Immer wieder kursieren Schreckgeschichten über das 50/50 Betreuungsmodell und Patchworkfamilien, sogar große Leitmedien sind meist voller Sorge. Dieser Text stellt sich dagegen. Er ist, wenn man so will, eine kleine, ehrliche Liebeserklärung an alternative Familienkonstellationen.
Ihr kennt sie, die Negativbeispiele und ausschließlich heteronormativen Narrative über in die Hose gegangene Patchwork-Versuche, ganz so, als sei ein freiwillig gewähltes Familienmodell dieser Sorte ein Ding der absoluten Unmöglichkeit. Neuerdings tauchen sie wieder vermehrt auf, die zweifelsohne wichtigen aber eben auch einseitigen Berichte über das, was nach einer Trennung folgen kann. Über den Streit, die Tränen, den Schmerz, über böse Siefmütter und bocklose Stiefväter. Über das große Leid hinter scheinbar jeder „gescheiterten“, kleinen oder großen Kernfamilie. Dabei kann Scheitern doch auch Wachstum bedeuten. Heilung. Zukunft. Und ziemlich gesund sein, für alle Beteiligten.
Alles kann in die Hose gehen, aber das sollte uns nicht daran hindern, abzustreifen, was nicht mehr passt
Ich kannte sie jedenfalls auch, die Vorurteile. Damals schon, vor etwa sieben Jahren, als ich mich beinahe nicht getrennt hätte. Vor lauter Sorge. Darüber, dass „in so einem Fall“ noch nicht einmal die Chance auf ein Happy End, auf sowas wie eine gute Lösung bestünde – denn immerzu hörte ich nur: Die armen Kinder, die geplagten Eltern! Mir fehlten Vorbilder. Oder besser: Beispiele dafür, dass es auch anders geht. Und das große Glück eben nicht ausschließlich jenen gebührt, die sich niemals im Leben vertan haben. Oder einfach durchhalten, je nachdem. Mir fehlten Stimmen von und über Menschen mit gemeinsamen Kindern, die zufrieden und froh getrennt leben – ohne als Konsequenz noch eine ganze Reihe weniger Tassen im Schrank zu haben, als sowieso schon. Denn eines wissen wir: Vollkommen ohne eine kleine oder größere Klatsche wird hier sowieso niemand erwachsen.
Deshalb richtet sich dieser Beitrag ausnahmsweise an all jene, die gerade vielleicht selbst vor einer großen Entscheidung stehen. Die nach persönlichen Einblicken statt nach anonymen Zahlen suchen und die im Augenblick eher eine vollgepackte Mütze Mut als noch mehr apokalyptische Aussichten gebrauchen können. Ihr könnt das schaffen. Die Trennung, meine ich. Denn ob irgendwann eine neue Beziehung folgen wird, ist nun erst einmal einerlei.
Meine Worte sind, das sollte noch gesagt sein, sehr subjektiver Natur, inklusive all meiner Privilegien, das Folgende ist quasi ein kurzer Erlebnisbericht, ein Fallbeispiel wie damals „Basilikum-Menschen„, und hat demnach nicht den geringsten, belehrenden Anspruch. Auch soll er den Schmerz, den so viele fühlen müssen und mussten, nicht negieren. Es gehört nämlich, darüber bin ich mir im Klaren, immer auch eine große Portion Glück dazu, selbstbestimmt neue Wege beschreiten können – nicht alle Betroffenen können das. Aufgrund unterschiedlicher Ausgangspunkte und vieler, vieler Faktoren, auf die wir im Falle einer Trennung mit Kind im Gepäck oft wenig Einfluss haben: Ein Arschloch bleibt ein Arschloch. Die strukturelle Diskriminierung von Getrennt- und Alleinerziehenden ist real, finanzielle Abhängigkeit eine Katastrophe. Klassismus, Rassismus und Ableismus lauern hinter jeder Ecke.
Dennoch, auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, denn hier schrieb ich bereits gegen die ZEIT an: Ich kann mir heute, und das sage ich aus tiefster Überzeugung und in der Hoffnung, dass mich jemand hören möge, der:die jetzt dringend einen Beweis dafür braucht, dass das Leben w i r k l i c h weitergeht, absolut rein gar nichts Schöneres auf der Welt vorstellen als meine wachsende Patchwork-Familie. Und nichts Besseres als das 50/50 Modell, das einfach nur bedeutet: Der leibliche Vater und ich übernehmen zu gleichen Teilen die Betreuung unseres Kindes, es hat also nicht nur ein Zuhause, sondern gleich zwei. Zwei Kinderzimmer. Und mittlerweile sogar: Zwei sagenhafte Papas, die es beide auf eigenen Wunsch hin genau so nennt, vielleicht weil Worte am Ende eben doch nur Gefühle verständlich und greifbarer machen. Wir sagen deshalb außerdem stets „Bonuspapa“ und meiden jedes „Stief“-Gedöns. Ihr wisst schon, die (positive) Macht der Worte.
Glück kommt oft erst nach den Tränen
Dennoch, und das ist die Kehrseite, wird es wohl kaum möglich sein, sich augenblicklich prima zurecht zu finden in dieser ungewohnten Situation, in der man für gewöhnlich ja erstmal ziemlich allein dasteht. Aller Anfang ist schwer, sagen die Leute, und am liebsten möchte man ihnen für diese Floskelschwein-Fütterei feste an den Haaren ziehen – aber es stimmt tatsächlich. Zeit heilt wirklich Wunden, irgendwann. Auch ich habe eine ganze Weile gebraucht, um als Kind einer alleinerziehenden Mutter das sagenumwobene Bild meiner eigenen kleinen „perfekten Familie“ beiseite schieben zu können, ich habe gekämpft (gegen Dämonen, den Liebeskummer und mich selbst), mich durchgebissen und wie ein Eimer voll mit Trauerklößen gefühlt. Ich habe jede Kraft, die noch in meinem Körper steckte, aufwenden müssen, um nicht einfach umzufallen. Oder aufzugeben. Denn alles daran tut erstmal weh, sogar doppelt: Für einen selbst und den kleinen Menschen gleich mit. Es verrät einem ja kaum jemand, dass viele der Sorgen, die einem im Angesicht einer Trennung im Kopf herum spuken, absolut unbegründet sind. Oder wie sehr man in Extremsituationen über sich hinaus wächst. Wie absolut wunderlich es ist, eines Tages zufrieden aufzuwachen und sich plötzlich nicht mehr elend zu fühlen. Sondern bärenstark und wissend und befreit und froh. Sozusagen völlig außer Stande, sich zu vorzustellen, dass man je geglaubt hat, man hätte kein besseres Leben verdient.
Die Katastrophe ist nicht vorprogrammiert
Und nur damit das vorab geklärt ist: Das Ziel einer Trennung sollte oder muss, wie bereits oben erwähnt, natürlich nicht unbedingt ein zukünftiges Patchwork-Leben sein, wo kämen wir denn da hin. Aber falls es so kommt, hört nicht auf die, die immerzu brüllen: K o m p l i z i e r t ! Quatsch. Alles kann, nichts muss. Wenn eine:r bescheuert ist, geht. Wenn eine:r toll ist, mit euch und dem Kind, dann könntet ihr durchaus in Erwägung ziehen, zu bleiben. Es kann nämlich wohl gut werden. Richtig gut sogar. Das Patchwork-Dasein ist, entgegen der Behauptung diverser, vom Patriarchat geküsster Journalisten, erstmal keine Katastrophe, sondern höchstens wahnsinnig abhängig von den jeweils Beteiligten. Und immer ein absolut mutiger und vertrauensvoller Versuch, wieder auf die Beine zu kommen.
Klar gilt wie immer: „Augen auf beim Eierkauf“ (das ist wirklich die wichtigste Lektion, denn alles Toxische muss nun wirklich weg, ciao, adieu!), denn anständiges Beziehungsmaterial ist selbstverständlich eine Grundvoraussetzung für ernsthafte Abenteuer. Niemand hat 2022 schließlich noch Bock auf zu große Egos und zu kleine Herzen. Und ja, Patchwork bedeutet ganz gewiss Arbeit, miteinander und füreinander. Weil Patchwork nunmal vor allem eins ist: Familie.
Sollte es also klappen, das Patchwork-Ding, dann ist es, wenn man mich fragt, das absolut beste aller Leben. Ein Segen. Unschlagbar. Ohne jeden Zweifel. Wirklich, ich meine das vollkommen ernst und aufrichtig exakt so, wie ich es sage.
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Naja, und klappt es nicht, bliebe dank der 50/50 Betreuung ganz nüchtern betrachtet immerhin noch genug Zeit für eine aufrichtige, befriedigende Affäre, deren heilende Wirkung nicht unterschätzt werde sollte. Aber dazu an anderer Stelle mehr, vielleicht.
Niemand hat gesagt, dass es einfach wird, aber es wird
Blöd bleibt demnach nur, dass man erstmal durch eine Trennungen durch muss, denn Trennungen sind selbstverständlich eine abartige Erfindung aus der Hölle, einzig gemacht und erdacht, um Menschen zu quälen. Aber sie kommen, wenn wir ganz ehrlich sind, selten aus dem Nichts – und sind damit immer auch als Chance zu betrachten. Auf Veränderung und auf ein Zurückkehren zu uns selbst. Auf ein Danach, das viel besser ist als das Davor.
Trotz aller Zuversicht und Stehaufmännchen-Manier habe ich damals aber natürlich auch nicht ansatzweise gewusst, wie das alles überhaupt funktionieren soll. Sich ordentlich zu Trennen statt mit Tassen zu werfen. Sich selbst wieder zu spüren und alles zu fühlen. Dabei nicht durchzudrehen. Einen Therapieplatz zu bekommen, weil Hilfe nie verkehrt ist. Sich zu verlieren und irgendwann hoffentlich wiederzufinden. Sich zu verstehen. Anzuerkennen, wie gut man darin war, Vieles schönzureden. Zu begreifen, was gefehlt hat. Was man will. Und wirklich braucht. Zu realisieren, dass es kein Zurück gibt. Und trotzdem Rückschläge, meistens dann, wenn man denkt: Geschafft! Und dass das ok ist (weil es bedeutet, dass nicht alles in der Vergangenheit ein großer Scheißhaufen war). Es ist nahezu verrückt, zu spüren, dass man gut mit sich allein sein oder sich neu verlieben und sowas wie Nähe zuzulassen kann, wo man doch eben noch dachte: Haut alle ab. Es ist herrlich aufregend, den:die neue:n Partner:in eines Tages dem Kind vorzustellen, ganz vorsichtig und mit Bedacht. Und irgendwann wieder Familie zu sein, nur anders. Zu zweit oder mit ganz vielen.
Wir hatten zwar keine Ahnung, aber Mut
Rückblick: Vor siebeneinhalb Jahren erblickte mein erstes Kind das Licht der Welt. Der Papa des Kindes und ich, wir waren demnach noch recht jung und hatten von Vielem eine Ahnung, aber bestimmt nicht davon, wie man eine Beziehung führt – mit Säugling, mitten in Berlin, zwischen Freelancertum, Selbstständigkeit, kinderfreien Freunden und Vereinbarkeitsfragen, ohne Großeltern in der Nähe, ohne ausgeklügeltes Support-System, ohne finanziellen Background. Ein Glück, dass wir uns schrecklich lieb hatten, obwohl wir stritten. Nur war Streit allein keineswegs der endgültige Grund zu gehen – vielmehr war es die schlichte, gemeinsame Erkenntnis, dass sich die große Liebe, an die wir beide bis heute glauben, doch irgendwie anders anfühlen muss. Dass die Erzählung von endlosen Kompromissen, die zweifelsohne einzugehen seien, dass das Verschwinden vom Kribbeln im Bauch ein automatischer Nebeneffekt des Zusammenseins sei und das stumpfe Funktionieren absolute Prämisse, beim besten Willen nicht zu uns passen wollte. Wir waren uns einig, dass keiner von uns beiden diese Art von Beziehung auf Dauer akzeptieren würde. Und wir waren mutig. Denn: „Es muss mehr im Leben als alles geben“, sagte schon Higgelti Piggelti Pop.
Also entschieden wir kurz vor dem ersten Geburtstag des Kindes, kein Liebespaar mehr zu sein. Aber Familie zu bleiben.
Sich trennen weil und nicht obwohl man Kinder hat
Das klingt jetzt butterleicht, aber natürlich hätte man mit unseren Tränen einen ganzen Gemüsegarten wässern können, denn gar nichts an dieser Entscheidung war egal, sie war bloß nötig. Ich habe geweint, laut und leise. Ganz sicher jedoch weniger als hätten wir gewartet, bis uns jedes Gefühl füreinander flöten gegangen wäre. Viel, viel weniger als hätten wir „dem Kind zuliebe“ tagein, tagaus die Zähne zusammengebissen und jedes eigene Bedürfnis abgetötet, bloß um irgendwann als leere Hüllen dazustehen, nebeneinander. Nicht miteinander. Oder eher: Aneinander vorbei. In Wahrheit trennten wir uns sogar auch dem Kind zuliebe, in der Hoffnung, dass aus dieser Entscheidung irgendwann einmal etwas Wundervolles erwachsen würde. Ja wirklich, ohne eine gemeinsame Verantwortung dieses Ausmaßes hätten wir uns bestimmt noch länger munter an der Nase herum geführt, gehofft, gemotzt, herum probiert. Klar sage ich das vielleicht, weil ich sehr genau weiß, dass Gewissensbisse wie gewaltige, offene Wunden an Herz und Körper klaffen und uns bewegungsunfähig machen können. Weg mit ihnen. Kinder sind doch nicht bescheuert, im Gegenteil. Wir können ihnen ohnehin nichts vormachen, viel zu lang sind ihre Antennen.
Schade eigentlich, dass es niemals eine Gebrauchsanweisung geben kann, wenn echte, fehlbare, gefühlige Menschen aufeinander treffen und plötzlich ein ganzes (anderes) Leben miteinander und umeinander herum gestalten müssen.
Spulen wir deshalb kurz vor: Drei Jahre später, ich sitze mit meinem Kind im Eiscafé, es starrt etwas belämmert in die Ferne. Ich frage: „Hey du kleine Möhre, was geht dir denn gerade durch den Kopf?“, und es antwortet verdutzt: „Mama, Willis Eltern sind überhaupt nicht getrennt, die wohnen noch zusammen und deshalb hat Willi nur ein einziges Zuhause, das k a p i e r e ich nicht!?“
Meine Sorgen gehören dir nicht
Ich musste dem Kind schließlich noch einmal ganz genau erklären, dass nunmal nicht alle Familien sind wie unsere. Sondern eben ganz verschieden, dass sie in sämtlichen Konstellationen daher kommen, wie Zaubertüten. Wo wir wieder bei der Wichtigkeit von Sichtbarkeit angelangt wären, in vielerlei Hinsicht. „Normal“ (was für ein grässliches Unwort) ist für die Kleinen immer auch das, was wir vorleben und weitergeben, was sie sehen, lesen, erleben. Jaja, das wisst ihr, aber gelegentlich vergisst auch der klügste Erwachsene, dass Kinder an einem ganz anderen Punkt starten, dass sie Hollywood noch nicht kennen und vor allen Dingen in uns als Eltern vertrauen. Viele der potenziellen Probleme, Sorgen, Ängste und Zweifel, die in Köpfen wie euren oder meinem aufploppen, wann immer wir an Herausforderungen wie Betreuungszeiten und andere uns zunächst einmal erschlagende Organisationsfragen denken, gehören uns ganz allein – und haben oft überhaupt rein gar nichts mit den Sorgen der Kindern gemein. Wir können ihnen, das glaube ich wirklich, ganz schön viel Last von den Schultern nehmen, indem wir uns schon am Anfang vom Ende davor hüten, persönliche Verletzungen oder Zweifel weiterzugeben. Und damit meine ich nicht, das Kommunizieren von Gefühlen, im Gegenteil. Reden ist bestimmt immer eine gute Idee. Aber nur weil es uns selbst möglicherweise das Herz zerreißt, das Kind allein beim Partner oder der Partnerin zu wissen, heißt das nunmal noch lange nicht, dass das Kind ähnlich empfindet. Es lohnt sich jedenfalls, genauer hinzusehen. Oft ist das alles gar nicht so schlimm wie gedacht. Sondern im schlimmsten Fall bloß eine Frage der Gewöhnung.
Mama und Papa sind gleich viel wert
Weil in unserer Konstellation der leibliche Papa zum Glück von Anfang an ebenso in die Kinderbetreuung- und Erziehung involviert war wie ich und folglich als gleichwertiges Elternteil auf allen Ebenen auftrat, das es obendrein längst gewohnt war, auch einige Tage allein für das Baby zu sorgen, zum Beispiel wenn ich beruflich oder privat auf Reisen war, stand schon mit dem ersten Tag der Trennung fest: Das Kind soll bei und mit uns beiden aufwachsen, 50/50 eben. Ich würde es deshalb, im Rahmen meiner finanziellen Möglichkeiten, immer wieder so machen. Den Vater in die Verantwortung nehmen, meine ich, denn: Man weiß ja wirklich nie, was die Zukunft bringt.
Zu Beginn haben wir uns alle zwei Tage abgewechselt. Nicht im Nest-Modell, sondern an zwei verschiedenen Orten: Ich blieb in der gemeinsamen Wohnung, der Papa fand eine WG zusammen mit einem anderen getrennt erziehenden Vater, was spitze war, denn plötzlich gab es für unser Kind sogar so etwas wie einen Bruder. Mit den Jahren vergrößerten sich die Abstände, aus zwei Tagen jeweils bei Mama und dann bei Papa wurde erst drei, dann vier. Bis heute reden wir immer wieder darüber, wie es uns mit alldem geht und versuchen, insbesondere auch die Wünsche des Kindes nicht außen vor zu lassen. So kam es schließlich, dass wir seit der ersten Klasse auf den Wochentakt umgestiegen sind, um etwas mehr Ruhe in den Alltag einkehren zu lassen – an jedem Mittwoch ist nun seit bald zwei Jahren „Wechseltag“. Klar ist es krass, das eigene Kind eine ganze Woche lang nicht zu sehen. Aber es ist auch krass, plötzlich wieder so viel Freiheit zu haben. Zeit, die vorher nie da war. Und zum Glück gibt es ja Facetime. Und die Möglichkeit, sich trotzdem zu besuchen.
Die Vorzüge des Patchwork-Lebens
Dass ich nun vor fast drei Wochen ein zweites Kind bekommen habe, mit dem Partner, mit dem ich zusammenlebe, bereitet mir folglich ganz schön Muffensausen, ja wirklich. Eigentlich schon, seitdem wir zum ersten Mal darüber sprachen, vielleicht ein gemeinsames Kind zu bekommen. Niemals, dachte ich vor ein paar Jahren noch. Da müsste ich ja schön blöd sein! Ich kenne das ja quasi überhaupt nicht. Mit meinem Kind und dem dazugehörigen Papa unter einem Dach zu wohnen, rund um die Uhr, ohne Pause. Irre. Denn die Vorzüge des Lebens, das ich bis eben noch geführt habe, sind mir aus gegebenem Anlass präsenter denn je:
Die Spontaneität, die meinen Partner und mich stets durch die Hälfte unseres Alltags trug, das Aufladen der Akkus, wenn wir vom Spielen und Entdecken müde waren, Erwachsenenurlaub, durchfeierte Wochenenden, die Möglichkeit des fokussierten Arbeitens bis in die Nacht hinein. Das Ausschlafen. Das Gefühl von gelegentlicher Vogelfreiheit. Die Harmonie. Das absolut Beste aus beiden Leben leben.
Die unendliche Vorfreude auf das große Kind, das immer ausgeglichen zurück kommt und selbst sagt, dass es vor Liebe platzt, weil wir so viele sind. Die gelegentlichen Auszeiten für alle Beteiligten, die Qualität der gemeinsamen Zeit, weil es kaum möglich ist, voneinander genervt zu sein, das Aufteilen von Care-Arbeit, das gemeinsame Organisieren von Geburtstagen und Familienfesten, die wir stets zusammen feiern, Ausflüge mit mindestens drei aufmerksamen Eltern, drei Eltern, die sich kümmern, beratschlagen und trösten können, drei randvolle Herzen. Seit vier Jahren schon.
Wird das alles nun vorbei sein?
Manches schon. Anderes nie. Schlimmschön wird es werden.
Wie einfach absolut alles, was Familie ist.