Nachgefragt: Christl Clear über toxische Schönheitsideale, das Älterwerden & ihre liebsten Bücher

Nach einer viel zu langen Pause melde ich mich heute mit einer neuen Folge unserer „Nachgefragt“-Reihe: Dieses Mal stellte sich die wunderbare Christl Clear meinen neugierigen Fragen. 

Bereits seit 2012 bloggt die Österreicherin Christl Clear auf ihrem gleichnamigen Blog, schreibt etwa über Bodyshaming, Rassismus und Mode. Auf ihrem Instagram Account teilt sie neben ihren Outfits auch persönliche Gedanken — ihren Stil beschreibt sie als „Infotainment“ und ist dabei nicht nur unterhaltsam, sondern auch wahnsinnig sympathisch. In unserem Interview hat sie erzählt, was auf ihrem Nachttisch liegt, wann sie das letzte Mal traurig war und was sie tun würde, wenn sie Kaiserin von Österreich wäre. 

Welche drei Bücher konntest du nicht mehr aus der Hand legen?

1. „Born a Crime“ von Trevor Noah. 

Diese Buch ist ein Meisterwerk. Es hat mich zum Lachen und zum Weinen gebracht. Und obendrein hab ich wahnsinnig viel über die südafrikanische Geschichte gelernt, die man ganz dringend kennen sollte.

2. „Generation Haram“ von Melisa Erkurt.

Ein Buch, das das Schulsystem kritisch beleuchtet und zwar aus der Perspektiv einer fabelhaften Frau mit Migrationshintergrund. Es ist leicht verständlich geschrieben und thematisiert, dass man als Schulkind mit Migrationshintergrund rein theoretisch keine Chancen haben kann, warum das so ist und was sich ändern muss, damit kein Schulkind auf der Strecke bleibt. So wichtig, so gut.

3. „We should all be Feminist“ von Chimamanda Ngozi Adichie.

Es ein Handbuch für Feministinnen und all jene, die es werden wollen und sollen. Also alle Menschen. Die Autorin ist Nigerianerin und hat schon vorher ein paar Bücher geschrieben, die mich schwer abgeholt haben. Außerdem hat Beyoncé sie in ihrer Hymne „Flawless“ gefeatured. Besser wird’s eh nicht mehr.

Wann bist du so richtig entspannt?

Überall dort, wo ich keinen Handyempfang habe.

Und wie fängt für dich ein guter Morgen an?

Ein guter Morgen beginnt für mich mit Musik, warmem Zitronenwasser und/oder Sex.

Was bedeutet für dich Schönheit?

Schönheit bedeutet für mich Persönlichkeit. Egal ob Mensch oder Sache, wenn es in irgendeiner Art und Weise Ecken und Kanten hat, finde ich es meist schön. Aber das ist natürlich Ansichtssache und hat zumindest aus meiner Perspektive absolut nichts mit irgendwelchen toxischen Schönheitsidealen zu tun, die wir möglichst bald im Keim ersticken sollten.

Wie fühlst du dich dabei, älter zu werden?

Ich liebe es. Für mich ist jedes Jahr, das ich erleben darf ein Geschenk. Es klingt so kitschig, oder? Aber es ist wirklich so. Ich fühl mich auch mit steigendem Alter wohler in meiner Haut und nehme ich mich immer ein bisschen weniger ernst. Das ist herrlich und befreiend.

Zeigst du uns deine Interior-Schätze? 

1.

Wir haben zwei von diesen Ohrensesseln und ich bin davon überzeugt, dass das Universum wollte, dass wir sie besitzen. Sie waren so günstig, dass die Reinigung mehr gekostet hat als die Sessel selbst. Hahahah! Aber es war eine tolle Investition. Ich habe in diesem Sessel schon sehr viele Stunden mit fernsehen, lesen und schlafen verbracht.

2.

Wir waren kurz davor eine horrende Summe für einen Glasluster zu bezahlen, als meiner Schwiegermutter eingefallen ist, dass irgendwo im Keller noch der Luster der Uroma herum liegen müsste, den keiner wollte … außer uns! Mittlerweile haben wir heraus gefunden, dass es sich um einen Kristallkronleuchter im Maria Theresien Stil handelt, der perfekt in unser Wohnzimmer passt.

3.

Ich werde regelmäßig von meinen Followern auf das MTV-Bild angesprochen, dass über unserem Sofa hängt. Das ist aus der Zeit, in der Markus in der Schweiz bei MTV gearbeitet hat. Es war ein Geschenk und er hat es Gott sei Dank aufgehoben. Es ist der Stilbruch, den unser Wohnzimmer braucht.

Was liegt/steht auf deinem Nachttisch?

Zugegebenermaßen ein bisschen Staub, zwei Star Wars Bücher, weil ich erst vor kurzem Bettseiten mit meinem Mann gewechselt habe, der Lavender & Musk Pillow Mist von Jo Malone, eine Ladefläche für mein Telefon und meine Smartwatch, eine Nachttischlampe und ein kleiner Tiegel der Ultra Facal Cream von Kiehls, damit ich nicht vergesse mein Gesicht vor dem Schlafen gehen einzucremen.

Wann warst du zuletzt traurig?

Ich saß letztens in einer Runde von tollen Frauen — manche kannte ich gut, manche weniger gut. Unsere Gesprächsthemen sind relativ schnell persönlich und sehr offen geworden. Wir haben über Traumata, toxische Beziehungen, Fehlgeburten und schwere Kindheiten gesprochen. Es war so traurig, aber gleichzeitig so heilend im Kreise dieser fabelhaften Persönlichkeiten zu sitzen und zu sehen, wie sie heilen. Es hat aber trotzdem ein paar Tage gebraucht, um all diese Geschichten zu verdauen. Ich hab nämlich auch an die Frauen denken müssen, die nicht so viel Glück im Unglück hatten und das macht mich jetzt auch noch etwas traurig.

Und wovor hast du Angst?

Dass den Menschen, die ich liebe, etwas zustoßen könnte.

Was hat dir in letzter Zeit richtig gute Laune bereitet?

Solidarität und meiner Nichte beim Wachsen zuzuschauen.

Welche drei Kleidungsstücke möchtest du nicht mehr missen?

1. Mein Brautkleid:

Mein Freund Goran Bugaric hat mein Kleid kreiert und von Hand genäht. Es ist nicht nur perfekt gesessen, es hat auch Taschen und er hat mir ein Stück Stoff von einem Hemd meines verstorbenen Vaters in das Futter des Kleides an der Stelle meines Herzens eingenäht. So war mein Papa trotzdem Teil meiner Hochzeit. Das Kleid gebe ich nie wieder her.

 
 
 
 
 
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2. KOTD Bloodline Rain Hoodie

Meine Freundin Leni Charles hat vor ein paar Jahren das Fashion-Movement „Kids of the Diaspora“ gegründet. Es hat mit einem T-Shirt begonnen und hat mittlerweile mehrere Kollektionen. Der Bloodline Rain Hoodie ist mein absolut liebstes Teil. Ich nenne ihn meinen „Power-Hoodie“, weil ich das Gefühl habe, dass er mit ganz viel Kraft gibt. Ganz abgesehen davon, dass ich die Farbe genau so wie die Message hinter dem Movement liebe.

3. Vintage-Kleid

Ich hab vor ein paar Jahren in einem Vintageshop dieses Max-Mara-Kleid gefunden und es für 35,– gekauft. Ich habs nicht einmal anprobiert, weil ich es im Notfall einfach meiner Schwester oder einer Freundin geschenkt hätte. Aber es sitzt perfekt und ich habe beschlossen, dass es für immer meines sein wird.

Wie verbringst du einen freien Tag am liebsten?

Mit schlafen, essen, fernsehen, lesen, Kaffee trinken und im Idealfall mit meinem Mann, meinen Freundinnen und Freunden und meiner Familie.

Was tust du, wenn du dich absolut nicht motivieren kannst?

Wenn gar nichts mehr geht, drehe ich eine Runde um den Block. Sollte es dann immer noch nicht besser sein, lass ich es bleiben. Das kann ich mir aber auch nur erlauben, weil ich selbstständig bin.

Welches Lied läuft bei dir auf Repeat?

Puh, das sind ganz viele. Aber, wenn ich mich für eines entscheiden müsste, wäre es „I’m every Woman“ von Whitney Houston. Ich liebe aber „Was auch immer“ von Joy Denalane. Und „Whoa“ von Snoh Aalegra. Und „Juicy“ von Biggie Smalls geht auch immer. Vielleicht sollte ich an dieser Stelle erwähnen, dass es keinen Sinn macht, mich dazu zu zwingen mich für einen Song zu entscheiden. Musik ist eine meiner größten Leidenschaften. Ich hab gefühlt 289863 Lieblingslieder. Hahahah

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Was würdest du immer wieder tun?

Mich entschuldigen, wenn ich jemanden verletzt habe. Meinen Mann heiraten. Mich selbstständig machen.

Und was hättest du lieber anders gemacht?

Als Teenager die Macht der Mascara ernst genommen.

In welchem Outfit fühlst du dich am wohlsten?

In einer Kleid-Sneaker-Kombi. Meine Schuhe schmerzen nicht und meine Schenkel haben Platz.

Was steht zurzeit auf deiner Wunschliste?

Ausschlafen. Das Ende von Covid. Mehr Frauen/People (of Color) in Führungsposition und in der Politik. Diese rote Vintage-Fendi-Tasche, die ich seit Tagen in einem virtuellen Warenkorb habe.

 
 
 
 
 
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Welches sind deine liebsten Modemarken?

Who What Wear, Kids Of The Diaspora, Gestuz, Nike, Edited, Sabinna

Wer oder was ist deine größte modische Inspirationsquelle?

Ich glaub mein Alltag, der keiner ist. Ich liebe Trends, aber ich liebe es auch sie zu ignorieren und mich darauf zu fokussieren, dass mein Outfits stylish, aber bequem sind.

Auf welche drei Beauty-Produkte möchtest du nicht mehr verzichten? 

1.

Ich liebe Lippenstift. Roten ganz besonders. Und ich bin auch davon überzeugt, dass er jeder Frau steht, sofern man den richtigen Ton erwischt. Dieser hier von Rouge Dior in der Farbe „Nr.872 – Victoire“ ist superdeckend und schön. Ich trag ihn halt immer erst auf, wenn ich die Maske abgenommen habe.

2.

Der Superlast Eyeliner von Essence, but make it waterproof. Ich glaub es gibt keinen besseren da draußen und er kostet nicht einmal € 3,–!

3.

Molecule 234-38 von ZarkoParfume: Weil es ein Molekularduft ist, habe ich tatsächlich keine Ahnung wie es an mir riecht und genau das liebe ich an ihm. Ausserdem bekomme ich die nettesten Komplimente, weil ich angeblich gut rieche und wer mag schon keine Komplimente.

Was tust du für deinen Körper?

Ich mache regelmäßig Sport, erlaube mir Auszeiten, versuche meine Emotionen nicht zu unterdrücken. Ich lasse mich auch regelmäßig untersuchen und wenn ich ein Bauchgefühl habe, dann gehe ich dem auch nach.

Auf welches Rezept greifst du immer wieder zurück, wenn du zu Hause bist?

Es gibt ein 20-Minuten Trüffelpasta-Rezept, das mich immer von innen wärmt, wenn ich es gerade brauche.

Lieblings-Snack?

Essig-Chips und Karamell-Popcorn … eigentlich alles, was mit Karamell zu tun hat.

Die beste Doku?

Die Ruth Bader Ginsburg Doku war so inspirierend. Aber eigentlich habe ich eine Schwäche für Dokumentationen über Musik & Musiker. Das war schon als Kind so und hat sich bis heute nicht geändert. Deswegen bin ich Netflix auch für jede Musikdokus dankbar, ich habe sie nämlich alle gesehen. Alle. Hahahah!

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Was ist dein Beitrag zu einer besseren Gesellschaft?

Ich hoffe meine Social Media Präsenz, die hoffentlich so facettenreich und infotaining ist, dass meine Follower regelmäßig zumindest eine Kleinigkeit daraus mitnehmen können.

Wo shoppst du am liebsten für Interior?

In den Caritas-Lagern in Wien und auf dem Instagram Account C’est Design von meiner Freundin Deea.

Wie verbringst du deinen Samstagabend am liebsten?

Mit Menschen, die ich liebe. Essend, Schlafend, draussen, auf dem Sofa, Shoppend, Kuschelnd, Lachend.

 
 
 
 
 
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Mit welchem Schmuck behängst du dich am liebsten? 

1.

Die Afrika-Ohrringe habe ich von meiner Freundin zum Geburtstag bekommen. Sie bedeuten mir so viel, weil sie genau das verkörpern, wofür ich stehe. Sind auffällig, repräsentieren meine Wurzeln und meine Liebe zu Afrika und sie geben mir immer einen Girl Magic – Boost, wenn ich ihn brauche.

2.

Mein Ehering: Wir haben unsere Ringe bei Heirs Accessoires mitdesignen dürfen und haben das schamlos ausgenutzt. Lauren, die Designerin des Labels, hat uns auf die Idee gebracht neues Gold mit altem Familiengold zu mischen. Sie war auch an vorderster Front dabei, als ich ihr gesagt habe, dass ich gerne einen Ehering mit Twist hätte und hat auch nicht mit der Wimper gezuckt, als wir ihr gesagt haben, dass wir gerne „May The Force Be With Us“ in unsere Ringe eingravieren möchten. Sie hat uns sogar bestärkt es in unseren eigenen Handschriften zu machen. Mein Ehering steckt also voller Liebe (zum Detail) und Symbole, er ist mein absolutes Lieblingsstück.

3. 

Anhänger: Meine Mutter hat meiner Schwester und mir vor Jahren Anhänger mit den Anfangsbuchstaben unserer Vornamen geschenkt. Damals fanden meine Schwester Rita und ich die Idee so kitschig, aber jetzt – mit steigendem Alter – weiß ich das mehr zu schätzen denn je. Vor allem, weil ich erst vor Kurzem gesehen habe, dass sie auch einen hat und wir drei so auf eine ganz spezielle Art verbunden sind.

Was hilft dir beim Einschlafen?

Das Lavendel Kissen-Spray von Jo Malone und Körperkontakt mit meinem Mann. Wobei ich wesentlich besser schlafe, wenn er nicht da ist.

Und was würdest du tun, wenn du Königin von Deutschland (Kaiserin von Österreich) wärst?

Ich würde viel mehr Frauen an die Macht lassen, das österreichische Bildungssystem so verändern, dass möglichst wenig Kinder auf der Strecke bleiben und auch niemand ausgegrenzt wird, ich würde Periodenprodukte kostenlos verteilen, das Mindesteinkommen erhöhen. Anti-Rassismus, Anti-Diskriminierung und Ethik als Hauptfächer in der Schule einführen. Das Wahlsystem (dass es in meiner Monarchie gäbe) so hingegen ändern, dass Menschen, die in Österreich seit einer bestimmten Anzahl an Jahren hauptgemeldet sind, wählen dürfen. Ich würde mehr Begünstigungen für Alleinerziehende einführen. Die Pille mit all ihren Nebenwirkungen von, von der Pharmaindustrie losgelösten, Forschern neu erforschen lassen und psychologische Beratung von der Krankenkasse übernehmen lassen. Außerdem würde ich das Gendern von Beautyprodukten verbieten, junge Künstler und Sportler fördern und eine eigene Schuhkollektion auf den Markt bringen. As a matter of fact, würde ich alles umkrempeln, fairer und nicht so männerfreundlich gestalten.

Zuletzt: Zu welchen Accessoires greifst du immer wieder? 

1.

Sneaker: Ich wohne sehr zentral und gehe daher viel zu Fuß. Das geht in Sneakern einfach am allerbesten und schnellsten. Abgesehen davon, dass fast jeder Look, den man mit Sportschuhen kombiniert, irgendwie einen Touch stylischer aussieht.

 

 
 
 
 
 
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2.

Vintage-Gucci-Plus-Tasche: Gucci Plus war in den 80ern eine losgelöste Marke von Gucci, weil einer der Geschwister aus dem Familienbusiness aussteigen und sein eigenes Label gründe wollte. Der Plan ist nicht aufgegangen und das Label relativ schnell gefloppt. Deswegen gab es nur wenige „Gucci Plus“ Teile. Das macht sie zur absoluten Rarität. Was ich allerdings noch mehr liebe als den Logoprint, ist die Symbolik hinter der Tasche. Sie steht in meinen Augen für Rebellion und zumindest dem Versuch dem System zu trotzen. Genau meins.

3. 

Mundschutz:

Vielen Dank! 

Mehr von Christl Clear findet ihr auf Instagram und auf ihrem Blog.

 

 
 
 
 
 
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Nachgefragt: Christl Clear über toxische Schönheitsideale, das Älterwerden & ihre liebsten Bücher

  1. Bettina

    Christl ist so eine inspirierende Person. Danke für dieses Interview/Vorstellung. Ich folge ihr schon seit langem und habe so viel von ihr gelernt. Weiter so!

    Antworten

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