Wir machen eine kleine Pause und verabschieden uns mit uns ein paar persönlichen Worten in die Ferien und den Lockdown.
Vergangene Woche erreichte mich eine Mail vonseiten der Schulleitung. Frohe Weihnachtsgrüße. Weiterzuleiten an alle anderen Eltern unserer Klasse. Ganz so, als besuchten diese Schule mitten in Kreuzberg ausschließlich Leute christlichen Glaubens. Das kam mir komisch vor, weshalb ich mich erst bedankte und dann sehr höflich vorschlug, im Sprachgebrauch auch all jene wunderbaren Menschen mitzudenken und mitzumeinen, die aus unterschiedlichsten Gründen keinen Besuch vom Weihnachtsmann bekommen. Geschweige denn vom Christkind. In Gedanken hörte ich es, vielleicht vor lauter Gewöhnung, schon mächtig hinter meinem Rücken motzen. Weil: „Nichts darf man mehr sagen.“ Aber nix da. Keine zwei Minuten später fand sich folgende Antwort in meinem Postfach: Finde ich super! Danke für den Einwand. Still, heimlich und auch ein bisschen ertappt, dachte ich: Auch das ist also 2020 – ein Jahr, das uns Empathie lehrte. Genauer hinzuhören. Ein besserer Mitmensch werden zu wollen. Und es auch wirklich so zu meinen. An dieser Stelle wiederhole ich mich also gern:
Liebes Jahr 2020, du hast uns viel abverlangt. Aber auch beigebracht. Über die Bedeutung von Herkunft, über kaputte Systeme und gesunden Menschenverstand, über Rassismus, Klassismus, Privilegien und Polizeigewalt, über Zusammenhalt. Im Großen wie im Kleinen. Wir mussten der Gesellschaft, die uns prägt, entgegenblicken, sie und uns hinterfragen. Lauter werden. Uns reflektieren und korrigieren. Auf andere Acht geben. Aber auch auf uns selbst. Denn 2020 war vor allem ein Jahr der Krisen. Unter den Auswirkungen von „Corona“ leiden wir alle, auf unterschiedlichste Weise.
Wir haben es zweifellos sehr gut. Und doch stießen wir während der vergangenen Monate aus ganz unterschiedlichen Gründen an unsere Grenzen. Ihr und auch wir, jede einzelne von uns. Das allein muss noch kein unüberwindbares Desaster sein. Vielleicht können wir sogar Schlüsse aus unserem Scheitern ziehen, Veränderung einläuten. Noch besser wär es aber, den Begriff „Scheitern“ gänzlich zu streichen. Was meint er überhaupt? Was will er von uns? Stattdessen: „Ich habe es nicht geschafft.“
Darauf ließe sich viel leichter antworten: Egal. Oder: Nicht schlimm. Weil dieser kleine Satz mehr nach Einsicht klingt als verbal zu katastrophisieren, was ohnehin für den Moment nicht zu ändern ist. Es ist nicht immer möglich, aus Rückschlägen positive Erkenntnisse zu ziehen, das ist mir bewusst, aber allein der Versuch dessen könnte es wert sein. Die Launologie jedenfalls meint, dass das Suchen nach Hoffnungsschimmern in der Misere sogar sehr wichtig sei für unsere emotionale Kompetenz. Ich hielt diesen utopischen Gedanken zunächst für großen Quatsch – bis ich es selbst versuchte und schnell merkte: Da könnte etwas dran sein.
Denn manchmal sind ja vielleicht gar nicht wir verkehrt. Sondern die Anforderungen an uns bescheuert. Und viel zu viel.
Wir machen also eine Pause. Bis zum 11. Januar.
Bleibt gesund, passt auf euch auf und lasst euch noch eines gesagt sein:
Danke. Von ganzem Herzen. Dafür, dass ihr uns (persönlich) wachsen lasst.
XX
Nike und das gesamte Jane Wayne Team.