Collage: ©Zeewipark
Ich neige dazu, immer und immer wieder zu betonen, dass wir es bald geschafft haben, dieses verrückte Jahr 2020. Dass es bald zu Ende ist und puh, dass mich dieser Umstand wahnsinnig glücklich machen wird. Natürlich weiß ich aber sehr wohl, dass vieles von dem, was uns 2020 fast schon ohnmächtig machte, auch 2021 nicht vom Tisch ist – vielleicht sogar im Gegenteil. Und dennoch: Die erste Hürde ist geschafft, oder?
Eines muss man diesem Jahr aber trotzdem lassen: Es hat eine Gesellschaft wachgerüttelt und auf die Straßen getrieben, Solidarität eingefordert und für mehr Gleichheit gemahnt. Es hat uns an uns runterschauen lassen und Privilegien bewusster gemacht, Benachteiligten endlich eine Stimme gegeben und große Missstände benannt. Vielleicht war es genau aus dem Grunde kein einfaches Jahr, weil wir in den letzten Jahrzehnten (und darüber hinaus) eben auch einfach einiges verbockt haben. Das bedeutet jetzt nicht, dass ich gänzlich meinen Frieden mit 2020 finden werde, aber es markiert ganz bestimmt wichtige (und vielleicht notwendige) Veränderung für alle Jahre, die folgen.
Was habe ich persönlich gelernt, oder besser: geschafft? Ganz schön viel. Fünf Dinge möchte ich davon mit euch teilen:
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1. Ich bin genug.
Mitte des Jahres zwang mein Körper mich mit einem ziemlich unangenehmen Hörsturz in die Knie, nachdem ich bildlich gesprochen wirklich und wahrhaftig nicht auf die ersten Anzeichen hören wollte. Zwei Kinder, Corona, Lockdown, die Arbeit und der Drang, in diesen wirtschaftlich unsicheren Zeiten erst recht innovativ zu sein und noch mehr Gas zu geben, machten mich wohl völlig fertig. Ich wollte so viel und wusste irgendwann nicht mehr, wie ich das alles mit Passion und großartigem Output noch verbinden sollte. Ich vergaß mich komplett und schaute stattdessen nur noch nach links und nach rechts, um irgendwie bloß den Anschluss zu finden und möglichst alles irgendwie OK abzuliefern. Natürlich scheiterte ich, schließlich hatte ich den Eindruck, nie genug zu meistern und anderen nie gerecht zu werden. Ich entschied mich schließlich, vor allem aufgrund der Rückendeckung meines Teams, mir eine kleine Pause zu nehmen, um mich zu berappeln, in meinem Tempo aufzustehen und um mich zu sortieren. Eines stand dabei ziemlich schnell fest: So richtig allein, also ohne Hilfe von außen und in Form einer unterstützenden Therapie, wird das wohl nachhaltig nichts mit den neuen Pfaden und dem gütigeren Umgang mit mir selbst. Und trotzdem: Allein die Offenheit und die Auseinandersetzung mit mir selbst markierten einen heilsamen Anfang. 2021 will ich das Thema also noch einmal angehen, bevor sich das Chaos in meinem Kopf wieder vollends verknotet und sich meine verschiedensten Baustellen wieder ins Unermessliche stapeln. Eines muss ich mir so lange nun also selbst immer wieder vor Augen halten: Ich bin genug.
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2. Mutig sein kann glücklich machen.
Seit vielen Jahren schon überlege ich fieberhaft, was ich mit dem kleinen (recht schweren) Erbe, das mir mein Vater hinterlassen hat, anstellen kann. Irgendetwas für immer sollte es sein. Irgendetwas, dass vielleicht auch in seinem Sinne gewesen wäre. Zu erben ist ein wahnsinniges Privileg, es markiert aber auch einen schweren Verlust und eine Last und gerade die beiden letzten Tatsachen machten mir jahrelang schwer zu schaffen. Im Januar, bei einem Neujahrsspaziergang mit unseren besten Freunden, fasste ich also den Entschluss, in diesem Jahr endlich mutig zu sein und Verantwortung für mein Erbe zu übernehmen. Ich wollte ganz solide kaufen. Nicht irgendetwas, sondern ganz vielleicht ein minikleine Wohnung in der Stadt oder ein Projekt auf dem Land, das am Wochenende aufgesucht und hergerichtet werden könnte. Vier Jahre lang verfolgte ich schon meine (wenigen) Push-Benachrichtigung für eine Eigentumswohnung, die zur Eigennutzung in Frage kommen sollten, doch es schien aussichtslos und ich wollte das Eigenheim-Thema längst begraben. Also neu denken, dachte ich mir. Und dann kam alles auf einmal wie gewünscht – und schwuppdiwupp ging es im August ganz schnell. Weil alles irgendwie passte, ein Kredit über 30 Jahre mit meinem Partner zusammen machbar erschien und auch, weil wir beide es mehr denn je wollten. Also trauten wir uns, vielleicht auch, weil wenig Zeit zum Grübeln blieb. Das Schönste aber ist: Wir bereuen unseren Schritt seither kein bisschen. Vielleicht auch, weil wir unser Glück noch immer kaum fassen können, mit dem Vorbesitzer-Ehepaar zwei unfassbar nette und liebe Menschen getroffen haben, es uns mit der Lage und der Größe nicht besser hätte treffen können und, nicht zuletzt, mit dem handwerklichen Geschick und der Muße unserer Freunde, die uns bei allem so wahnsinnig unterstützt haben, alles schaffen konnten. Noch immer versuche ich, all das zu begreifen, zu fassen und zu fühlen. Stolz bin ich trotzdem. Und unendlich dankbar.
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3. Kinder haben und trotzdem unerwachsen, ziemlich unperfekt und unvernünftig sein.
2020 war auch das Jahr, in dem ich zum ersten Mal so richtig begriff, dass ich ja nun Mama von zwei kleinen Herzen bin. Dass ich doppelt Verantwortung trage, alles vielleicht auch manchmal doppelt anstrengend ist. Und trotzdem lernte ich, dass es vollkommen OK ist, nicht alles wissen zu können, täglich weiterlernen zu dürfen und oft, oder vielleicht regelmäßig, Fehler machen zu dürfen. Wir tragen nicht selten das Bild von Eltern als Übermenschen in uns, die alles mit Fingerschnips erledigen und immer eine Lösung für jede Eventualität parat haben. Aber nein, Quatsch mit Soße! Ich bin vielleicht älter als meine Kinder, aber auch in mir schlummert zuhauf das Bedürfnis, mich auf den Boden zu schmeißen, Löffel durch die Gegend zu werfen, zu stampfen und zu heulen oder ein Kabel aus Wut anzukauen. Nun gut, vielleicht weiß ich, dank meiner 33 Jahre, dass mich so ein Verhalten auch nicht immer weiterbringt, aber natürlich geht es mir regelmäßig so und gedanklich bin ich dann ganz auf Augenhöhe meiner Kinder.
Also versuche ich den Ernst öfter mal vor mir herzuschieben und regelmäßig kopflos zu sein, wie eben mit Mitte 20, viel zu spät ins Bett zu gehen, um mich lieber mit Freund*innen bis in frühe Morgenstunden zu verquatschen oder irgendwann auf dem heimischen Küchentisch zu tanzen und zu singen. Verschlafen bin ich dann um sechs Uhr morgens, verkatert manchmal auch. Und trotzdem fühle ich mich lebendiger, obwohl ich nicht um neun Uhr aus Vernunftgründen ins Bett gegangen bin. Das geht natürlich nicht jeden Abend, aber hin und wieder muss es sein. Ich kann es also schon jetzt kaum mehr erwarten, irgendwann wieder richtig feiern zu gehen, bis in die Morgenstunden irgendwo zu sein, mich freier zu fühlen und auch mal wieder kopfloser zu sein. Herrje, wie sehr ich das vermisse.
4. Ein Hoch auf die Freundschaft!
Ich habe schon so oft versucht, anzukommen und meine Mitte zu finden. Was anfänglich oft hervorragend funktionierte, endete trotz vieler Verbesserungsvorschläge meistens wieder in einem ähnlichen Auf und Ab. Eines aber habe ich mittlerweile gelernt: Auch wenn ich mal wieder durch das Leben wabble, weiß ich, was ich ansteuern muss: Meine Freund*innen aka meine kleinen Inseln, auf denen ich sofort Halt finde und mich ratzfatz besser fühle. Inseln, die es vermögen, mir ein gutes Gefühl zu geben, auch wenn in mir gerade mal wieder alles durchgeschüttelt ist.
Hin und wieder schwimme ich zwischen ihnen also wirsch umher, aber ein Besuch bei ihnen lässt Sorgen oft unendlich weit wegpusten. Dann fühle ich mich gut, verstanden und nicht ganz so quakig, wenn ihr versteht, was ich meine. Dann kann ich wieder aufs offene Wasser und es noch mal mit dem Schwimmabzeichen versuchen, wohlwissend, dass ich wiederkommen kann und aufgefangen werde. Was mir also gerade in diesem Jahr sehr geholfen hat: Emphatische Menschen um mich herum, bei denen ich mich nicht rechtfertigen musste, sondern einfach auf geduldiges Verständnis stieß. Gerade dann, wenn man zwischen den Inseln etwas verloren scheint, wirken sie wie kleine Rettungsringe, um nicht den Kurs zu verlieren. Ich danke so!
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5. Den Alltag pausieren lassen.
Ich weiß ja nicht, wie es euch erging, aber eine Sache machte mich 2020 völlig fertig: Die Gleichschaltung meines Alltags. Aufstehen, Kinder mit allem Pipapo versorgen, die Wohnung verlassen und die Kids schließlich in der KiTa abwerfen. Umgehend an den Schreibtisch steuern und dort bis zur Mittagspause festsitzen, um anschließend rasch weiterzuarbeiten und die Kinder pünktlich wieder von der KiTa abzuholen. Danach das Nachmittagsprogramm daheim absolvieren, weil es draußen längst viel zu dunkel ist, ein langweiliges Abendbrot schmieren und die Kinder anschließend wieder für das Bett fertigmachen, um noch mindestens drei Stunden für sich zu verplempern, sofern die Arbeit gerade nicht ruft oder der Kopf eh viel zu Matsche ist, um noch etwas mit Sinn und Verstand auf Papier zu bringen. Ich hoffe, ihr seid noch nicht weggeduselt, denn Achtung, jetzt geht’s eigentlich erst los: Nach fünf Tagen in diesem kleinen Trott, wurde am sechsten die Pause eingeläutet und pünktlich zum Wochenende wurde mit Liebe und ganz viel Bewegungsdrang das Wochenende eingeläutet. Dann ging es raus in die Natur, also möglichst dahin, wo niemand sonst war. Dann wurden alle Müssens verbannt. Für 2021 habe ich mir außerdem vorgenommen, mein Handy am Wochenende auszumachen und mich nicht länger über irgendwelchen Nachrichten zu ärgern. Ich will es in regelmäßigen Abständen so schön wie nur möglich haben und ganz da sein, wo ich gerade bin. Ohne Ablenkung, ohne Sorgen oder irgendeinen anderen Quak. Und noch mehr steht für 2021 (hoffentlich!) auf dem Plan: Wieder mehr alleine unternehmen und Zeit für mich im Alltag einplanen. Alleine Selbstverständliches unternehmen und alleine meine Zeit vertrödeln, jawohl. Much needed.
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Was ich mir für 2021 außerdem wünsche? Vielleicht wieder etwas mehr Leichtigkeit, wohl aber ein bisschen mehr Einigkeit – nicht in Bezug auf Meinungen, die dürfen und müssen und sollen unterschiedlich bleiben, aber in Bezug auf unsere Gesellschaft. Die droht nämlich auf unterschiedlichsten Ebenen mehr und mehr zu spalten. Außerdem hoffe ich sehr, dass wir noch ein klein wenig Geduld aufbringen, um die Corona-Maßnahmen einzuhalten und andere nicht zu gefährden. Ich wünsche mir mehr Toleranz und Akzeptanz, mehr Lebendigkeit und weniger Hass. Ja, das wünsche ich mir.
So, nun aber alle husch an eure Laptops und den OOO Autoresponder einschalten. Kaddie hat dafür die perfekte Vorlage:
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Bleibt gesund und passt auf euch auf!