Jeff Bezos im All, eine Extrawurst in Sachen Corona-Reisebeschränkungen für Google-Milliardär Page und zwischendurch eine Neuigkeit, die auf Anhieb erst einmal vielversprechend klang: Scheinbar hat auch Rihanna es mit ihrem Vermögen in den berühmt berüchtigten Reichen-Olymp, die Forbes-Liste, geschafft. Knapp hinter Oprah Winfrey, die die Liste der reichsten Frauen der Entertainmentbranche anführt. 1,7 Milliarden Dollar kann Badgirl Riri jetzt ihr eigen nennen. Aber gehört sie denn jetzt zu den Guten oder den Bösen?
Auf den ersten Blick scheint es so, als könnte man einer Schwarzen Künstlerin den eigens erarbeiteten Wohlstand ruhig gönnen. So titelte The Cut vergangene Woche, Rihanna sei die einzige akzeptable Milliardärin. Andere Online-Outlets honorierten vor allem ihr so bescheidenes „God is good“-Statement im Kontext ihrer neuen Listung in der Riege der Superreichen. Laut Forbes waren es nicht ihre millionenfach verkauften Tonträger, die sie seit ihrem Debüt 2005 Jahr für Jahr reicher werden ließen. Stattdessen brachten der 33-Jährigen vor allem die Gründung und erfolgreiche Etablierung ihrer Make-up-Linie Fenty x Beauty, die Gründung der Lingerie Marke Savage x Fenty (2018) und der Launch von Fenty Skin (2020) ihr heutiges Vermögen ein.
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Was ist das mit den Menschen und dem Reichtum?
So richtig geil findet Superreiche keine*r, die*der nicht auch dazugehört. Wenn es aber darum geht, die wenigen mit dem vielen Geld zur Kasse zu bitten, um mehr Steuern, Corona-Schäden oder die nahende Umweltkatastrophe zu zahlen, werden alle irgendwie ganz kleinlaut − ein Beiwerk des Kapitalismus, dieses Gefühl von Unfairness gegenüber denen, die ach so hart für ihr Geld gearbeitet haben. Gegönnt sei es den Doktor Sowiesos und Managern von Sonstwas auf der Welt.
Die haben schließlich jahrelang studiert und wochenlang in Hotels geschlafen, um sich am Ende Haus, Boot und Nanny leisten zu können. Genauso bei Rihanna, aber immerhin ist sie Schwarz. Hoch die Hände für ein Fünkchen American Dream, das in jedem von uns schlummert. Nicht nur ließen sich ihre Eltern in Rihannas früher Jugend scheiden, sie waren auch ein Workingclass-Haushalt und das auch noch in Barbados − nicht so schlimm wie Afrika, aber trotzdem irgendwie Third World. Wenn die es schafft… ja was dann?
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Wie schön, dass unser Wirtschaftssystem es vollbracht hat, uns auch 2021 im Glauben zu lassen, dass es einen guten Grund für den extremen Reichtum einzelner gibt und das wir, wenn wir nur hart genug arbeiten, wenig genug schlafen und oft genug bei unserer Therapeutin anklopfen, auch die Möglichkeit haben, dort zu landen, wo sich Riri nur noch mit einem goldenen Umbrella vor dem Geldregen schützen kann. Immer dabei die verlockende „Selfmade-Lüge“. Denn auch wenn Rihanna mit Sicherheit eine unglaubliche Musikerin, ein begnadeter kreativer Kopf oder eine skrupellose Unternehmerin ist, Selfmade ist an einem Milliardenvermögen nie etwas. Sorry Elon, Jeff und Oprah. Wer so viel Geld scheffelt, die*der tut es nur auf dem Buckel der anderen. Auf wessen genau? Na auf dem der Arbeiterklasse. Es ist fast ein Klassenverrat, wenn man den Kreis zu Rihannas Familie wieder schließt. Savage x Fenty ist, laut der Organisation Good On You, die Unternehmungen aufgrund ihrer Effekte auf Umwelt, Mensch und Tier in verschiedene Kategorien einteilt, im globalen Ranking ganz nach unten gerutscht. Der Grund hierfür seien mangelnde Informationen über Umwelt- und Arbeitsbedingungen des Unternehmens. Ups. Oder klingen zwei BHs für 29,00€ und 60% Rabatt extra etwa fair? Und auch wenn unternehmerisches Handeln in der Wertschöpfungskette nicht unbedingt an schlimme Produktionsbedingungen gekoppelt ist, kommt die Red Flag irgendwann auch ganz oben an. Bei Rihanna, und all ihren reichen neuen Milliardärsfreundinnen, die nach ihr auf der Liste stehen.
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Es gibt keinen richtigen Reichtum im Falschen. Auch nicht bei Schwarzen Multitalenten. Und auch wenn es verständlich ist, dass wir im Ansatz denken, dass es etwas Gutes ist, wenn eine Schwarze Frau aus der Arbeiterklasse irgendwann zu den Reichsten der Reichen gehört, denken wir das nur, weil auch das ewige Streben nach oben und das Nacheifern derer, die es vorgemacht haben, einer kapitalistischen Logik folgt, die so viele am Ball bleiben lässt. Dabei sollten doch weniger die schwarzen Zahlen auf dem Konto unser Streben nach Glück bedingen. Denn sind es nicht eher gesellschaftspolitische Errungenschaften, die Fähigkeit, eine wirklich gute Freundin zu sein, besonders charmant oder entspannt?
Schon klar, so funktioniert es nicht und leider rede ich über unmessbare Werte. Man wird doch aber wohl noch träumen dürfen. Von einer Welt, in der die Inspirational Quote nicht etwas wie „Work hard, play hard“ besagt, sondern eher internalisiert, dass es wichtig ist, sich nach einer harten Lohnarbeitswoche auszuruhen, oder dass man gerne mal etwas auf morgen verschieben kann, auch wenn man es heute hätte besorgen können. Am Ende haben wir es mit einem Systemfehler zu tun. Vielleicht ist es aber zumindest noch immer Anstoß genug, um auch eine Milliardärin, die uns nicht ganz so schlimm wie der Rest vorkommt, nicht vor lauter Zuversicht in den Himmel zu loben.