Nie wieder weiße Wände im Schlafzimmer, so viel steht fest. Wieso habe ich eigentlich jahrelang die Wirkung von Farbe unterschätzt?
Als ich mir vergangene Woche die Fotos meines Schlafzimmers ansah, musste ich mich erst einmal kneifen, manchmal braucht es zur Realisierung ja einen Hauch Distanz. Nie im Leben hätte ich es für möglich gehalten, dass ich eines schönen Tages in einem Zimmer aufwachen würde, das mich mit so viel Wärme begrüßt. In dem die Dinge aufeinander abgestimmt sind und ihren Platz haben. In dem ich nicht von zu viel Klimbim erschlagen werde. Zwar mag ich bekanntlich auch das komplette Gegenteil, aber buntes Chaos herrscht in unserer Wohnung schon zu genüge. Dieser Ort hier sollte zu einer Auszeit für mein ohnehin schon sooft verknotetes Gehirn werden. Stimmig und ruhig. Weshalb ich meinem Partner und einer Farb-Expertin, nämlich Julia Wülfing, bereitwillig das Zepter in die Hand gab und mich quasi überraschen ließ. Was dabei heraus gekommen ist, macht mich unheimlich froh. Auch wenn es normalerweise, das sollte an dieser Stelle erwähnt werden, nicht ganz so picobello aussieht. Für die Fotos war ich so frei, das Babybay und den formvollendeten Windeleimer kurz beiseite zu schieben. Nur dieses eine Mal! Verzeiht es mir.
Eine gute Freundin stellte neulich beim Rumhängen auf unserem Bett fest, dass hier offenbar ganz neue Seiten an mir zutage treten (wir machen das jetzt übrigens häufiger, das Schlafzimmer als Wohnzimmer nutzen, vielleicht wegen der veränderten Perspektive). Dabei sind es eher alte Seiten, oder mindestens der Einfluss der beiden stilprägendsten Frauen in meinem Leben: Mama und Oma. Was habe ich gegen den sogenannten „Landhausstil“, der sich auf einem alten Bauernhof wohl nur mit viel Aufwand vermeiden lässt, gewettert. Betont lässig ließ ich mir in den ersten Jahren nach meinem Auszug also jede Menge Großstadtluft um die Ohren wehen, ich schlief auf Matratzen zwischen Klamottenbergen und hielt es „minimalistisch“, nicht nur aus Überzeugung, sondern auch, weil es gar nicht anders ging. Ich bin mir, das nur am Rande, wirklich absolut im Klaren darüber, wieviel Glück ich habe. Hiermit und überhaupt. Aber auch darüber, dass ich mich keine Minute länger gegen meinen inneren Drang nach einer Prise (italienischen?) Kitsch wehren möchte. Ich mag blumige Kissen, sitze beim Lesen am liebsten im karierten Sessel (ebay Kleinanzeigen) und staune über den Effekt eines Boxspringbetts, dem sogar mein Rücken dankt. Fehlt eigentlich nur noch ein Pferd, das zum Fenster rein schaut. Und Vorhänge. Aber diese Entscheidung lässt mich bisher noch etwas verzweifeln. Egal. Alles der Reihe nach.
Jetzt erstmal zu den harten Fakten: Die Farben an den Wänden habe ich Farrow & Ball und deren Agentur Impulse by communication zu verdanken, die sich getraut hat, diese Kooperation mit mir einzugegen. Ich hätte ja sonstwas mit den Farben anstellen können! Danke also für das Vertrauen. Und die Geduld. (Zur Transparenz: Hier ist keine Bezahlung involviert, sondern die Bereitstellung der Farben).
An den Wänden sehr ihr Clunch 2009, die Decke strahlt in Skylight 205 und den Erker haben wir in Fruit Fool 9911 getaucht.
Was aufgrund des Lichteinfalls gar nicht so gut zu erkennen ist: Auch unsere Kleiderschränke von Ikea (Platsa) haben wir gestrichen – mit dem passenden Lack (Farbton Clunch) zur Wand. Hierzu mussten wir die Schränke zunächst kurz anrauen (ging wirklich schnell) und dann mit einer Grundierung, ebenfalls von Farrow & Ball, versehen. Alles in allem hat uns das Streichen dieses Zimmers wirklich ein paar Tage gekostet – aber den Aufwand ist es allemal wert. Die Nachttische habe ich ehrlich gesagt irgendwo in den Tiefen des Internets für sehr kleines Geld ergattert, in weiser Voraussicht: Auch hier wurde mit Lack gepinselt!
Schrank & Kleiderstange: Ikea, Bett: Home24, Treppe: Vintage, Wickeltisch: CamCam Copenhagen (sand), Pony Gemälde. bbbings (als Print hier erhältlich)
Nur im Anschnitt auf den Bildern zu erkennen ist übrigens unsere mittlerweile wirklich riesengroße Geigenfeige. Große Empfehlung – ich verfüge wirklich über keinen grünen Daumen, aber dieses Prachtstück wächst und gedeiht. So, und jetzt: Gute Nacht.