Nur gut, dass angeregt durch smarte Leser:innen und Redaktionsmeetings der Kassensturz ins Leben gerufen wurde. Ein Format, in dem die This Is Jane Wayne Community über Geld, Routinen, Ausgaben und Einahmen plaudern darf und soll. Keinesfalls ein neu erfundenes Rad. Dafür aber ganz offen und ehrlich erzählt, damit auch ihr etwas von der viel besungenen und dringend notwendigen Transparenz in Sachen „über Geld reden“ habt. Jedes Mal eine andere, neue Lebensrealität.
Habt ihr vielleicht sogar selber Interesse und Zeit wie Energie, eine Woche mit uns zu porträtieren? Vielleicht auch Tipps und Anregungen für unser Format? Lasst uns gerne einen Kommentar da.
R ist studierte Germanistin und Musikwissenschaftlerin und lebt mit ihrem Mann und zwei Kindern in Hamburg |
Ich bin R, werde bald 38 und lebe mit meinem Mann und unseren zwei Kindern in Hamburg. Hier ist mein Mann geboren, hier habe ich Musikwissenschaften und Germanistik studiert. Eigentlich komme ich aus Ostfriesland, aus einem Mini-Dorf. Für meinen zweiten richtigen Job zog ich im März 2012 nach Berlin, davor habe ich zwei Jahre lang nach dem Studium viele kleinere und einen zumindest finanziell etwas ernster zu nehmenden Job gemacht. Mein Freund T und ich haben 2013 geheiratet, vor allem aus finanziellen Gründen. T hat damals noch studiert – er hat ewig alles Mögliche studiert, am Ende bzw. vor drei Jahren wurde er mit 40 als Lehrer angestellt, mittlerweile hier in Hamburg auch verbeamtet. Über drei Jahre haben wir also von meinem Gehalt gelebt.
Inzwischen sieht das etwas anders aus. Für beide Kinder habe ich jeweils 10 Monate Pause gemacht, danach wieder voll bzw. 75 % gearbeitet. Der Umzug nach Hamburg hat mich in eine 50 %-Stelle bugsiert. Ich war froh, überhaupt etwas in meinem Bereich zu finden, die Szene ist ultraklein. Deshalb habe ich das und die damit verbundene Reduzierung des ohnehin schon schlechten Gehalts in Kauf genommen. T hat schnell eine Vollzeitstelle gefunden, was mit seinen Fächern wirklich ein Glück ist. Und jetzt leben wir – ohne es eigentlich antizipiert zu haben – in einer klassisch-traditionellen Familiensituation: Ehemann verdient mehr als die Frau. Und das trotz meiner Nebenverdienste als Freie (die natürlich in diesem Jahr sowieso ein Witz oder vielmehr nicht vorhanden sind) und der Aufstockung auf 75 %.
Wir teilen uns die Care-Arbeit/Hausarbeit gerecht und nach Vorlieben auf. Ich bringe die Kinder immer in die Kita, weil T so früh aus dem Haus muss. Er holt oft ab. Er kocht, ich mach die Wäsche, putzen finden wir beide doof. Wir haben jeder ein eigenes Konto und ein gemeinsames. Was irgendwann mal groß geplant und mit hehren Ideen verbunden war, sieht am Ende so aus, dass die Miete von Ts Konto abgeht, der Strom von meinem, mein Gehalt aufs gemeinsame Konto, mein frei verdientes Geld auf meins – ganz schön unsinnig alles. Ich weiß trotzdem ziemlich genau, was wo wie passiert und frage T immer nach seinen Kontobewegungen, die er mir dann mitteilt.
Das ist eigentlich auch schon der wirklich einzige finanzielle Tipp, den ich von meiner Mutter bekommen habe. Und den ich beherzige: „Immer aufs Konto gucken, um zu wissen, was da abgeht. Nicht aus lauter Angst die Augen verschließen.“ Sie hat das auf die harte Tour lernen müssen, mit meinem Vater viele Schulden gemacht und erst spät gelernt, mit ihrem Geld umzugehen. Wir sind nur selten in den Urlaub gefahren, meine Eltern haben aber ein eigenes Haus gebaut. Andere Prioritäten auf dem Dorf, auf jeden Fall, aber irgendwie auch ein bisschen unsinnig, oder? Ob ich das jetzt kann, also mit Geld umgehen? Keine Ahnung, aber der Tipp hilft mir doch. Denn ich weiß so, wann wir die Notbremse ziehen müssen und einen oder mehrere Monate sparen müssen, damit wir beispielsweise in den Urlaub fahren oder das Auto reparieren können. Wir haben nämlich null Rücklagen. Wirklich gar nichts, Nada. Meistens schaffen wir es, im Laufe eines Jahres eine kleine Summe anzusparen, von der wir dann in den Urlaub fahren. Danach ist sie dann wieder weg. Wir haben aber auch keine Schulden (wenn man mal vom Dispo absieht), bei niemandem.
Das mit dem Sparen kriegen wir aber – wenn wir es uns so richtig vornehmen – hin. Meistens machen wir es aber schlicht nicht. Wir achten schon darauf, was wir ausgeben, wir „gönnen“ uns aber auch was (in allen Bereichen) und legen beispielsweise nicht am Anfang des Monats 500 Euro zum Sparen weg. Dafür fühlt es sich nicht „genug“ an. Sparen funktioniert bei uns also nur mit einem greifbaren Ziel. So sind wir finanziell pro Monat aufgestellt:
Einnahmen3.500,00 € – Gehalt T1.500,00 € – Gehalt R400,00 € – Kindergeld_______________________________ 5.400,00€ Insgesamt+ schwankendes freiberufliches Einkommen R (in diesem Jahr quasi not there) |
Feste Ausgaben1.600,00 € – Miete inkl. Heizung und Wasser120,00 € – Strom100,00 € – 2 Mobilfunkverträge plus Festnetz/Internet @ home450,00 € – Versicherungen (darunter private Krankenversicherung T, Haftpflicht, Kapitallebensversicherung R, Rechtsschutz)55,00 € – Spotify/GEZ/Netflix/Steady10,00 € – Spenden280,00 € – Auto (Stellplatz/Versicherung/Benzin)290,00 € – Kita-Elternbeitrag45,00 € – Musikschule70,00 € – Katzen-Maintenance (Futter und Streu)______________________________________ 3.020,00€ Gesamt |
Dazu kommen noch etwas flexiblere Ausgaben wie beispielsweise 36,00 Euro für den wöchentlichen Babysitter-Einsatz, damit wir einen „Nachmittag“ haben, der meist fürs Arbeiten draufgeht. Oder die Gemüse/Obst-Kiste, die jeden Mittwoch für knapp 20 Euro kommt. Wir haben beides schon mal abgesagt, wenn wir knapp bei Kasse waren und sparen wollten/mussten.
Montag
Die Woche beginnt mit ziemlich viel Telefoniererei und ein bisschen – na ja – Unmut, weil die Kita gestern, am Sonntag um 18 Uhr entschieden hat, bereits heute in die Notbetreuung zu gehen. Ich bin hin- und hergerissen, der Hamburger Senat lässt die Kitas eigentlich weiterhin offen, aber die Lockdown-Maßnahmen sind ja eigentlich mehr als sinnvoll. Aber genau in dieser Woche habe ich drei berufliche Termine beziehungsweise Deadlines, die eigentlich nicht verleg- oder verhandelbar sind – und immerhin habe ich sie überhaupt in diesem eh schon beruflich beknackten Jahr. Den einen für Montag sage ich ab, kassiere einen Kommentar vom Chef. T ist natürlich in die Schule gefahren, die Kinder zu Hause. Nach langem Hin und Her vereinbare ich mit der Kitaleiterin, dass unsere Kinder am Mittwoch und Donnerstag in die Notbetreuung dürfen.
Es gibt also: Paralleles Basteln und Arbeiten am großen Tisch, viel Gestreite und Höhlengebaue, ein Essen, das ich aus den Resten in unserem Kühlschrank zaubere (Wahnsinn, wie lange so ein aufgeschnittener Kürbis im Kühlschrank hält – und nein, natürlich essen die Kinder das nicht), nachmittags dann auf den Spielplatz. Später gehe ich noch zum Buchladen, um bestellte Weihnachtsgeschenke-Bücher durchs Corona-Fensterchen abzuholen und die letzten Geschenke für Ts Geburtstag morgen zu besorgen: Marzipan und eine Glühlampe.
Abends feiern T und ich unseren 7. Hochzeitstag. Nachdem die Kinder im Bett sind, mit Essen, das T vom indischen Restaurant abholt. Es ist fantastisch, aber natürlich null nachhaltig und viel Müll. Haben wir tatsächlich noch nie gemacht, also das Hochzeitstagfeiern. Es kommt uns beiden etwas komisch vor, aber auch schön.
2,00 € via PayPal für ein Kollegengeschenk
99,95 € für Bücher/Weihnachtsgeschenke
53,00 € Essen vom indischen Restaurant
Eine absolute Fehlinvestition?
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Dienstag
T hat Geburtstag, die Kinder sind total aufgeregt und haben ihm eine Packung Taschentücher aufwendigst eingepackt. Er bekommt außerdem eine alte Lampe fürs Klavier, die ich bei eBay letzte Woche schon ergattert habe. Dafür die Glühlampe gestern. Er fährt wieder in die Schule, wir anderen bleiben zu Hause beziehungsweise: Hallo Spielplatz! Auf dem Rückweg geht’s zum Biomarkt. Das ist die für uns nächste Möglichkeit zum Einkaufen und in diesen Zeiten mit Kindern für mich auch die bequemste, weil weitläufig und meist eher leer. Aber natürlich nicht die günstigste, weswegen der Markt trotzdem nicht oft oder nur für ganz bestimmte Sachen unsere Wahl ist.
Es gibt Pommes zum Mittag und Kuchen für eine kleine Geburtstagsfeier am Nachmittag. Abends gehe ich joggen, T mit den Kindern auf eine Regen-Abendrunde mit Stopp im Drogeriemarkt, bei dem sie sich noch einen von diesen gemusterten Früchteriegeln aus der Babyabteilung aussuchen dürfen. Don’t ask!
Am Abend schickt mir jemand noch via PayPal das Geld für einen Pullover, den ich über eBay-Kleinanzeigen verkauft habe. Ich habe nicht immer die Kraft und Kapazität dazu, Klamotten so zu kaufen oder verkaufen, aber ich versuche es. Wir tragen ziemlich viele Secondhand-Klamotten. Bei den Kindern ist es noch relativ leicht (es soll schwieriger sein, je größer sie werden), T und ich haben auch oft Tage, an denen wir komplett in Secondhand eingekleidet sind.
13,20 € Geburtstagskuchen und ein Brot
13,50 € restlicher Einkauf Bio-Supermarkt
100,00 € Tanken
1,00 € Brötchen in der Schule – Ts Mittagessen
3,40 € Abend-Regen-Ausflug mit Stopp bei Budni
Einnahme: 16,90 € für Pullover inkl. Versand
Mittwoch
Die Kinder dürfen in die Kita, sie freuen sich so. Als ich zurück nach Hause komme, hole ich die Kiste mit Gemüse, Obst und Eiern rein, die wir jeden Mittwoch bekommen. Das empfinde ich als echten Luxus, über den ich mich immer wieder freue. Vor allem, weil dort oft Gemüse drin ist, das ich mir nicht kaufen würde, weil ich weiß, dass die Kinder es nicht essen. Aber so kriegen wir was Leckeres, die Kinder probieren im Zweifel oder essen eben nur Nudeln, Reis oder Kartoffeln.
Ich hab einen superwichtigen Termin am frühen Nachmittag, weswegen ich vor Aufregung allerdings gar nicht essen kann. Danach düse ich sofort los, um die Kinder abzuholen, T steckt in einer digitalen Notenkonferenz. Auf dem Rückweg holen wir noch eine Tüte mit Obst und Gemüse von einem Biosupermarkt ab, das sonst weggeschmissen worden wäre. Die Ausbeute ist aber nicht besonders toll: ein riesiger Haufen ziemlich müder Dill, zwei Äpfel, eine Banane und eine Paprika.
T war zwischen Schule und Konferenz auch noch einkaufen: die Monatsration für unsere Katzen Otti und Helga und Lebensmittel. Zum Mittag hat er sich etwas aus dem nepalesischen Imbiss um die Ecke geholt. Jetzt macht er mir aus einem Teil des Dills einen schnellen Kartoffel-Gurken-Salat mit vegetarischen Wienern zum Abendbrot.
3,90 € – Too good to go-Tüte mit Obst und Gemüse
54,00 € – Einkauf Lebensmittel
59,00 € – Katzenfutter/Katzenstreu
8,50 € – Mittag T
Donnerstag
Nachdem ich die Kinder in die Kita gebracht habe, fahre ich kurz ins Büro, um ein paar Sachen abzuarbeiten. Ich staube Stollenkonfekt und Mandarinen bei einer Kollegin ab: Frühstück und Mittagessen. Um 14 Uhr habe ich einen wichtigen Termin für einen zusätzlichen Minijob, den ich ab Januar annehme.
Worauf hast du zuletzt lange gespart?
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T holt die Kinder, während ich zu Hause endlich etwas Richtiges esse. Spaghetti mit Parmesan und Pfeffer geht immer, dazu Netflix. Die anderen gehen auf dem Rückweg noch bei Budni und dem Getränkehändler vorbei, für viel Geld kauft T Alkohol, der angeblich bis ins neue Jahr halten soll…. Dieses Mal haben wir mehr Glück mit der Reste-App: Auf dem Rückweg vom Joggen hole ich beim Café um die Ecke eine riesige Tüte mit herzhaften Brötchen und süßen Teilchen raus. Das Abendbrot ist gerettet.
6,20 € – Mittag T
19,10 € – Budni (Waschmittel/ Batterien/ CO2-Kartusche)
44,00 € – Getränke
3,90€ – Too good to go -Tüte mit Brötchen
Freitag
Ab heute sind wir alle zu Hause, Schule zu, Kita quasi auch. T und ich müssen ein bisschen arbeiten, die Kinder schaffen es dank Sonnenschein (endlich!) ohne Streit bis zum Mittagessen. Es gibt Fischstäbchen und Kartoffeln. Nachmittags bringt T einer Schülerin ohne Internetzugang Unterrichtsmaterialien vorbei, die Kinder und ich bringen erst den Pullover zur Post, gehen dann auf den Spielplatz und finden heraus, dass man oben im Schanzenpark die Hafenkräne sehen kann.
Wofür hast du zuletzt Geld verschwendet?
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Auf dem Rückweg macht T noch einmal einen Stopp im Supermarkt. Dieses Mal denkt er auch daran, dass unsere kleine Tochter morgen, am Samstag, ihren dritten Geburtstag feiert und zwei Kita-Freundinnen vorbeikommen. Süßigkeiten, Zutaten für Muffins und für Pizza zum Mittag. Abends bereiten wir alles vor, packen ein und sind superskeptisch, ob das nicht zu viele Geschenke sind. Es sind schon die von den drei Paar Großeltern plus Onkel mit dabei, die wegen Corona natürlich nicht vorbeikommen – aber das ist doch irgendwie zu viel auf einmal für eine Dreijährige, oder?
Sie bekommt ihre erste Puppe, Puppenkleidung (die ihre Oma Secondhand ergattert hat) und das passende Frisierset, ein Verkleidungskleid (Einhorn-Regenbogen, you name it) und einen Roller, den ich letzte Woche nach langem Hin und Her doch noch bestellt habe. Ein Modell, das in Hamburg klimaneutral gebaut wird, aber eben auch 70 Euro kostet. Außerdem eine neue Hörspielfigur und zwei Ausmalbücher. Mh. Wir lassen es so.
1,90 € – Post
69,40 € – Einkauf
Samstag
Es waren zu viele Geschenke… Den Roller nimmt sie gar nicht mehr richtig wahr. Nachmittags allerdings wird er ihr liebstes Geschenk – also vielleicht doch in Ordnung? Wir stellen morgens fest, dass wir weder Kaffee noch Filter zu Hause haben und müssen Tee trinken. Und nachmittags dann auf der Runde mit dem neuen Roller neuen Kaffee kaufen. Ansonsten war es ein richtiger Geburtstagstag mit vielen Süßigkeiten und kleinen Gästen, die es mittlerweile nicht mehr komisch finden, wenn sie von ihren Eltern mit Mundschutz nur bis zur Tür gebracht werden.
11,20 € – Kaffee und Filter
Sonntag
Sonntags gibt’s Pancakes zum Frühstück, danach fahren wir für einen Spaziergang und eine Rollerfahrt mit dem Auto an die Elbe. Dieses Auto frisst natürlich viel Geld. Es ist alt, muss ständig in die Werkstatt, braucht hier bei uns im Stadtteil einen Stellplatz. Aber es verkürzt einen Arbeitsweg von T von 90 Minuten auf 45 Minuten. Und es hat uns in diesem Jahr echt ganz schön gerettet, weil wir einfach so losfahren konnten. Deswegen ist es gut, dass es da ist, obwohl es eigentlich natürlich…
Nachmittags radeln wir bei dem einen Opa vorbei, der heute Geburtstag hat und schenken ihm Bilder, die die Kinder gemalt haben. Er traut sich doch nicht runterzukommen, aber seine Frau holt die Geschenke unten ab. Das ist in Ordnung. Heute geben wir kein Geld aus.
550,25 Euro. Diese Woche war wohl ziemlich normal, was unsere Ausgaben betrifft. Es waren größere Summen dabei, die in dieser Woche besonders waren – in anderen Wochen fallen ähnliche Summen für andere Sachen an, zum Beispiel letzte Woche die Geburtstagsgeschenke für T und für unsere kleine Tochter. Uns fällt in der Rückschau auf, dass wir es vermutlich doch schaffen könnten, regelmäßig zu sparen, um so zumindest ein kleines Polster aufzubauen. Das sollten wir angehen…