Liebe in Zeiten von Corona – Teil 2: 37 Geschichten über holprige Starts, massive Liebe & wenig Sex.

20.04.2021 Gesellschaft, box3, Sex, Leben

Schon vor einem Jahr habe ich an dieser Stelle die Frage gestellt, was sich in Liebesdingen während der Pandemie verändert hat. 12 Monate und mehrere Lockdowns später, wollte ich nun wissen, was Verliebte, Singles oder Paare nach einem Jahr Chaos, Isolation und Achterbahn nun fühlen. Herausgekommen ist ein Stimmungsbild zwischen Ernüchterung, Hoffnung und Durchhalten.

TRIGGERWARNUNG:
Hier geht es auch um psychische Probleme und Ängste

„Viel viel viel weniger Bock auf Sex. Bin verheiratet. Habe durch ständig „rumcouchen“ weniger Körpergefühl und weniger Lust. Wenn’s alle 2 Wochen klappt find ich persönlich es schon genug.“

„Hab meine jetzigen Partner über Bumble im April 2020 kennengelernt und es war super crazy. Jedes Date hat via Videocall stattgefunden bevor wir dann unser erstes Live Date mit Abstand und Masken hatten. Wir sind im Stadtpark spazieren gegangen. Dating während Corona ist auf jeden Fall intensiver, aber ich würde es gegen nichts eintauschen. We’ve been going hard and strong ever since.“

 

 
 
 
 
 
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„Es nervt, wenn man seit mehr als einem Jahr zusammen ist und sein Partner viele Seiten von einem noch nie miterlebt hat, wie zum Beispiel bis morgens im Club zu tanzen, spontan reisen zu gehen und auf Festivals zu fahren. Da wir zusammen in seinem Heimatland leben, hat er immer noch nicht meine engsten Freunde kennengelernt, da sie nicht einreisen konnten. Wir verbringen viel Zeit mit seiner Familie und ich vermisse es, ihn mit zu meiner zu nehmen.“

„Mein Sohn ist drei. Ich lebe mit ihm und meinem Freund zusammen und wir hatten ein unfassbar intensives Jahr. Ich genieße unsere Zeit zusammen und empfinde sie als extrem wertvoll. Gleichzeitig bin ich besorgt um die Entwicklung von E. und grüble viel aufgrund von Weltschmerz. Oft merke ich, dass mein Freund viel stressbefreiter durch die ganze Situation läuft, was mich wiederum frustriert. Wenn ich ganz ehrlich bin, sehne ich mich so sehr nach einem Tapetenwechsel wie nie zuvor.“

„Ich und meine Ex-Freundin haben uns im Winter 2020 getrennt, was damals ziemlich scheiße war, weil nach der Trennung eines ziemlich klar wurde: „Ah cool, jetzt kannst du fünf Monate alleine zu Hause verbringen“. Im Frühling habe ich dann angefangen über Plattformen wie Bumble zu daten. Ich hatte irgendwann auch eine Flamme am Start, aber ein Grund, warum das nicht funktioniert hatte, war, dass wir uns ca. 1,5 Monate mit Abstand getroffen haben. Schnelltests waren zu dem Zeitpunkt noch nicht so das Ding und somit haben wir ein bisschen den Sprung hin zur Körperlichkeit verpasst. Nicht nur Break-Ups und Trennungen wurden durch Corona schwerer als sonst. Corona macht noch einmal einen großen Strich durch die Rechnung, wenn man vorsichtig oder verantwortungsbewusst jemanden nähern möchte. Ich habe jetzt entschieden, dass ich erst wieder daten werde, wenn der Lockdown vorbei ist.“

„Also für mich persönlich waren die letzten 12 Monate ein Resilienztest, der mir gezeigt hat, wie gut und sicher ich mich mit und in mir fühle – und, das muss für mich in dieser Reihenfolge kommen, auch meine Beziehung gewachsen ist bzw. sich in ihrem Schönsein bestätigt hat. Wir sind im 13. Jahr, das ist Jugendliebe und beste Freund*innenschaft zugleich. Unser Umgang ist respektvoll, fürsorglich, einander Raum gebend, aufmerksam, super lustig und voll von interessanten Gesprächen. Es bedeutet aber auch, über ein Jahrzehnt miteinander zu wachsen, einander gehen zu lassen. Kurzum: wahnsinnig intensive Beziehungsarbeit. Wir bekommen im Sommer ein Baby, wenngleich wir schon lange „eine Familie“ sind. Und wir wären auch ohne ein Kind komplett gewesen. Ich mag den Begriff „Coronsbabes/Coronababy“ nicht so. Es bildet die vielfältigen Gründe und Geschichten, die Menschen sicher haben, zum jetzigen Zeitpunkt ein Kind zu bekommen, nicht im geringsten ab.“

„Kurz vor dem ersten Lockdown sind wir zusammen gekommen. Wir haben uns anschließend vier Wochen nicht gesehen, sondern jeden Tag stundenlang gefacetimed. Das hat uns sehr zusammengeschweißt. Allerdings ist er dann gegen Ende des Sommers, Anfang Herbst schwer depressiv geworden. Und das ist in Zeiten von Corona noch schwerer, auch als Partnerin, auszuhalten, weil weniger bis keine Struktur da ist, es kaum soziale Kontakte gibt und weniger niedrigschwellige Hilfe angeboten werden kann. Hinzukommen längere Wartezeiten bei Ärtzt*innen. In Bezug auf mein Love-Life war das alles eine krasse Veränderung. Mein Leben und die Beziehung haben sich noch mehr ineinander verschränkt und vereint, schließlich ist er, neben meiner WG und der WG meines Partners, der einzige Mensch, den ich sehe und mit dem ich so viel Zeit miteinander verbringe. Es ist wohlmöglich alles intensiver, als es sonst sowieso schon gewesen wäre. Ich habe also gelernt, bewusst Me-Time, Zeit ohne ihn, zu verbringen und zu genießen. Ein Learning, das ohne Corona vielleicht eher nicht eingetreten wäre.“

 

 
 
 
 
 
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„Im Januar hat mich mein Freund nach über 3 Jahren verlassen und zwar in einer Zeit, in der er psychisch krank war. Glaube ein Faktor der zu seinem krank sein geführt hat, waren die Maßnahmen, weil er ein sehr geselliger Mensch ist. Aber ich werde wohl nie erfahren, wie es mit uns weiter gegangen wäre in einer Welt ohne Pandemie. Finde es jetzt mega hart, weil es wenig Ablenkung gibt, Tinder Dates in diesen Zeiten unverantwortlich sind und ich normalerweise vor allem beim feiern was mit Leuten habe bzw. dort neue kennen lerne.“

Tut mir sehr weh selber einsam in einer Stadt zu sein und zu sehen dass mein Freund noch nen sozialleben hat und Leute sieht.. Diese Balance zu finden zwischen dem was ich und was er für verantwortbar halten ist sehr schwierig.. Und dann allein zu hören wie sein Tag war macht mich teilweise fertig weil das so weit weg von meinem Alltag ist..“

„Wir haben geheiratet und alles was danach kam war die Hölle. Ich glaube ich trenne mich nur nicht, weil wir auch Eltern sind und ich seit Corona die finanzielle Abhängigkeit von meinem Mann noch einmal anders erlebe. Ich habe Angst den nächsten Schritt zu gehen weil er sowohl meine einzige Rettung, als auch mein absoluter Ruin wäre“

„Mein Freund ist in den letzten Monaten toll gewesen. Ich struggle grundsätzlich sehr mit der Situation und er schafft es ganz oft, mich da herauszuholen. Allerdings finde ich es schwer, im Moment so richtig zu “connecten“ . Einfach, weil ich mich oft selbst so fertig und frustriert fühle, sodass ich den Raum gar nicht öffnen und eine Verbindung so zulassen kann, wie ich es mir eigentlich wünschen würde.“

„Corona hat mein Datingverhalten mega verändert! Aus betrunkenen Barnächten wurden taghelle Spazierrunden. Der Mangel an Unternehmungsalternativen macht kreativ und die Gespräche intensiver. Irgendwie bin ich mit der Zeit entspannter geworden: ich wohne als Single allein und all das war vor allem anfangs zeitweise doch ganz schön kräftezehrend für mich. Mittlerweile habe ich aber voll gut gelernt, mit all dem umzugehen und obwohl ich keine Lust mehr auf noch einen Lockdown habe, habe ich gleichzeitig neue Möglichkeiten entdeckt, mir meine Zeit zu vertreiben. Ich bin irgendwann tatsächlich wählerischer geworden und treffe Menschen nicht so schnell wie früher, sondern versuche, erstmal online auszuloten, ob jemand passt, versuche herauszufinden, ob der „Risikokontakt“ sich überhaupt lohnt.“

Durch gezwungene Intimität ohne schon vorhandene Nähe, das Ausbleiben gemeinsamer Erfahrungen und Erlebnisse, sowie das Fehlen von Inhalten auf beiden Seiten außerhalb der Beziehung, wurde ein wunderschöner Start Ende September ganz schnell und gleichzeitig trotzdem schleichend und zögerlich zu einem der größten Herzschmerze, die ich je erfahren habe. Heute, danach, gibts für mich keine Ablenkung, dafür aber nach wie vor großes Vermissen und die Unmöglichkeit einen zweiten Versuch zu wagen, weil sich bis dato an der gesamt Situation nichts verändert hat.“

 

„Ich weiß nicht ob ich damit die Einzige bin, aber ich spüre, außer der Veränderung, dass ich mehr Zeit für den Partner habe, nicht wirklich einen gravierenden Unterschied zu Pre-Corona Zeiten. Ich habe den Entschluss gefasst, noch einmal ohne ihn in eine andere Stadt zu ziehen und so wie er darauf reagiert hat, wird sich diese Entscheidung auch nicht auf unsere Partnerschaft auswirken.“

„Ich merke so oft, wie neidisch ich auf diejenigen geworden bin, die sich im vergangenen Jahr auf eine*n Partner*in verlassen konnten. Ich habe das erst gemerkt, als auch die letzte Freundin in einer festen Beziehung gelandet ist und ich würde mir so wünschen, es ihr gönnen zu können. Leider merke ich immer wieder, wie schwer ich diese romantischen Geschichten ertragen kann, weil ich einfach nicht mehr alleine sein will.“

 

 
 
 
 
 
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„Insgesamt ist die Beziehung sehr viel mehr angespannt. Vieles, wenn nicht gar alles, lässt sich darauf zurückführen, dass meine Probleme immer extremer wurden und zusätzlich Probleme sind und waren, die mein Partner noch nie erlebt hat. Es ist einfach ein riesengroßes Ungleichgewicht entstanden, das wir mal mehr, mal weniger gut ausgleichen können. Ich struggle von Tag 1 mit zusätzlichen finanziellen Problemen, die mein Partner überhaupt noch nie selber erlebt hat. Meine Gesundheit hat sich verschlechtert und ist das erste Mal nicht nur im Bereich der Psyche chronisch (Endo-Op mit Rettung zweier Organe – zum Glück noch ohne Teilentnahme). Ich bin wieder mehr mit meiner toxischen Familie konfrontiert, während er nicht weiß, was es bedeutet, in so einer Familie groß geworden zu sein und oft nicht versteht, warum ich mit 28 Jahren immer noch so massiv darunter leide. Ich musste außerdem wieder zurück zur Pille bzw. zum Gestagen und bin seitdem hypersentimental, während er wieder nicht versteht, wie sich meine Emotionen in drei Monaten so verändern können. Was noch hinzukommt: er sieht den Umgang mit unseren persönlichen Kontakten während Corona viel lockerer (alles innerhalb der jeweiligen Richtlinien, aber die empfinde ich oft als zu lasch) und muss jedes Mal die persönliche Konsequenz ziehen, die mir gleichzeitig aufgebrummt wird à la „Bleib dann halt zuhause, ich geh trotzdem!“ Ich empfinde die Gesamtsituation daher streckenweise eher als sehr toxisch und habe mehrmals über eine Trennung nachgedacht. An anderen Stellen sind wir aber mehr zusammen gerückt, weil er in einem höheren Maß mit dem unterschiedlichen Struggle anderer konfrontiert war und Sensibilität dem gegenüber lernen musste/ muss. Er hat es dadurch auch geschafft, selber seine eigenen Gefühle besser zu reflektieren und vor allem zu zeigen. Es bleibt allerdings gerade sehr harte Arbeit die Beziehung so aufrecht zu halten.“

„In meiner Familie ist völliges Chaos. Meine große Tochter darf zwar zur Schule, aber da die Zahlen in Brandenburg alarmierend sind, behalte ich sie zuhause. Meine kleine Tochter ist immer wieder wochenweise daheim, weil die Kita Corona-Fälle oder Verdachtsfälle hat. Wir führen ein sehr gutes Leben, aber ich bin, da mein Mann Hauptverdienter und oft unterwegs ist, noch mehr an das Haus und die Kinder gebunden als früher und erlebe die Situation als frustrierend und einengend. Das wirkt sich auf unsere Beziehung aus. Während ich das Gefühl habe, dass meine Kinder von der Familienzeit profitieren, stecken wir in einer bislang unausgesprochenen Krise. Wir sind zu gefestigt, als dass sich etwas Hals über Kopf ändert oder wir uns trennen. Ich weiß aber, dass wir schon Schaden genommen haben. Ich weiß nur noch nicht, woher ich die Energie nehmen soll, diesen zu reparieren.“

„Mein Freund und ich sind im letzten Mai Eltern geworden. Diese neue Lebenssituation ist bereits sehr herausfordernd, weil man seine Rolle als Paar komplett neu definieren muss. Zudem arbeitet mein Freund fast ausschließlich im Homeoffice und meine Tochter und ich sind auch häufig Zuhause. Aktuell empfinde ich die Situation anstrengender als vor einigen Monaten, was allerdings auch der politischen Situation geschuldet ist. Zusammenfassend würde ich sagen, dass unsere Liebe füreinander massiv gewachsen ist, unsere Lust aufeinander aber total zurück gegangen ist. Ich hoffe, bzw. glaube, das wird sich ändern, wenn der Abstand größer wird und wir wieder etwas mehr Mensch und nicht mehr nur Eltern/Coronaeltern sein können.“

4 Kommentare

  1. Vera

    Naja ich sage mal so: Also bei uns ist es genau das Gegenteil geworden, wir brauchen mal wieder mehrwöchigen Abstand – getrennter Urlaub, sobald das bei Corona wieder möglich ist, dann funzt es auch bei uns auch wieder besser ;-)))

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  2. Anja Barbara

    Mein Mann hat sich im November 2019 suizidiert. Ich war im März 2020 noch nicht aus meiner Schockstarre erwacht. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass mir die Situation (Corona) gelegen kommt; ich muss keine Rechenschaft ablegen, warum ich nichts unternehmen möchte.

    Antworten
    1. Nik

      Mein herzliches Beileid. Und fühle dich bitte niemals unter Druck gesetzt, deine Bedürfnisse erklären zu müssen. Trauer ist etwas sehr individuelles, das keine einheitliche Halbwertszeit oder Umgangsweise kennt. Tue das, was dir gut tut.

      Antworten
    2. Mareike

      Liebe Anja Barbara, das tut mir sehr leid für dich. Trotzdem finde ich, dass dein Kommentar fast eine Triggerwarnung braucht, ich war ehrlicherweise etwas überfahren gerade, als ich gelesen habe, was dir passiert ist. Alles Liebe für dich

      Antworten

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