Trends & Tendenzen: Die Highlights der Spring Summer 2022 Kollektionen

06.10.2021 Mode

Jüngst fand der große Modemonat sein Ende in Paris. Präsentiert wurden die Kollektionen für die Frühjahrs- und Sommermonate der kommenden Saison. Neben Runway-Debüts sah man eine Modenschau im Schwimmbad, skulpturale Entwürfe und das Comeback der Bikerjacke. Es folgen meine völlig subjektiven Eindrücke, Favoriten und Highlights: 

Die New Yorker Fashion Week ist dankenswerterweise ja immer ein sanfter Einstieg in den großen Modemonat. Der Kalender ist noch nicht allzu voll, man hat reichlich Zeit, die Schauen in Ruhe zu verfolgen und kann noch kurz eine kleine Träne zu verdrücken, weil man mal wieder ohne Marc Jacobs auskommen muss. In dieser Saison zu sehen gab es stattdessen: transparente Stoffe à la Maryam Nassir Zadeh, Strick und Druckknöpfe bei Eckhaus Latta sowie die allererste Runway Show von Peter Do:

Seit längerer Zeit wollte der Funke zwischen Maryam Nassir Zadeh und mir nicht mehr so recht überspringen, doch im vergangenen September schlug mein Herz wieder höher. Der Grund: Transparente Stoffe, die mal als feines Shirt, mal als Minirock, mal als Longsleeve (ein Look, der mich an Prada der 90er-Jahre erinnerte) daherkamen. Ebenfalls nicht zu verachten: Der Perlen-BH (sowie der Beweis, dass sich Bustiers und BHs bzw. Bikini-Oberteile noch immer fantastisch über der Kleidung machen).

Ganz neu auf meiner Liste war zudem Luar, das New Yorker Label des Designers Raul Lopez. Aufgefallen ist es mir — natürlich — durch den weit geschnittenen Blazer im schönsten „Butter-Gelb“ sowie diverse Looks, die ganz in Braun gehüllt waren. Mein Favorit: Das Ensemble samt langem Mantel und fantastischen skulpturalen Schuhen.

Mein großer Favorit aus New York war Eckhaus Latta. Neben dem Strick, für den das Designer-Duo bekannt ist, begeisterten mich vor allem die mit Druckknöpfen versehenen Kreationen — nicht zuletzt, weil sie viele verschiedene Styling-Möglichkeiten mit sich bringen. Ebenfalls neu (oder wieder?) auf meinem Radar: „Burnt Orange“. Ein Farbton, den man im besten Fall von Kopf bis Fuß trägt. Für den Anfang empfehle ich ein sanftes Vortasten mit einem Lippenstift.

Eine wahre Feen-Party veranstaltete Collina Strada und präsentiere nicht nur den (mal wieder) wohl diversesten Cast, sondern auch Kleidungsstücke, die von Fantasie-Orten träumen ließen. Bunte Farben und Prints gingen Hand in Hand, zu den Highlights zählte etwa dieses Prinzessinnenkleid mit stark betonten Hüft-Partien.

Nicht minder verträumt, jedoch weniger bunt ging es bei Sandy Liang zu. Während Regentage mit Rüschen und Spitzenporte überstanden werden, gibt es für sommerlichere Tage ein hellblaues Stepp-Ensemble samt Wolken-Prägung.

Jüngst wurde Nensi Dojaka mit dem LVMH-Preis für junge Modedesigner*innen ausgezeichnet, in New York präsentierte sie kurz darauf ihre zarten Kreationen, die an die Laufstege der 90er erinnern ließen und doch den modernen Zeitgeist widerspiegelten. Besonders schön anzusehen war das braune Minikleid samt Cut-Out und kontrastiertem Herz-Element.

Bekannt für seinen hypermodernen Business-Flair lancierte Thom Browne in den vergangenen Jahren eine ganze Menge an Tailoring und brachte selbst mich wieder auf den Geschmack von Nadelstreifen. Meine zwei liebsten Looks der SS22-Kollektion vereinten Westen und Layering und erinnerten daran, mal wieder häufiger Krawatte zu tragen.

Ein Laufsteg-Debüt, nach dem ich (und viele andere) mich lange sehnte, fand nun endlich im Rahmen der New Yorker Modewoche statt: Peter Do, ein Label, dessen Designer sich lieber bedeckt hält, präsentierte clean Looks, fantastische Anzüge, subtile Farben und jede Menge Inspiration (besonders für alle, die künftig mal wieder ein Hemdblusenkleid aus dem Schrank ziehen wollen).

Nach einer Woche Pause wurde der Modemonat in London fortgesetzt. Dort ging man für eine Runway Show ins Schwimmbad, zelebrierte junge Designer*innen und präsentierte mal Prunk, mal Minimalismus.

Rejina Pyo zeigte ihre erste physische Show seit der Pandemie im Londoner Aquatics Centre, jenes Schwimmbad, in dem auch das britische Olympia-Team trainiert. Zu sehen gab es — neben einem Badeanzug — reichlich Strick und einige Blusen, die mit Pyo-typischen Knöpfen versehen waren. Besonders schön anzusehen war jedoch das ockerfarbene Strick-Set, das schon jetzt erste Frühlingssehnsüchte erweckt.

Bei Supriya Lele präsentierte man derweil einen Zweiteiler in „Burnt Orange“, der wie auch bei Eckhaus Latta aus Leder gefertigt wurde. Für einen farblichen Kontrast sorgte ein grünes Bralet. Außerdem zu sehen: Der Bund des Höschens, der durch raffinierte Cut-Outs auf Hüfthöhe freigelegt wurde und — mit ein wenig Fantasie — Erinnerungen an Tom Fords Gucci aufleben ließ.

Ein junger Designer, der seit letzter Saison ganz frisch auf meinem Radar ist, ist Maximilian Davis, der seine SS22-Kreationen zuletzt im Rahmen der „Fashion East“-Show präsentierte. Der non-profit Support für Designer*innen, der von Lulu Kennedy und Old Truman Brewery eingeführt wurde, unterstützt junge Kreative seit 2000 dabei, den anfänglichen Weg innerhalb der Branche zu bestreiten. Zurück zu Maximilian Davis: Viele großartige Designs gab es zu sehen, meine Favoriten kamen jedoch in gänzlich Weiß und Schwarz daher: Ein Jumpsuit mit Zip-Element und Cut-Outs versprühte eine futuristische Atmosphäre, ein bodenlanges, semi-transparentes Kleid machte hingegen Lust auf die Hochzeitssaison und ließ mein Herz höherschlagen.

Trotz größerer Bekanntheit dürfte Charlotte Knowles ebenfalls zu den Neulingen der Branche zählen, bekannt wurde die Designerin vor allem durch ihre Korsetts sowie Hosen und Longsleeves mit erdfarbenen Prints. Erst kurz vor der Show benannte sie ihr Label in KNWLS um, unverkennbar waren ihre Kreationen aber dennoch. Meine Favoriten: Korsetts in verschiedenen Nuancen sowie ein Cardigan mit Korsett-Elementen.

Normalerweise zählt Molly Goddard zu meinen Favoriten aus London, dieses Mal aber blieb es bei diesem einen Look, der ganz subtil beweist, welchen Unterschied man doch bereits mit einem Paar Socken erzielen kann.

Aus dem Hause J.W. Anderson, dessen SS22-Kollektion von (und mit) Jürgen Teller fotografiert wurde, blieb mir vor allem eines im Kopf: diese großartigen Schuhe, die nicht nur eine fantastische Form, sondern auch eine besonders schöne Farbkombination aufweisen.

Ah, Simone Rocha. Natürlich waren ihre Kreationen traumhaft schön, mit all dieser Spitze, den Blumen und Perlen, den transparenten Stoffen und weiten Silhouetten. Ganz besonders stachen für mich jedoch die Schuhe hervor, denn dank dicker Plattform-Sohle erhielten die so verträumten Designs einen Hauch Punk — genau das war es, was mich in der vergangenen Saison so sehr in seinen Bann zog. Die Kombinationen aus sanften und harschen Elementen fasziniert doch immer wieder.

Nach New York und London ging es also gen Mailand, dorthin, wo große Namen wie Prada, Marni und Jil Sander, jedoch auch großartige jüngere Labels wie Sunnei warten. Es gab Runway Schauen in Restaurants, Mode aus Upcycling-Materialien sowie eine Kollektion, die zugleich in Shanghai und Mailand präsentiert wurde:

Am 21. September ging es nach Mailand, wo ein vollgepackter Kalender mit Runway Schauen, Präsentationen und diversen Panels sowie Veranstaltungen wartete. Der erste richtige Tag der Modewoche zeigte zugleich einen langen Favoriten: Jil Sander unter der kreativen Leitung von Lucie und Luke Meier. Neben einem eleganten Sommerkleid in Cremeweiß zählten (natürlich!) weitgeschnittene Anzüge in Hellgelb und Grün zu meinen liebsten Designs. Ebenfalls sehr schön anzusehen: die Farbkombination aus Gelb und Braun.

Die wenigen Videoaufnahmen der MM6 Maison Margiela Show, die übrigens in einem Restaurant stattfand, bewiesen: Kleidung in Bewegung zu sehen, kann alles verändern. Denn während die Looks auf den Fotos etwas unspektakulär wirken, sahen sie in all den Instagram Stories und Videos ziemlich großartig aus. Neben einem Top in Spinnennetzform zählte ein Ensemble aus weißem Minirock und Longsleeve samt Harlekin-Muster zu den Highlights.

Die Kollektionen von Drome sind oftmals sehr einfach anzuschauen, auch wenn die wirklich großen Besonderheiten bisher ausblieben. Beim Anblick des Zip-Blazers aus Leder (samt Bra-Detail) schaute ich jedoch zweimal hin, so schön fand ich ihn. Leicht tailliert, am unteren Saum etwas ausgestellt und wahlweise als Oberteil oder Jacke tragbar — Kleidungsstücke, die mehrere Funktionen aufweisen, sind doch noch immer die besten.

Streng genommen präsentierte Chopova Lowena nicht auf der Mailänder Modewoche, sondern publizierte bloß die Lookbookbilder der kommenden Saison. Schön anzusehen waren die Designs wie immer, wer die Upcycling-Kreationen des Londoner Labels mag, wird sich auch in die SS22-Kollektion verlieben.

Seit einem Jahr ist eine Aufnahme der Sunnei SS21-Kollektion mein Hintergrundbild, die Kreationen des Duos Simone Rizzo und Loris Messina faszinierten mich bereits beim ersten Anblick. Einen ganz eigenen Touch haben sie und sind auf ihre eigene Weise unverkennbar. Für die kommende Saison blieben mir vor allem die „funky“ Schuhe sowie ein Ensemble aus beigefarbenem Oberteil sowie knielangem, braunem Rock im Kopf. Ebenfalls nicht zu verachten: Die Sonnenbrillen, die an Taucher- oder Sportbrillen erinnern.

Die SS22-Kollektion zeigte Prada unter Miuccia Prada und Raf Simons in zwei Städten zugleich: In Mailand sowie in Shanghai präsentierten unterschiedliche Models nicht nur denselben Look, sondern auch die neuen Möglichkeiten sowie die Idee einer Community. Gestreamt wurde natürlich ebenfalls, auf YouTube, der offiziellen Prada-Webseite sowie auf Instagram konnte man die Show live verfolgen. Modisch waren die Highlights für mich schnell klar: Weit geschnittene Lederjacken und -mäntel dominierten die Laufstege. Insbesondere zwei Modelle samt Schnürdetail ließen mein Herz höherschlagen, während ich mich beim Anblick einer braunen Bikerjacke (samt breiter Schulter) fragte, ob diese im Frühling 2022 ihr Comeback feiern würden. Ebenfalls ein Favorit: Die verschiedenen Pullover und Tops aus Strick, die durch ein Bra-Element bestachen.

Für etwa 400 Personen veranstaltete Marni in dieser Saison Fittings. Während die Models in die neue SS22-Kollektion gehüllt wurden, wurden Gäste und Performer der Show (wie etwa der Poet Mykki Blanco) in handbemalte Upcycling-Looks gekleidet — Streifen dominierten also nicht nur den Laufsteg, sondern auch die Sitz- und Stehplätze. Die Kollektion selbst überzeugte mich unmittelbar mit weit geschnittenen Blazern, riesigen Pullover-Kleidern, die Decken nahekamen sowie einem gestreiften Maxikleid. Alle Kleidungsstücke umgab ein wundervoller Hauch „Weirdness“, der die Kreationen von Francesco Risso umso besser machte.

Ein voller Kalender, prall gefüllt mit großartigen Namen wie Maison Margiela (die Kollektion könnt ihr euch in diesem Modefilm anschauen), Thebe Magugu, Raf Simons, Balenciaga und Rick Owens. Kaum ist eine Show beendet, folgt auch schon das nächste Highlight — Paris ist ganz eindeutig mein Favorit, eben weil die Schauen die unterschiedlichsten Talente und Inspirationen hervorbringen. Für mich die große Überraschung der Saison: Saint Laurent.

Inmitten ihrer unverkennbaren Mondsicheln setzte Marine Serre dieses Mal ebenfalls auf diverse weitere Prints, die die Models meist von Kopf bis Fuß einhüllten. Ein schönes Beispiel: Das Set aus Minirock, kurzer Jacke und kniehohen Stiefeln. Für Regentage gab es etwa einen Komplettlook in knalligem Pink zu sehen — samt Wasserflasche und Gummi-Slippern.

Großartige avantgardistische Entwürfe zeigt die deutsche Designerin Melitta Baumeister schon länger, die Looks der SS22-Saison begeisterten mich aber noch einmal mehr. Im Fokus standen, wie so oft, starke Silhouetten, die in Teilen an Rei Kawakubos „Lumps and Bumps“ Kollektion erinnerten. Farblich bewegten sich die Kreationen zwischen sanftem Weiß, tiefem Schwarz und verspieltem Lila — streng getrennt in unifarbenem Styling. Neben der Kleidung selbst zeigten sich auch die Schuhe als Highlights: Plattform-Sohlen mit starken Auskerbungen verleihen selbst dem zurückhaltendsten Look eine Besonderheit.

Natürlich, Ottolinger muss man mögen, ich persönlich bin ein sehr großer Fan und freute mich auf die SS22-Kollektion. Mein absoluter Favorit: Der bodenlange Cardigan mit überlangen Ärmeln — überhaupt finde ich, dass lange Ärmel jedes Oberteil spannender machen, auch wenn sie natürlich nicht unbedingt sonderlich praktisch sind. Insgeheim stellte ich mir bereits vor, das hübsche Stück auf dem Weg vom Bett zur Kaffeemaschine zu tragen, während die Schleppe in theatralischer Dramatik auf und ab wippt.

Thebe Magugu ist jedes Mal ein Fest. Schon längst hat der südafrikanische Designer einen unverkennbaren Stil, der sich aus perfekt sitzendem Tailoring, hochgeschlossenem Strick und raffinierten Details zusammensetzt. Dieses Mal mein liebster Look: Ein lilafarbenes Ensemble samt Print, der sich über die einzelnen Kleidungsstücke erstreckt. Als Inspiration der SS-Kreationen diente dieses Mal übrigens die eigene Familie des Designers, die auf den großen Fotos im Lookbook zu sehen waren.

Dass ich die Kollektion von Saint Laurent so gut finden würde, überraschte mich ja selbst ein wenig, doch tatsächlich saß ich voller Begeisterung vor meinem Handy. Die Opulenz der 80er-Jahre stand im Mittelpunkt, stark betonte Schultern, lange Blazer und kitschiger, großer Schmuck schmückten die Mannequins. Ich bekam Lust auf das glamouröse Leben, Vormittage auf Italiens Flaniermeilen und Galeriebesuche, die mit dem Kauf eines Kunstwerks enden — was kostet die Welt?

Zuweilen erinnerten die Looks von Acne Studios an die Kreationen von Charlotte Knowles, was insbesondere an den Korsetts, den Erdtönen, den leichten Stoffen, Schnallen-Details und Cut-Outs lag. Zwischendrin glänzten dann die weiten Silhouetten der Jacken, die besonders gut zu kurzen Leggings und Kniestrümpfen mit Schnür-Detail hervorstachen. Wie auf so vielen anderen Laufstegen sah man auch hier hohe Plateau-Schuhe mit besonders dicken Sohlen, manch ein Modell war mit gehäkelten Blumenelementen verziert.

Unifarbene Looks sind natürlich keine Neuheit und doch ermutigen die Looks der Courrèges SS22-Show dazu, sich von Kopf bis Fuß in einer Farbe zu kleiden. Und vielleicht ist gerade das der perfekte Einstieg, sich an Knallfarben wie Gelb zu wagen oder ganz in Weiß aufzutreten — ganz simpel, mit einem langen Mantel, dem Strick-Ensemble der letzten Monate sowie einer abgestimmten Baseballcap.

Auf wohl kaum eine andere Show freue ich mich halbjährlich so sehr wie auf Raf Simons. Genderfreie Mode kreiert der Designer bereits seit längerer Zeit, doch vielleicht war es noch nie so eindrücklich wie in seiner SS22-Kollektion: Weit geschnittene, lange Hemden wurden über knielange Röcke getragen, dazu Skelett-Armcuffs, die bereits in der vergangenen Saison zu sehen waren, sowie hochgezogene Strümpfe und Schnürschuhe. Die Looks rückten eine neue Art der Uniform oder gar Businesswear, die für jedes Geschlecht funktioniert, in den Fokus. Was mich jedoch immer wieder fasziniert, ist die Tragbarkeit. Der Großteil der Looks lässt sich mit einigen wenigen Handgriffen nachstylen.

Schauen von Rick Owens haben irgendwie immer etwas Mystisches, Übernatürliches. Sie anzuschauen ist fast so, als sähe man sich eine Filmsequenz in einem Museum an. Auf dem Laufsteg (Palais de Tokyo) der SS22-Kollektion: lange Lederkleider mit Handschuhen, transparente, fließende Stoffe und dekonstruierter Strick. Die Show eröffnete übrigens Rick Owens’ langjährige Ehefrau Michèle Lamy, was nicht minder ikonisch war, als es klingt.

Futuristisch und unerwartet präsentierten sich die Looks der Loewe SS22-Kollektion von Jonathan Anderson. „Life on Mars“ schoss mir beim Anblick der Maxikleider samt rüstungsähnlichen Metall-Elementen und kurzen, bunten Haaren immer wieder in den Kopf. An den Füßen: Schuhe, deren Absätze aus Alltagsgegenständen bestanden. Geburtstagskerzen, Nagellackfläschchen und Seifenstücke waren zu sehen. Eine vertraute Loewe-Silhouette schritt schließlich auch über den Laufsteg: Ein Rock mit ausgestellter Hüftpartie, ganz so, wie man es bei der SS20-Show gesehen hatte.

In dieser Saison notierte ich mir zwei (sehr ähnliche) Looks, die Valentino präsentierte: Weit geschnittene Westen im Mantelstil, die mich an die Designs der Miu Miu SS20-Kollektion erinnerten und zugleich bewiesen, dass jene Exemplare eine Aufnahme in sämtliche „Wardrobe Essentials“ verdient hätten. Immerhin runden sie ein jedes Outfit ab, selbst wenn sich darunter bloß ein kurzes Kleid oder eine Hose mit einem tief ausgeschnittenem Top befindet — sich in wenigen Schritten anzuziehen und dabei dennoch das Gefühl zu haben, man hätte sich viele Gedanken gemacht, ist für mich die beste Form der Alltagsmode.

Seit Creative Director Sébastian Meunier Ann Demeulemeester vor einem Jahr verlassen hat, ist ein „Ghost Team“ für die Kreationen verantwortlich. Claudio Antonioli, Co-Founder der New Guards Group, sprach davon, das in Antwerpen ansässige Modelabel zurück zur ursprünglichen „dunklen Romantik“ zu führen. Die SS22-Kollektion ließ sich nicht zuletzt deshalb von den Looks der SS1998-Kollektion inspirieren. Im Fokus: locker geschnittene Blazer, schmale Maxikleider und jede Menge Tanktops. Eine Erinnerung daran, dass es für gute Looks keine bunten Farben oder extravagante Elemente braucht, war die Show allemal.

Es ist ziemlich einfach: Wer mich ein wenig kennt, weiß natürlich, dass Demna Gvasalia für Balenciaga genau meinen Mode-Nerv trifft. Überaus weite Silhouetten, die fast grotesk daherkommen, stark betonte Schultern, viel Schwarz und hier und da ein wenig opulenter Schmuck und etwas Leder. Ich hätte euch problemlos 95 Prozent der SS22-Looks zeigen können, habe es aus Platzgründen aber bei diesen drei Designs belassen. Nicht minder bemerkenswert ist natürlich die Kreativität des Designers und seines Teams: In den vergangenen Saisons zeigten sie die Kollektionen in Form eines Musikvideos und einer Modenschau, die so nie stattfand, dafür aber ein x-mal „geklontes“ Mannequin über den Laufsteg schickte. Und dieses Mal? Ein roter Teppich, der für Personen im Veranstaltungsort (Théâtre du Châtelet) als Livestream übertragen wurde. Inmitten der prominenten Gesichter: die Balenciaga-Models samt aller SS22-Looks. Auf der Leinwand im Theatersaal erschienen kleine Nummern am unteren rechten Rand, sobald ein Model den roten Teppich betrat. All das war jedoch nur der erste Teil, denn tatsächlich endete die Veranstaltung mit der Premiere eines Kurzfilms. Der Drehort: Springfield, die Hauptdarsteller*innen: Die Simpsons. Den gesamten Film könnt ihr euch hier anschauen.

Zugegeben, die SS22-Kollektion von Miu Miu überraschte mich (sehr positiv) — irgendwie hatte ich vor der Show mit pastellfarbenen Zweiteilern gerechnet. Stattdessen zeigten sich die Kreationen von Businesslooks inspiriert, doch wer hochgeschlossene Stoffe erwartete, suchte vergeblich. Man sah: sehr tief geschnittene Hosen und Röcke, unfertige Säume und ultrakurze Tops, die das vermeintlich langweilige Beige spannender machten — selbst dann, wenn man kein bekennender Fan der 00er-Jahre ist. Abgerundet wurde die Kollektion durch mit schwarzen Perlen und Steinen besetzte Zweiteiler (ebenfalls mit tiefem Bund) und Sets aus Zopfstrick-Röcken, lockeren Hemden sowie weiten Sweatshirts, um auch all jene, die sich nach etwas weniger bauchfrei sehnten, zu überzeugen. Keine Frage, Miu Miu zählt in dieser Saison definitiv zu meinen Top-3-Kollektionen.

Mit Chanel möchte ich, seit Virginie Viard die Kreativdirektion übernommen hat, nicht so wirklich warm werden, was natürlich nicht tragisch ist. Inmitten von der enormen Fülle von 71 Looks gab es dann aber doch zwei, die mir im Gedächtnis blieben: Ein langer, weit geschnittener Tweed-Blazer sowie eine pinkfarbene Weste samt passendem Bolero (beides ebenfalls aus Tweed). Vielleicht waren es nicht die spannendsten Looks, zumindest aber ganz sicher welche, die auch in vielen Jahren noch funktionieren.

3 Kommentare

  1. Caro

    Danke für diese großartige Zusammenstellung! Ich feiere Deinen liebevollen Blick auf die Kollektionen und Deine zugleich nüchterne und zielgenaue Analyse der Looks.

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