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Ob es vielleicht leichter war, ohne die Sozialen Medien Mutter zu werden, Mama zu sein? Ja und nein. Es kommt bestimmt sehr auf die eigene Situation an, denn Austausch kann so viel Gutes bewirken, enttabuisieren und Mut machen. Viel zu oft passiert aber das Gegenteil. Und was ich für viel gefährlicher halte, als offensichtlich dogmatische Kanäle, die ungeachtet der Gegebenheiten unserer Gegenwart den Muttermythos weiter füttern, sind solche, die stolz vorgeben, offen und emphatisch mit sämtlichen Gebärenden zu sein, im Subtext aber recht ungeniert deutlich machen, was „richtig“ und was „falsch“, was das angeblich „Beste“ für die Kinder ist. Als sei Aufopferung automatisch das Allerbeste. Ich bezweifle das. Und sehe zunehmend verunsicherte Mütter, die wie Zombies durch die Welt hetzen, vor lauter Angst, nicht perfekt zu handeln oder sein. Beim Stillen fängt es oft schon an. Wie oft habe ich in den vergangenen Wochen gehört: „Wieso machst du’s nicht mehr?“. Ich erkläre es euch gern. Ich habe es gemocht, zu stillen. Weil das Baby und ich ein gutes Team waren, weil ich Glück hatte, dass die Milch lief, weil das Baby nur 15-20 Minuten brauchte, um satt zu werden. In etwa alle drei Stunden. Denn der Rhythmus, den wir behutsam einführten, hat mir dringend nötige Pausen ermöglicht. Und Routine. Die Flasche mit Premilch haben wir parallel in Woche drei eingeführt. Ich wollte mit dem großen Kind zum Rummel, in Ruhe. Ich sehnte mich nach einer gleichberechtigten Elternschaft, die mir, nur stillend, unerreichbar schien. Abpumpen musste ich, weil meine gigantischen Brüste sonst wohl geplatzt wären. Sie taten weh, waren schwer und ungewohnt, voller Adern, fremd. Es ging auch nach drei Monaten nicht vorbei, weshalb ich nach vier Monaten abgestillt hatte – allein weil ich es plötzlich so wollte. Ohne Gewissensbisse, ohne großes Tamtam (dafür mit vielen Abstill-Hormonen). Weil es so für uns das Allerbeste war und ist Ich feiere alle, die länger und viel, viel, viel länger stillen. Ihr seid für mich Held_innen. Genau wie alle, die stillen wollen, aber nicht können. Oder die, die niemals stillen wollten. Lasst euch, egal wie ihr es macht, einfach keinen Scheiß einreden️

11.01.2023

Ich habe in den letzten Tagen, wie so viele hier, immer wieder vergessen, mein Handy mitzunehmen, ich habe weder Nachrichten geschrieben noch gelesen und plötzlich, als das schlechte Gewissen wegen der Karten, die ich schon wieder nicht abgeschickt habe, langsam verblasste, war da so unendlich viel Ruhe. Und Zeit. Für Freunde, die sonst viel zu weit weg und in der Welt verstreut sind, fürs Zusammensein und Gesundheitssuppe mit Brötchen am riesengroßen Küchentisch, für Käsekuchen zwischendurch, Orangentee und Überraschungsbesuche, fürs planlos sein, alte Zeitungen blättern und Löcher in die Luft starren. Zurück in Berlin werde ich diesmal zum ersten Mal nicht vor Erleichterung schnauben, sondern ganz schön viel vermissen, vielleicht der anstrengenden letzten Jahre wegen? Vor allem meine Familie. Die Omas, die Kamillenblüten aufgießen, wenn die Nase läuft, meine Schwestern, die ja längst auch weltbeste Tanten sind, meine Eltern, ach, alle hier. Die Unterstützung, die warmen Kirschkernsäckchen, das Dorf eben. Dann bleib halt da, motzt die Stadt ohne zu wissen, dass sie längst mein Zuhause ist. Hier bin ich nur zu Besuch. Mein ganzes eigenes Leben ist 600km weit entfernt. Und ich freue mich ehrlich auf alles, was 2023 kommt. Wie schön es wäre, etwas von hier mit nach dort nehmen zu können. Vielleicht ja nur ein kleines Gefühl und die Gewissheit, dass es auch mit weniger Tempo und Lautstärke und Klimbim geht, besser sogar. Ich glaub, 2023 wird wichtig und wundervoll. Aber auch sehr veränderlich, wie das große Kind so gern sagt. Ich bin gespannt

29.12.2022