Unterwäsche bei Muji gekauft (heißer Tipp) und mich bei dem Besuch in anderen Geschäften zusammengerissen. Ich hege außerdem eine riesige Liebe für Kleiderkreisel, was mich häufig vor unnützen Neuanschaffungen rettet. Ich gehe gerne bummeln oder lasse mich auf gängigen Online Shops inspirieren und kann am Abend dann Stunden damit verbringen, ähnliche Pieces bei Ubup, Kleiderkreisel oder Ebay Kleinanzeigen zu finden. Das einzige Problem: Dass diese Posten sich bei unaufmerksamem Konsum doch irgendwann im Geldbeutel bemerkbar machen, vergesse ich dann gerne mal.
Unterwäsche: 30,00€ Steppjacke Kleiderkreisel: 10,00€ |
Diese Woche war es eine gebrauchte Steppjacke, die mich vor dem Kauf des neuen Modells bei Arket abhalten konnte. Letztendlich ist der Plan also aufgegangen.
Donnerstag
Ich schaffe es immer mal wieder ganz bewusst Tage einzubauen, an denen ich nichts ausgeben muss. Das bedeutet, dass ich nichts, das ich tatsächlich brauche, besorgen muss und auf der anderen Seite auch auf die Sachen verzichte, die einem auf dem Weg ins Büro, dem Feierabend Spaziergang oder zwischendurch über den Weg laufen. Gerade in Wochen, in denen ich weiß, dass eine größere Anschaffung ansteht oder ich besondere Dinge für das Wochenende geplant habe, hilft es meinem Geldbeutel und meinem Gewissen sehr.
Während ich also noch von meinem Einkauf zehren kann und den Tag überwiegend am heimischen Schreibtisch verbringe, stellt sich auch in meinem Kopf etwas Ruhe ein, weil ich mich auf die eventuell folgenden Ausgaben vorbereiten kann und mich dabei übe, nicht unentwegt zu konsumieren, nur weil es eben die Möglichkeit gibt.
Freitag
Heute wird natürlich das Wochenende eingeläutet. Der Kühlschrank hält sich stabil, sodass an Lebensmitteln wohl bis einschließlich Sonntags nichts mehr benötigt wird. Allerdings steht ein Geburtstag an, demnach eine Paypal-Überweisung für ein Gemeinschaftsgeschenk und ein paar Blumen fürs Geburtstagskind.
Schwierig wird es oft, wenn ich merke, dass viele wichtige Geburtstage aufeinanderfallen und die Erwartungshaltung neben einer kleinen oder mittelgroßen Aufmerksamkeit über das Leistbare hinausgehen. Ein Besuch im Restaurant inklusive zwei Gänge und Getränke ist für mich ok – nicht aber jeden Monat zu gleichen Maßen und gleich gerne. Diese Anlässe scheinen sich je nach Jahreszeit immer mehr zu läppern. Ich selber will häufig sichergehen, dass zu solchen schönen Anlässen auch wirklich alle teilhaben können, ganz unabhängig davon, wie voll das Portemonnaie ist. Die Verantwortung, alle Eventualitäten abzuwägen und so vorwegzunehmen, dass es für einige Freundinnen vielleicht zur teuer ist, zur Feier des Tages Essen zu gehen, stelle ich gerne alle möglichen Optionen in den Raum und liege viel Wert darauf, dass sich dieses Verhalten etabliert, einfach, damit niemand von sich aus ein Veto einlegen muss, weil ein gemeinsames Essen an diesem oder jenem Tag vielleicht nicht drin ist.
Gruppengeschenk zum Geburtstag: 12,00€ Blumen fürs Geburtstagskind: 5,00€ Geburtstagsfeier mit Essen und Drinks: 30,00€ |
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Samstag und Sonntag
Seitdem ich den Text zu Saturday Sprials auf Man Repeller gelesen habe und mich zu 100% verstanden fühlen konnte, versuche ich mir fürs Wochenende so wenig Termine wie möglich vorzunehmen, um auch meine sozialen Bedürfnisse erst einmal abzuhören, bevor ich mich in Verabredungen stürze, die sich so kurz vorher dann doch fix wie Termine anfühlen könnten. Nebst Spaziergängen, Tee im Bett und Serien auf dem Fernseher gab es auch einige wenige Aktivitäten, die nicht „umsonst“ waren. Mit meiner Nichte und einigen Freund*innen war ich bei einem Fußballspiel, bestellte abends Essen beim Imbiss und die Ecke, besorgte mir Sonntag noch einen kleinen Strauß Lilien für zu Hause und bummelte über den Flohmarkt. Alles in allem nichts Extremes, trotzdem direkt verbunden mit Bedürfnisbefriedigung und unbedachten Ausgaben, die beim zweiten Überlegen, vor allem dann, wenn man mal aufs Geld achten will, vielleicht doch nicht so notwendig gewesen wären.
Nicht, dass ich etwas bereue, allerdings bekomme ich immer dann ein schlechtes Gewissen, wenn ich an diesen zwei Tagen doch einmal mehr an den Geldautomaten husche als geplant.
Fußball für zwei inklusive Radler und Bratwurst: 16,00€ Lilien für den Esstisch: 8,00€ Bestelltes Essen für zwei: 17,00€ Flohmarkt Fund: 5,00€ |
Kassensturz
Diese Woche habe ich 207,00€ ausgegeben. Für mich lag sie damit auf jeden Fall auf der teureren Seite. Einige Anschaffungen fielen an und ab und zu habe ich mich im Eifer des Gefechts und im Sturm auf den Geldautomaten zu sehr gehen lassen. Dass das total ok ist, weiß ich zwar, dass es im besten Fall aber nicht jede Woche so aussehen sollte, ist mir auch bewusst. Nun mag diese Summe für einige Menschen extrem hoch, für andere eher niedrig sein.
Ich merke allerdings, dass Transparenz in Geldfragen mir selber total dabei hilft einzuschätzen, ob ich zu lesefair mit meinen Ausgaben bin, ob es ein doofer Zufall oder eben eine dauerhaft kostspielige Angelegenheit ist, dass alle Geburtstage nach und nach in die Brasserie verlegt werden. Ich räume mir noch ein bisschen Zeit ein, mit meinem nicht festen Gehalt einen Rhythmus zu finden und vor allem im Zuge eines noch recht frischen Umzugs nicht zu streng mit mir zu sein.
Über Spar-Tipps und Tricks aus der Community oder vielleicht sogar Zahlen, die ihr mit uns teilen wollt, würde ich mich allerdings sehr freuen. Ich werde mir allerdings weiter angewöhnen, meine Ausgaben zumindest ein bisschen zu tracken. Einfach zu reflektieren, wofür das Geld denn diese Woche draufgegangen ist, macht nicht nur Spaß, sondern hält mich am Ende davon ab, Fehler zu wiederholen.