So gut, dass angeregt durch smarte Leser*innen und Redaktionsmeetings der Kassensturz ins Leben gerufen wurde. Ein Format, in dem die This Is Jane Wayne Community über Geld, Routinen, Ausgaben und Einahmen plaudern darf – und soll. Keinesfalls ein neu erfundenes Rad, dafür aber ganz offen und ehrlich erzählt, damit auch ihr etwas von der viel besungenen und dringend notwendigen Transparenz in Sachen „über Geld reden“ habt. Jedes Mal eine andere, neue Lebensrealität. Dieses Mal sind es Sandra, Ama und Yuma aus Baden-Württemberg.
Habt ihr vielleicht sogar selber Interesse und Zeit wie Energie, eine Woche mit uns zu porträtieren? Vielleicht auch Tipps und Anregungen für unser Format? Lasst uns gerne einen Kommentar da.
Sandra, Ama und Yuma aus Baden-Württemberg |
Hallo, wir sind Ama und Sandra und leben mit unserem 1,5 Jahre alten Kind in einer mittelgroßen Stadt in Baden-Württemberg. Ama ist gelernter Gestalter für visuelles Marketing und ich studiere eigentlich noch, arbeite aber in Teilzeit als Mediengestalterin im Verlagswesen. Die Geburt unseres Kindes im Februar 2020 fand zum Glück noch vor der Pandemie statt, jedoch schlitterten wir mit unserer Elternzeit sehr schnell in den ersten Lockdown. Wir sind also diese Eltern, die versuchen, trotz Pandemie ein normales erstes und zweites Lebensjahr mit unserem ersten Kind zu erleben.
Und das, obwohl uns das letzte Jahr nicht gerade viel Glück gebracht hat: Ama hat bereits im März seinen Job im Einzelhandel verloren, da war ich noch im Mutterschutz. Jedoch hatte mir meine Chefin ab Juli einen Teilzeit-Job besorgt, bei dem ich ohne Probleme von zu Hause aus arbeiten kann, sodass ich seither Stillen und Geldverdienen einigermaßen gut miteinander verbinden kann. Ama übernimmt seit einem Jahr also die Betreuung unseres Kindes, wenn ich 20 Stunden in der Woche arbeite. Auch wenn er gerade auf Jobsuche ist und nebenbei mit seinem Freund in der Werkstatt tüftelt, geht er mit unserem Sohn Yuma viel spazieren, hüpft in Pfützen, sucht nach Ameisen am Boden und nach Tauben in der Luft. Dadurch, dass unser Kind von Anfang an recht „pflegeleicht“ war, hat es meistens super geklappt, auch wenn ich nicht sechs, sondern nur maximal drei Stunden am Stück arbeiten kann, weil Yuma dann meine Brust und generell meine Anwesenheit und Aufmerksamkeit verlangt, die ich ihm natürlich gerne gebe.
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Ich muss zugeben, ich habe manchmal Angst vor der Zukunft. Vor allem, wenn ich mich mit anderen Eltern vergleiche: Alle scheinen einen festen Job, guten Lohn und tolle Wohnungen zu haben. Und wir sind irgendwie wie zwei arme Studis, die ein Kind bekommen haben − ich bin ja wirklich Studi und arm sind wir auf dem Papier ja auch. Nur fühlt es sich für uns nicht so an. Wenn ich mich nicht mit anderen vergleiche und ich die kritischen Stimmen in meinem Kopf ausschalte, dann finde ich unser Lebensmodell ideal. Wir haben zwar wenig Geld, aber dafür sehr viel Zeit miteinander, können ausgiebig morgens tanzen, verstecken spielen, kuscheln, Bücher anschauen und Geschichten erzählen. Man hört ja immer, dass man die Anfangszeit genießen soll und ich finde auch, dass Zeit das allerwichtigste Gut ist!
Sandra ist 26 und studiert Linguistik, arbeitet nebenbei in Teilzeit im Verlagswesen. Ama ist 29 und gelernter Gestalter und möchte sich gemeinsam mit einem Freund selbstständig machen.
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SONNTAG
Der Sonntag gehört uns als Familie, da können wir zu dritt etwas Schönes unternehmen – egal bei welchem Wetter. Bei strahlendem Sonnenschein und 20 Grad konnten wir nach dem Frühstück in den Park gehen (natürlich nicht ohne Snacks) und sind nach der Mittagspause am Nachmittag mit der Bahn zu unserer Lieblings-Eismanufaktur gefahren. Wir hätten uns die Fahrtkosten sparen können, wenn ich mein Fahrrad repariert hätte (wozu ich schon seit einem Jahr nicht komme), aber so hatte Yuma wenigstens seinen Spaß, denn für ihn ist Bahnfahren immer ein Erlebnis. Nach einem entspannten Nachmittag mit viel Gänseblümchenpflücken und Ameisenzählen ging es dann wieder nach Hause, wo uns Ama mit Spargel-Salat, den wir noch von der letzten Biokiste übrig hatten, bekochte.
Kosten:
Fahrkarten: 9,40 Euro
Eis: 6,20 Euro
Gesamt: 15,60 Euro
MONTAG
Der Tag startete für uns bereits um 7 Uhr, ich beschloss also, die ersten Sonnenstrahlen zu nutzen und ging mit Yuma im Kinderwagen joggen. Außerdem hatten wir kaum noch etwas fürs Frühstück da, also ging ich beim Rückweg kurz zu Lidl, um die wichtigsten Sachen für den Start der Woche einkaufen. Klar, Bio im Reformhaus ist besser als Bio bei Lidl, jedoch benötige ich aufgrund meiner Zöliakie auch glutenfreie Ersatzprodukte und die sind bei Lidl sehr günstig. Wenn ich etwas Zeit habe, backe ich mein Brot lieber selbst und auch die selbst gebackene Pizza schmeckt natürlich leckerer, aber heute hatte ich für die Arbeit einiges zu tun und daher musste die glutenfreie Tiefkühlpizza mit. Ama ging mit Yuma in den Park, vollgepackt mit Obst und Brötchen, und so konnte ich bis zum Nachmittag die Zeit für meine Arbeit nutzen. Am Nachmittag musste ich noch einmal das tolle Wetter genießen und traf mich mit einer Freundin im Park auf einen Kaffee. Da montags hier leider alle Cafés geschlossen hatten, war es der günstigere Kaffee vom Bäcker. So konnten wir mit Yuma über Wildblumenwiesen tollen und Käfer zählen.
Kosten:
Einkauf bei LIDL: 28,32 Euro
Kaffee beim Bäcker: 2,30 Euro
Gesamt: 30, 61 Euro
Dein Tipp zum „Reichsparen“?
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DIENSTAG
Heute wachte Yuma bereits um 6 Uhr auf, diesmal ging jedoch Ama zum Bäcker und holte frisches Brot und ein paar Brötchen. Ich nutzte dann Yumas Vormittagsschläfchen, um ein Seminar von der Uni vorzubereiten und Texte zu lesen. Wirklich weit kam ich jedoch leider nicht. Denn am Nachmittag sind wir etwas außerhalb zu einem Waldstück gefahren, um einerseits das Wildtiergehege zu besuchen und andererseits einen Wohnungsbesichtigungstermin für eine 3-Zimmer-Wohnung mit Balkon in der Nähe wahrzunehmen. Ich wünsche mir schon lange eine Wohnung, die etwas mehr im Grünen liegt und bin dafür auch bereit, etwas abseits vom „Geschehen“ zu sein. Bisher reichen unsere 60 Quadratmeter vollkommen − schließlich sind wir der Meinung, dass ein 1-Jähriger noch kein eigenes Zimmer braucht − aber eine größere Wohnung inklusive Arbeitszimmer, in dem ich in Ruhe arbeiten kann (oder es mir zumindest erhoffe) für fast dieselbe Miete, das wäre schon was!
Am späten Nachmittag haben wir dann noch ein paar Würstchen und Fleisch fürs Abendessen beim lokalen Metzger geholt. Das Essen, das Ama gezaubert hat, sieht nicht nur toll aus, sondern hat auch super geschmeckt!
Kosten:
Bäcker: 3,75 Euro
Tickets zum Wald und zurück: 12,40 Euro
„Notfall“-Cola gegen Migräne: 1,50 Euro
Fleischer: 12,41 Euro
Gesamt: 33,81
MITTWOCH
Wir bekommen einmal die Woche eine Biokiste mit frischem Obst und Gemüse geliefert. Das kostet meistens um die 50 Euro, manchmal auch mehr, je nachdem, ob wir noch Milch und weitere Sachen wie Brot dazu bestellen. Dann müssen wir weniger einkaufen und auch weniger schleppen. Die heutigen Bio-Kisten (insgesamt 4 Stück) waren reich mit einigen Kostbarkeiten gefüllt: Erdbeeren, Rhabarber und eine kleine Melone waren auch dabei sowie Bio-Joghurt und Milch. Insgesamt haben die Kisten 79 Euro gekostet und die Lebensmittel reichen uns für die restliche Woche. Da wir zum Optiker in die Stadt mussten, um meine Brille wieder geradezubiegen und nach einer Sonnenbrille sowie einer Brille für Ama zu schauen, habe ich bei DM noch ein paar (glutenfreie) Snacks und eine glutenfreie Backmischung gekauft − schließlich ist morgen Feiertag und für Zölis wie mich ist es an Feiertagen ja nicht so einfach, Backwaren zu finden (außer vielleicht, wenn man in Berlin lebt). Später habe ich dann noch Haarschmuck für die Hochzeit gefunden, diese waren bei & Other Stories reduziert und haben insgesamt 10 Euro gekostet.
Am Abend habe ich mich noch mit meiner besten Freundin getroffen, mit der ich auf ihr neues Gehalt und unsere neue Wohnung im Grünen (juhu, es hat geklappt) anstoßen konnte. Wir haben bei einem Kiosk dafür das ultimative (alkoholfreie) Sommergetränk geholt: Espresso Tonic (Tonic Water mit einem Schuss Espresso und einer Scheibe Zitrone). Zur Feier des Tages hat meine Freundin mich dazu eingeladen.
Kosten:
Biokiste: 79 Euro
Einkauf bei dm: 7,50 Euro
Haarschmuck &otherstories: 10 Euro
Brötchen-Snack in der Stadt: 0,60 Euro
Espresso Tonic: eingeladen
Gesamt: 97, 10 Euro
DONNERSTAG
Da heute Feiertag ist, haben wir nach einem ausgiebigen Waffel-Frühstück unsere Sachen gepackt, um wieder mal in den Park zu gehen. Dort gibt es neben Bäumen, Spielplätzen und Wasserspringanlagen auch Tiere. Aufgrund der Hitze und weil unsere Waffel-Reste recht schnell aufgebraucht waren, haben wir uns noch einen kleinen Eis-Snack geholt, den wir uns geteilt haben. Gegen einen kleinen Sonnenbrand bei mir hat es jedoch nicht geholfen − ich sollte mich wirklich genauso gut um mich selbst kümmern, wie ich mich immer um unseren Kleinen kümmere. Später hat Ama dann wieder etwas aus unserer Biokiste gekocht und wir haben zu Hause ein bisschen geputzt und aufgeräumt, da morgen der „Opa“, aka Amas Papa, zu Besuch kommen wird.
Kosten:
Eis: 2,50 Euro
Sonne: unbezahlbar
Sonnenbrand: gratis
Gesamt: 2,50 Euro
FREITAG
Nachdem wir Opa von der Haltestelle abgeholt haben, sind wir gemeinsam zum nächstgelegenen Spielplatz gegangen. Da es heute wieder erstaunlich heiß war, hatten wir alle schnell wieder Lust auf Eis (Leider habe ich es wieder nicht geschafft, ein Bild davon zu machen – das Eis musste einfach schnell aufgegessen werden). Danach kauften wir noch Zutaten für eine venezolanische Suppe ein, die Amas Vater bezahlte und die er uns für uns später zubereitete. Was ansonsten unsere Lieblingsbeschäftigung war? Steinchen in den Fluss werfen!
Kosten:
Eis (mit Trinkgeld): 10 Euro
Fleisch, Bohnen, Kochbananen: vom Opa bezahlt
Gesamt: 10 Euro
Wofür habt ihr in der letzten Zeit gespart?
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SAMSTAG
Nachdem wir Opa wieder zur Haltestelle brachten, sind wir in der Stadt noch etwas spazieren gegangen. Yuma erfreute sich dabei sehr an den großen Pfützen, die von den nächtlichen Regenschauern hinterlassen wurde. Zum Mittag hatten wir noch die Reste der Suppe von gestern, sodass wir nicht extra einkaufen mussten. Am Abend machte Ama uns dann Reis, Bohnen und Kochbananen, die Amas Vater gestern auch gekauft hatte und die gebraten sehr köstlich geschmeckt haben. Heute haben wir kein Geld ausgegeben.
SONNTAG
Zum Abschluss der Woche sind Yuma und ich an den Fluss gegangen, um wieder mal Steinchen ins Wasser zu werfen und vorbeifahrenden Schiffen zuzuwinken (dabei ist dieses Bild von den tollen Wildblumen am Ufer des Flusses entstanden). Ama hat währenddessen die Zeit genutzt, um Bewerbungen zu schreiben und zudem die Küche für unsere neue Wohnung zu planen. Später haben wir draußen noch meine beste Freundin und ihren Partner gesehen und bei der nahe gelegenen Pizzeria, die auch glutenfreie Pizza anbietet, Pizza gekauft. Für Yuma sprang eine Sesamstange raus.
Kosten:
Pizza und Pasta (mit Trinkgeld): 20 Euro
Sesamstange: 0,60 Euro
Gesamt: 20,60 Euro
Gesamtausgaben in einer Woche: 209,62 Euro
Damit endet unser finanzieller Wochenrückblick! Es war mal ganz gut zu beobachten, wofür wir wie viel Geld ausgeben. Rückblickend haben wir diese Woche recht viel Geld für Eis ausgegeben, da dies die erste wirkliche Sommerwoche mit hohen Temperaturen war. Auch die Fahrkarten zur Wohnungsbesichtigung und die Ausgaben für unsere Hochzeitsoutfits finden natürlich nicht jede Woche statt. Dafür wurden wir von Familie und Freund*innen teilweise eingeladen, sodass wir uns die Pizza am Sonntag leisten konnten. Von der Biokiste können wir uns noch bis Dienstag ernähren, bis dann am Mittwoch wieder die neue kommt.
Insgesamt sehe ich natürlich, wie privilegiert wir sind: Wir haben zwar derzeit wenig Geld zur Verfügung, jedoch haben wir die Aussicht auf mehr Verdienst, eine größere, schönere und bezahlbare Wohnung und zudem ein gutes Netzwerk von Familien und Freund*innen, die uns auch viel Kleidung und Spielsachen für Yuma schenken. Zum Beispiel haben wir von einer Verwandten ein ganzes Stoffwindel-Set geschenkt bekommen sowie ein Tragetuch, Woll-Walker, Schuhe und viele Kleidungsstücke von Oma und Opa und meiner Schwester erhalten. Dadurch konnten wir einige Kosten, auch laufende, einsparen. Generell versuchen wir weiterhin viel selberzumachen − ob es nun Kleidungsstücke, Essen oder Möbel sind − da dies nicht nur Kosten einspart, sondern auch die Kreativität fördert. Dennoch hoffen wir natürlich, dass Ama und ich uns beruflich weiterentwickeln können und folglich monatlich mehr Geld zur Verfügung haben, sodass wir uns auch mal wieder eine Reise ans Meer (z. B. nach Portugal) leisten können.
Liebe Grüße,
Ama, Sandra und Yuma <3