Foto © Joanna Legid. Ich kenne so viele Menschen, die Dinge anders machen wollen. Die im Sinne der Nachhaltigkeit so viel vorhaben, um am Ende doch wieder auf getrampelten Pfaden festzustecken. Die „man müsste mal“ fest in ihren Wortschatz integrieren, aber dem Konjunktiv keine Taten folgen lassen. Ich kenne so viele Menschen, und zähle mich ebenfalls oft dazu, die so viele Pläne schmieden und nie einen davon wahr werden lassen. Aus Gemütlichkeit, Trägheit oder einfach aus Angst. Dabei könnte es doch manchmal vielleicht so einfach sein, seinen Träumen zu folgen, wenn man wirklich an etwas glaubt, oder?
Teresa Köster macht genau das. Sie redet nicht, sie packt an und unterstützt und hat sich längst dem vergessenen Handwerk und der Kunst verschrieben. Vor elf Jahren schrieb sie noch über Kultur- und Lifestylethemen, bevor es sie für eine kurze Zeit ins Agenturleben und nach Hamburg verschlug. Mittlerweile arbeitet Teresa für verschiedenste nachhaltige Labels, und berät und unterstützt diese neben ihrem Hauptjob beim dem Fair Fashion Label Folkdays. Und weil das alles offensichtlich nicht genug ist, ihr Herz unaufhörlich weiter schlägt und nach noch ein wenig mehr strebt, hat sie jetzt ihr eigenes Label gegründet: ZENZI Objects. Und wir verraten euch, was es damit auf sich hat!
Juhu, liebste Teresa, heute ist es soweit! Du gehst mit deinem Label in die große Welt und launchst „ZENZI Objects“. Wir sind riesig aufgeregt, weil wir dich als Freundinnen ja schon so lange begleiten dürfen: Wie muss es dir erst gehen?
Ich bin wirklich schrecklich aufgeregt und in meinem Kopf schwirren tausend Gedanken gleichzeitig herum. Geht heute alles gut mit der Technik? Mögen die Leute das, was ich mir überlegt habe? Sehen sie, was ich sehe? All sowas!
Wir kennen uns jetzt schon seit unglaublichen elf Jahren und ich bin wirklich immer und immer wieder so beeindruckt von deinem Elan und deinem Herz für so vieles aus dem Kunst, Kultur- und Handwerksbereich. Neben dir ist mein Umfeld ja tatsächlich gerade eher träge, selbst ich bin es in vielen Momenten. Was meinst du, warum das bei dir gerade anders ist: Was genau treibt dich an, wovon wir uns ein Stückchen abschneiden können?
Wenn mich Themen begeistern, dann versinke ich sehr tief darin, will alles dazu wissen und es entweder selbst ausprobieren oder Menschen finden, die darin richtig gut sind – daraus ziehe ich persönlich richtig viel Kraft. Während der Pandemie waren das einerseits eigene Kreativprojekte, die mir dabei geholfen haben, dieser Zeit und den Ungewissheiten temporär zu entkommen und mich einfach nur auf Material und Formexperimente einzulassen. Andererseits waren das die intensiven Recherchen sowohl nach Makers, Kunsthandwerkenden und Künstler*innen als auch für die Kerzenproduktion die Auseinandersetzung mit unterschiedlichen natürlichen Wachsen, Garnen etc. Ich glaube, deshalb kann ich gar keinen pauschalen Tipp geben, außer vielleicht:
Finde etwas, für das Du Dich aus vollstem Herzen begeistern kannst, das Dir mehr Glück und Kraft gibt als es Dir nimmt, bei dem Du auch etwas Neues lernst und schaffe dafür einen Raum in Deinem Leben – einen kleinen oder großen, eben so viel wie es für Dich passt. Und wenn Du so etwas schon hast, weißt Du wahrscheinlich eh schon, was es mit Dir macht. Träge bin ich aber natürlich auch ganz oft!
„ZENZI Objects“ heißt dein Label, das heute online gegangen ist. Es ist ein Online Store mit fein kuratierten Objekten, die du alle nach gründlicher Recherche zusammengesucht und sogar selbst umgesetzt hast. War das in etwa richtig ausgedrückt?
Ja, aber vielleicht ist das zu kurz: Ich verstehe ZENZI Objects als Plattform für sorgfältig kuratierte Designobjekte, bei denen es vor allem um die Menschen dahinter, die Techniken und Materialien geht. Die Ästhetik wird bestimmt von einer Wärme und organischen Formen, die mit einfachen Geometrien verbunden werden. Außerdem sind die Objekte nicht nur schön anzusehen, sondern haben alle einen Gebrauchswert, was mir wichtig war.
Die Objekte werden von ausgewählten Partner*innen hergestellt oder, im Falle der Kerzen, von mir. Diese Partner*innen sind aufstrebende Künstler*innen, gleichgesinnte Makers, etablierte Handwerker*innen und unabhängige Unternehmen, aktuell aus
Norwegen, Schweden, Deutschland und Österreich. Alles, was ihr bei ZENZI Objects findet, ist aufgrund der manuellen Herstellung einzigartig – entweder weil es nur als Einzelstück gefertigt wurde oder auch weil kein auf diese Weise gefertigtes Objekt jemals identisch mit einem anderen sein wird, sondern davon lebt, dass die Menschen, die es hergestellt haben, ihre Handschrift, Details etc. darauf hinterlassen. Genau das macht diese Objekte meiner Partner*innen für mich so besonders.
Wofür steht der Name „ZENZI Objects“ – und: schließt du damit eine Lücke, die du vermisst hast?
„Zenzi“ ist die Koseform von „Krescentia“, meinem zweiten Namen und Spitznamen in der Kindheit. Ich habe ewig überlegt, wie mein Projekt heißen soll, und dann war es plötzlich ganz klar: „Zenzi“, weil es für mich ein sehr persönliches Projekt ist und ich hier in veränderter Form einen Wunsch umsetze, der mich schon seit meiner Kindheit begleitet. „Objects“ wiederum ist stellvertretend für „Consciously Crafted Design Objects“ und verweist darauf, worum es bei ZENZI Objects geht.
Für mich schließt ZENZI Objects insofern eine Lücke, als dass es zwar bereits großartige Seiten für Handwerk und Kunsthandwerk gibt bzw. auch wieder mehr kleine Labels, die selbst in diesem Sinne fertigen, ich aber seit Jahren so oft Menschen entdecke, die wunderschöne, hochwertige Dinge herstellen, die bisher kaum präsent oder zugänglich sind. Das sind genauso Kunstschmied*innen oder Korbflechter*innen, die seit Jahrzehnten in ihrem Beruf nachgehen, wie junge Glasmacher*innen, die ihrem Handwerk mit einer frischen, neuen Ästhetik begegnen, die aktuelle Designeinflüsse aufgreifen und diesen eine ganz persönliche Note geben. Gerade beim Glas passiert so viel Spannendes und Wunderschönes. Oft ist uns auch gar nicht bewusst, wie aufwändig solche Handwerkskünste eigentlich sind; gerade die Arbeit mit Glas ist alles andere als einfach. Industriell und/oder massenhaft gefertigte Kopien von all deren Arbeiten sind zwar omnipräsent, die manuell gefertigten, individuellen Arbeiten sind allerdings viel schwieriger zu finden. Diese zu kuratieren und ihnen mit ZENZI Objects eine Plattform zu geben, ist mein Ziel.
Mir geht es bei ZENZI Objects deshalb darum, die Menschen, deren Arbeit ich inspirierend finde, sichtbar zu machen. Ich hoffe, dass die Seite ein Ort der Inspiration und der Ausgangspunkt für eine gemeinsame, dauerhafte Wertschätzung der Schönheit des Handgemachten und der achtsamen Produktion wird. Ich war schon immer von handwerklich gefertigten Dingen fasziniert und sammle selbst solche „kleinen Schätze“, bin gerne von ihnen umgeben und schätze gerade all die besonderen Eigenheiten, die sie mitbringen. Gleichzeitig bewundere ich die Kreativität und das Können der Menschen, die dahinter stecken. Dabei bin ich mir natürlich bewusst, dass ich mich mit ZENZI Objects in einer Nische bewege, aber ich weiß auch, dass ich mit dieser Begeisterung nicht alleine bin. Außerdem ist ZENZI Objects auch ein Ort, an dem ich selbst kreativ sein darf.
Erzähl uns doch fix von den einzelnen Produkten – und sag ganz heimlich: Gibt es das eine Objekt, das dich hier ganz besonders beeindruckt?
Für mich sind alle Objekte persönliche Highlights – die Auswahl ist deshalb zum Start auch bewusst relativ klein gehalten: Bei ZENZI Objects findet ihr aktuell mundgeblasene Glasvasen in ganz unterschiedlichen Farben und eher organischen Formen, ebenfalls mundgeblasene Trinkgläser mit verspielten Dots in drei Farben, meine skulpturalen Kerzen aus Bienenwachs sowie die dazu passenden geschmiedeten Kerzenhalter.
Die Glasvasen kommen von der norwegischen Glasbläserin Sigrid Rostad, die Trinkgläser von dem Design-Duo Normal Object Factory, die in Schweden sitzen. Nach schlichten Kerzenhaltern mit einem sogenannten Dorn, auf den sich Kerzen aufsetzen lassen und so ganz unterschiedliche Größen passen, habe ich lange gesucht. Fündig geworden bin ich schließlich bei der Kunstschmiede Steidl in Österreich.
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Nun ist es ja ziemlich wild in der Pandemie zu gründen. Da wir uns aber so gut kennen, könnte ich auch behaupten, dass es vielleicht sogar gerade die Pandemie war, die das Fenster zu dieser Idee überhaupt erst öffnete, kann das sein? Wann kam der Moment, indem du gesagt hast: Ich mach das jetzt. Ich rede nicht nur, sondern trau mich: Das wird ein Label. Das wird ein Online Store. Das wird vielleicht sogar dein kleines Universum, das dich nicht limitiert!
Ja, so würde ich es auch beschreiben, auch wenn es erst einmal unwahrscheinlich klingt. Plötzlich war da die ganze Zeit außerhalb meiner Jobs, die ich sonst mit Freund*innen verbracht habe und unterwegs war, und die nun neu gefüllt werden wollte – irgendwie auch musste. Wie so viele habe ich mich in der Zeit auch mal am Töpfern probiert, am Kerzengießen, an all diesen Sachen. Dann habe ich begonnen, mit Silikon-Kautschuk selbst Kerzengießformen aus eigenen Formen zu fertigen und die Ergebnisse auf meinen Insta-Account geteilt – und das positive Feedback hat mich überhaupt erst auf die Idee gebracht, dass es Menschen geben könnte, die die Kerzen auch kaufen wollen. Das war eigentlich der Auslöser für die Idee eines Shops – und hat tatsächlich das Fenster für das geöffnet, was ZENZI Objects nun geworden ist. Die Idee hat sich von da in meinem Kopf verselbstständigt und erweitert. Ich habe viel recherchiert, versucht, Kontakte herzustellen (nicht unbedingt einfach, während einer Pandemie), habe viel gelernt, umgeworfen und neu zusammengestellt. Ende letzten Jahres fühlte sich die Idee dann rund an. Bis der Shop jetzt fertig war, hat es aber noch einige Monate gedauert.
Was sind deine größten Ängste in Bezug auf diesen Schritt – und kannst du persönlich überhaupt damit scheitern?
Puh, natürlich gibt es da einige, während des gesamten Vorbereitungsprozesses und nun zum Start nochmal ganz neue. Allerdings habe ich bereits jetzt so vieles gelernt und vertieft, dass ich mich jedes Mal, wenn sich Ängste einschleichen, versuche, bewusst für Zuversicht zu entscheiden. Und: mich an die Freude und die schönen Begegnungen, die ich damit bereits hatte, zu erinnern. Davon gab es nämlich richtig viele. Mit Familie, Freund*innen und Bekannten, die mich auf meinem manchmal langsamen Weg begleitet und unterstützt haben, sowie mit einem neuen Netzwerk, das im Entstehen ist.
Wenn ich mich richtig erinnere, dann liegt die Idee des Gründens und sogar die ersten Schritte auf dem Weg dahin fast schon gut ein Jahr zurück, oder? Was musstest du beim Gründen alles beachten und warum dauert das eigentlich so lange?
Die Idee hat über die letzten zwei, zweieinhalb Jahre Form angenommen und sich dabei immer weiter dahin entwickelt, was ZENZI Objects nun geworden ist. Ende letzten Jahres fühlte sich dann die Kuration aus Objekten richtig an; da hatte ich die Menschen gefunden, mit denen ich zusammenarbeiten wollte, und war auch mit meinen Kerzen zufrieden (was auch ein Lernprozess war). Außerdem habe ich in der Zeit angefangen, mich um all die wichtigen, aber nicht immer spaßigsten Dinge im Hintergrund zu kümmern, wie die Anmeldung des Gewerbes etc. Mit dem Aufsetzen des Onlineshops habe ich dann einige Zeit gebraucht, wie Du ja weißt – was einerseits daran liegt, dass ich sehr verkopft bin, andererseits auch daran, dass ZENZI Objects neben meinen anderen Jobs entstanden ist und damit automatisch alles schon etwas slower war. Unter anderen Umstände wäre das Gründen mit meinem Set-up auf jeden Fall auch wesentlich schneller umsetzbar gewesen.
Ich kann mir gut vorstellen, dass viele jetzt denken: „Ich will das auch: mein eigenes Label! Ich mache auch so gute Sachen!“. Was würdest du denjenigen raten und was sind eigentlich die Voraussetzungen zum Gründen?
Tut es! Hilfreich ist, wenn Du entweder ein gutes, unterstützendes Netzwerk mit vielfältigem Wissen und Expertisen hast und selbst Erfahrungen mit Shopsystemen, Kommunikation, Fotografie etc. mitbringst oder viel Geld hast, um Dir Unterstützung einkaufen zu können. Ein*e gute Steuerberater*in solltest Du außerdem an Deiner Seite haben.
Wenn du also demnächst ein bisschen Durchschnaufen möchtest: Wo finden wir dich?
Wenn ich mich Wegträumen darf: in Umbrien. Und sonst wahrscheinlich umgeben von meinen liebsten Menschen, wo ist da (fast) egal.
Wer dir auf Instagram folgt, weiß natürlich, dass du unheimlich viel und grandioses liest. Was liegt gerade auf deinem Schreibtisch – und welches Buch möchtest du allen einfach nur von Herzen empfehlen?
Danke für die lieben Worte! Aktuell liegen „Conversations on Love“ von Natasha Lunn und „The Art of Gathering: How We Meet and Why It Matters“ von Priya Parker, eine Empfehlung einer Freundin, auf meinem Nachttisch. Bei beiden Büchern bin ich noch am Anfang (ich lese oft Bücher parallel, damit ich je nach Stimmung wechseln kann), finde sie bisher aber sehr empfehlenswert. Weil es so gut dazu passt, möchte ich außerdem allen, die es noch nicht gelesen haben, bell hooks’ „all about love“ (gibt es hier auf deutsch) von Herzen empfehlen.
Und was tust du, wenn du dich absolut nicht motivieren kannst?
Wenn es geht: damit okay sein, mir Zeit nehmen, um wieder zu Energie zu finden und dann zu einem späteren Zeitpunkt fertig stellen, was ich liegen gelassen habe.
Noch eine letzte Frage: Auf Vasen, Gläsern und Kerzen folgen?
Auf jeden Fall noch mehr Glasarbeiten und ich arbeite schon an neuen Kerzenformen. Hoffentlich kommen auch noch Zusammenarbeiten mit Korbflechter*innen.
Du Herz, wir wünschen dir nur das Allerschönste zum Start. Ganz lieben Dank für deine Zeit!